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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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neuen eine Bekanntschaft, die bei ihrem Stand und ihrem Geschlecht in Erstaunen seht.
Bunter, pikanter und drastischer als irgend eine der bisher erschienenen Denkschriften
ist dieses Buch schon darum, weil es sich mehr in Persönlichkeiten, Anekdoten, Criminal-
geschichten u. tgi. vertieft. Die socialistische Fiction macht es um so pikanter.




Von Louis best. Aulaire, ehemaligem Deputirten, sind erschienen: cirrhi"I">-
r-üions sur I" "lvmaeralio. Der Verfasser sucht nachzuweisen, daß die Demokratie in
Frankreich uralt ist, daß sie bis auf das 12. Jahrhundert zurückgeht, und daß diese
legitime, ans vernünftiger Organisation beruhende Demokratie sich in einzelnen Spuren
(in den Ackcrbauräthen) noch immer erhalten hat, und nur einer neuen Belebung bedarf,
um der modernen, nivcllirenden Demokratie siegreich cntgcnzuarbciten.




Ein neues Fragment über Aesthetik. IZssui sur ig llworiv ein dohn pillnrosciu"!,
von I. B. Laurens, eine Vervollständigung der 1'rmoixlvs -link praolivo "l !>ri
(l^i-?i5) von dem englischen Landschaftsmaler Harding, wird von den Journalen mit
einiger Anerkennung besprochen. Zum Schluß der Abhandlung, die sich vorzüglich auf
Landschaftsmalerei bezieht, folgt eine Analyse der Schönheit des Weibes.




^.1 I^ol nvuvvllv oltvrolive et-ins I'art, et<: Kvmbraiull, ä IjöLllwvvn. Die Kunst
die Quelle des Glaubens, ein alter Sah, den die heiter" Griechen anerkannten, indem
sie dem Vater Homer für ihre Götterbilder Dank sagten, gegen den aber das ernste
Christenthum sich sträubt, und mit Recht, denn der Kern seines Wesens, der Spiri¬
tualismus, hat mit der Kunst nichts zu schassen. -- Jenes Büchlein gewinnt an In¬
teresse, wenn man es mit den entsprechenden Tendenzen in Deutschland (Richard Wagner)
vergleicht.




Ein "altes Werk von Don Serafin Calderon: Scenen aus Madrid, Anda¬
lusien n. s. w., "von einem Einsamen," wird wegen der anschaulichen Darstellungsweise,
der gründlichen Kenntniß der Sitten, und des mit einer seinen Ironie zersetzten Patrio-
tismus, der seinen Skizzen und Beschreibungen einen gewissen poetischen Anstrich gibt,
von der französischen Kritik sehr gerühmt.




Unter den neuen Dramen, die in Paris Effect gemacht haben, zeichnen sich aus:
Viola'S Martyrium, von Reboul aus Nimes, eine Nachahmung des Polycrate.
Viola ist die heilige Frau und die zärtliche Mutter, und der Conflict ist zwischen dem
Glauben, der sie treibt, den Himmel zu erwerben, und der mütterlichen Liebe, die sie
durch irdische Bande an ihren Sohn fesselt. Sie ist die christliche Tochter, die der
thörichte Vater mit seinem Fluch bis in die Marter verfolgt, in der sie stirbt, indem
sie ihm verzeiht. Reboul hat die sonore Feierlichkeit der Tragödie von Corneille mit
einigem Glück wiedergegeben. -- Nächstdem hat ein phantastisches Lustspiel von M6ry:
!'Im>sich öl LuleMos durch seine feine Charakteristik Glück gemacht.




neuen eine Bekanntschaft, die bei ihrem Stand und ihrem Geschlecht in Erstaunen seht.
Bunter, pikanter und drastischer als irgend eine der bisher erschienenen Denkschriften
ist dieses Buch schon darum, weil es sich mehr in Persönlichkeiten, Anekdoten, Criminal-
geschichten u. tgi. vertieft. Die socialistische Fiction macht es um so pikanter.




Von Louis best. Aulaire, ehemaligem Deputirten, sind erschienen: cirrhi«I»>-
r-üions sur I» «lvmaeralio. Der Verfasser sucht nachzuweisen, daß die Demokratie in
Frankreich uralt ist, daß sie bis auf das 12. Jahrhundert zurückgeht, und daß diese
legitime, ans vernünftiger Organisation beruhende Demokratie sich in einzelnen Spuren
(in den Ackcrbauräthen) noch immer erhalten hat, und nur einer neuen Belebung bedarf,
um der modernen, nivcllirenden Demokratie siegreich cntgcnzuarbciten.




Ein neues Fragment über Aesthetik. IZssui sur ig llworiv ein dohn pillnrosciu«!,
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einiger Anerkennung besprochen. Zum Schluß der Abhandlung, die sich vorzüglich auf
Landschaftsmalerei bezieht, folgt eine Analyse der Schönheit des Weibes.




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die Quelle des Glaubens, ein alter Sah, den die heiter» Griechen anerkannten, indem
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Christenthum sich sträubt, und mit Recht, denn der Kern seines Wesens, der Spiri¬
tualismus, hat mit der Kunst nichts zu schassen. — Jenes Büchlein gewinnt an In¬
teresse, wenn man es mit den entsprechenden Tendenzen in Deutschland (Richard Wagner)
vergleicht.




Ein »altes Werk von Don Serafin Calderon: Scenen aus Madrid, Anda¬
lusien n. s. w., „von einem Einsamen," wird wegen der anschaulichen Darstellungsweise,
der gründlichen Kenntniß der Sitten, und des mit einer seinen Ironie zersetzten Patrio-
tismus, der seinen Skizzen und Beschreibungen einen gewissen poetischen Anstrich gibt,
von der französischen Kritik sehr gerühmt.




Unter den neuen Dramen, die in Paris Effect gemacht haben, zeichnen sich aus:
Viola'S Martyrium, von Reboul aus Nimes, eine Nachahmung des Polycrate.
Viola ist die heilige Frau und die zärtliche Mutter, und der Conflict ist zwischen dem
Glauben, der sie treibt, den Himmel zu erwerben, und der mütterlichen Liebe, die sie
durch irdische Bande an ihren Sohn fesselt. Sie ist die christliche Tochter, die der
thörichte Vater mit seinem Fluch bis in die Marter verfolgt, in der sie stirbt, indem
sie ihm verzeiht. Reboul hat die sonore Feierlichkeit der Tragödie von Corneille mit
einigem Glück wiedergegeben. — Nächstdem hat ein phantastisches Lustspiel von M6ry:
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/367>, abgerufen am 03.07.2024.