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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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rinn Andriani wäre eine Regierung aus unserer Partei. Darum ist unsere Pflicht,
der jetzigen Regierung gegenüber dies Programm in der Presse energisch und
fortwährend zu vertreten, mag die Aussicht, durch unsere Führer in nächster Zu¬
kunft den Ministertisch zu besetzen, auch noch so gering sein. Es steht deshalb
eine Kritik der einzelnen Bestimmungen seines Programms gar nicht in der ersten
Reihe unsrer Verpflichtungen. Bei einem so schwierigen und complicirten Ban,
wie die administrative Constituirung Oestreichs ist, werden bei aller Uebereinstim-
mung in der Hauptsache sich immer eine Menge von widersprechenden Wünschen
und Ansichten in den Einzelheiten der Construction kund geben. Es wäre nicht
gut, wenn die Presse diese Differenzen im Detail jetzt in den Vordergrund stellte,
denn Alles muß uns daran liegen, die große Wirkung dieses Buches nicht zu
schwächen. Aus mehr als einem Grunde drängt die Zeit zum raschen Entschluß,
und einträchtiger Verbindung der verschiedenen Kronländer. Mögen unsere Cze-
chischen Freunde, nlögen die Ungarn bedenken, daß wir jetzt, wo wir in der Gefahr
sind, Alles zu verlieren, nicht über einzelne Differenzen in den Ansichten hadern
dürfen. Sehr richtig hat Andriani dargestellt, daß der erste, vielleicht der letzte
Kaiupfplatz für unsere Partei die Landtage der einzelnen Kronländer sein müssen.
Bevor diese zusammentreten, muß von den einflußreichen Mitgliedern derselben
das Programm angenommen oder gemeinsam modifizirt und ein gemein¬
schaftliches Handeln verabredet seim Bis jetzt ist die Schrift Audriams
die Ansicht eines Privatmannes, wie hoch wir denselben auch verehren mögen.
Damit sie nützlich werde für den Staat, ist eine Verständigung unter den Depu-
tirten der verschiedenen Kronländer nöthig. Das kann nur durch eine münd¬
liche Besprechung und Verabredung geschehen. Während es so die nächste
Pflicht der wahrscheinlichen Deputirten unserer Partei wird, mit Kritik in die Ein-
zelnheiten des Entwurfes einzugehen und eine Vereinigung der Ansichten über
denselben herbeizuführen, scheint mir zunächst die Aufgabe der befreundeten Zei-
tungen, eine solche Besprechung und Verständigung dadurch vorzubereiten , daß sie
mit eben so viel Wärme als Haltung auf die Nothwendigkeit derselben fortwährend
hinweisen. Das gilt von Deutschland so gut als von Oestreich, und unsere
Freunde in Frankfurt, Cöln, Braunschweig, Bremen, Berlin n. s. w. können gegen¬
wärtig unserer guten Sache kaum einen größeren Dienst erweisen, als wenn sie da,
wo sie die hohe Wichtigkeit der Schrift von Andriani hervorhebe", anch auf den
Weg drängen, durch welchen das ausgesprochene Wort eines bedeutenden Mannes
bedeutsam für die Entwickelung des Kaiserstaates werden kau".

Der letzte Theil der Schrift enthält die Ansichten des Verfassers über die
Stellung Oestreichs zu Deutschland. Ans seinem Munde sind sie uns nicht neu,
sie gewiimen aber eine neue Bedeutung dadurch, daß sie jetzt die Stimmungen
der Majorität in Oestreich wiedergeben. Fast die gesammte Intelligenz des
Kaiserstaates, die große Mehrzahl der selbstständigen Menschen, welche gesunde


29^

rinn Andriani wäre eine Regierung aus unserer Partei. Darum ist unsere Pflicht,
der jetzigen Regierung gegenüber dies Programm in der Presse energisch und
fortwährend zu vertreten, mag die Aussicht, durch unsere Führer in nächster Zu¬
kunft den Ministertisch zu besetzen, auch noch so gering sein. Es steht deshalb
eine Kritik der einzelnen Bestimmungen seines Programms gar nicht in der ersten
Reihe unsrer Verpflichtungen. Bei einem so schwierigen und complicirten Ban,
wie die administrative Constituirung Oestreichs ist, werden bei aller Uebereinstim-
mung in der Hauptsache sich immer eine Menge von widersprechenden Wünschen
und Ansichten in den Einzelheiten der Construction kund geben. Es wäre nicht
gut, wenn die Presse diese Differenzen im Detail jetzt in den Vordergrund stellte,
denn Alles muß uns daran liegen, die große Wirkung dieses Buches nicht zu
schwächen. Aus mehr als einem Grunde drängt die Zeit zum raschen Entschluß,
und einträchtiger Verbindung der verschiedenen Kronländer. Mögen unsere Cze-
chischen Freunde, nlögen die Ungarn bedenken, daß wir jetzt, wo wir in der Gefahr
sind, Alles zu verlieren, nicht über einzelne Differenzen in den Ansichten hadern
dürfen. Sehr richtig hat Andriani dargestellt, daß der erste, vielleicht der letzte
Kaiupfplatz für unsere Partei die Landtage der einzelnen Kronländer sein müssen.
Bevor diese zusammentreten, muß von den einflußreichen Mitgliedern derselben
das Programm angenommen oder gemeinsam modifizirt und ein gemein¬
schaftliches Handeln verabredet seim Bis jetzt ist die Schrift Audriams
die Ansicht eines Privatmannes, wie hoch wir denselben auch verehren mögen.
Damit sie nützlich werde für den Staat, ist eine Verständigung unter den Depu-
tirten der verschiedenen Kronländer nöthig. Das kann nur durch eine münd¬
liche Besprechung und Verabredung geschehen. Während es so die nächste
Pflicht der wahrscheinlichen Deputirten unserer Partei wird, mit Kritik in die Ein-
zelnheiten des Entwurfes einzugehen und eine Vereinigung der Ansichten über
denselben herbeizuführen, scheint mir zunächst die Aufgabe der befreundeten Zei-
tungen, eine solche Besprechung und Verständigung dadurch vorzubereiten , daß sie
mit eben so viel Wärme als Haltung auf die Nothwendigkeit derselben fortwährend
hinweisen. Das gilt von Deutschland so gut als von Oestreich, und unsere
Freunde in Frankfurt, Cöln, Braunschweig, Bremen, Berlin n. s. w. können gegen¬
wärtig unserer guten Sache kaum einen größeren Dienst erweisen, als wenn sie da,
wo sie die hohe Wichtigkeit der Schrift von Andriani hervorhebe», anch auf den
Weg drängen, durch welchen das ausgesprochene Wort eines bedeutenden Mannes
bedeutsam für die Entwickelung des Kaiserstaates werden kau».

Der letzte Theil der Schrift enthält die Ansichten des Verfassers über die
Stellung Oestreichs zu Deutschland. Ans seinem Munde sind sie uns nicht neu,
sie gewiimen aber eine neue Bedeutung dadurch, daß sie jetzt die Stimmungen
der Majorität in Oestreich wiedergeben. Fast die gesammte Intelligenz des
Kaiserstaates, die große Mehrzahl der selbstständigen Menschen, welche gesunde


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[0235] rinn Andriani wäre eine Regierung aus unserer Partei. Darum ist unsere Pflicht, der jetzigen Regierung gegenüber dies Programm in der Presse energisch und fortwährend zu vertreten, mag die Aussicht, durch unsere Führer in nächster Zu¬ kunft den Ministertisch zu besetzen, auch noch so gering sein. Es steht deshalb eine Kritik der einzelnen Bestimmungen seines Programms gar nicht in der ersten Reihe unsrer Verpflichtungen. Bei einem so schwierigen und complicirten Ban, wie die administrative Constituirung Oestreichs ist, werden bei aller Uebereinstim- mung in der Hauptsache sich immer eine Menge von widersprechenden Wünschen und Ansichten in den Einzelheiten der Construction kund geben. Es wäre nicht gut, wenn die Presse diese Differenzen im Detail jetzt in den Vordergrund stellte, denn Alles muß uns daran liegen, die große Wirkung dieses Buches nicht zu schwächen. Aus mehr als einem Grunde drängt die Zeit zum raschen Entschluß, und einträchtiger Verbindung der verschiedenen Kronländer. Mögen unsere Cze- chischen Freunde, nlögen die Ungarn bedenken, daß wir jetzt, wo wir in der Gefahr sind, Alles zu verlieren, nicht über einzelne Differenzen in den Ansichten hadern dürfen. Sehr richtig hat Andriani dargestellt, daß der erste, vielleicht der letzte Kaiupfplatz für unsere Partei die Landtage der einzelnen Kronländer sein müssen. Bevor diese zusammentreten, muß von den einflußreichen Mitgliedern derselben das Programm angenommen oder gemeinsam modifizirt und ein gemein¬ schaftliches Handeln verabredet seim Bis jetzt ist die Schrift Audriams die Ansicht eines Privatmannes, wie hoch wir denselben auch verehren mögen. Damit sie nützlich werde für den Staat, ist eine Verständigung unter den Depu- tirten der verschiedenen Kronländer nöthig. Das kann nur durch eine münd¬ liche Besprechung und Verabredung geschehen. Während es so die nächste Pflicht der wahrscheinlichen Deputirten unserer Partei wird, mit Kritik in die Ein- zelnheiten des Entwurfes einzugehen und eine Vereinigung der Ansichten über denselben herbeizuführen, scheint mir zunächst die Aufgabe der befreundeten Zei- tungen, eine solche Besprechung und Verständigung dadurch vorzubereiten , daß sie mit eben so viel Wärme als Haltung auf die Nothwendigkeit derselben fortwährend hinweisen. Das gilt von Deutschland so gut als von Oestreich, und unsere Freunde in Frankfurt, Cöln, Braunschweig, Bremen, Berlin n. s. w. können gegen¬ wärtig unserer guten Sache kaum einen größeren Dienst erweisen, als wenn sie da, wo sie die hohe Wichtigkeit der Schrift von Andriani hervorhebe», anch auf den Weg drängen, durch welchen das ausgesprochene Wort eines bedeutenden Mannes bedeutsam für die Entwickelung des Kaiserstaates werden kau». Der letzte Theil der Schrift enthält die Ansichten des Verfassers über die Stellung Oestreichs zu Deutschland. Ans seinem Munde sind sie uns nicht neu, sie gewiimen aber eine neue Bedeutung dadurch, daß sie jetzt die Stimmungen der Majorität in Oestreich wiedergeben. Fast die gesammte Intelligenz des Kaiserstaates, die große Mehrzahl der selbstständigen Menschen, welche gesunde 29^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/235>, abgerufen am 03.07.2024.