Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.auf bewegenden Schattengestalten wie ein Teufelsspuk aufnehmen, und endlich Ich wollte mir diesen Eindruck nicht schwächen, nahm von meinen Freunden Ihr Hündchen ist wohl nicht in England geboren? fragte ich. -- Sie sind Grenzbvteii. IV. 1849.
auf bewegenden Schattengestalten wie ein Teufelsspuk aufnehmen, und endlich Ich wollte mir diesen Eindruck nicht schwächen, nahm von meinen Freunden Ihr Hündchen ist wohl nicht in England geboren? fragte ich. — Sie sind Grenzbvteii. IV. 1849.
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auf bewegenden Schattengestalten wie ein Teufelsspuk aufnehmen, und endlich
die plötzliche Beleuchtung mit bengalischen Feuer ein den erhöheten Endpunkten
des weilen Raumes boten einen Anblick, der auf das Gemüth vielleicht einen
ähnlich betrübenden Eindruck hervorbringt, wie ihn die blutigste Seeschlacht
erzeugt. ,
Ich wollte mir diesen Eindruck nicht schwächen, nahm von meinen Freunden
Abschied und fuhr sogleich zur Eisenbahn, wohin ich meine Effecten hatte bringen
lassen, um meine Reise fortzusetzen. Das Glück wollte mir wohl, es hatte mir
einen komischen Kontrast aufbewahrt in der Person des zur Abnahme der Passir--
scheine und Pässe angestellten Polizeibeamten. Diese stangenhobe, kerzengerade,
zauudürre Figur mit ausgestülptem Krage», aus dem ein graues Köpfchen mit ei¬
nem freundlichen Gesichte hervorguckte nud die eine kleine Laterne in der Hand
hielt, sah aus wie Diogenes im macedonischen Militärrock. Ich verfolgte ih» mit
meinen Blicken von Wagen zu Wagen, wie er geschützt von den auf beiden Seiten
des Zuges aufgestellten Soldaten wie Diogenes von einem Häuser Stoiker, die
Passirscheine in Empfang nahm, bis er endlich zum Coupv kam, in dem außer mir
sich uoch eine Dame und ihr Schooßhündchen befanden. Ich schob ihm einen Pas¬
sirschein absichtlich dicht vor die Nase, um zu sehen, ob er sich zu ärgern fähig sei.
Ein sanftes Lächeln und ein stiller Norwurf seiner kleinen Aeuglein waren meine
einzige Strafe. Nun kam die wohlbeleibte Dame an die Reihe, sie war eine eng¬
lische Sängerin, die in Krakau Koncerte gegeben und im Bahnhofe beim Einstei¬
gen in den Wagen von einem Bekannten unter meine schützenden Fittige gestellt
worden war. Bei der Annäherung dieses lui^o out in-in, wie sie ihn nannte, versteckte
sie ihr Hündchen zwischen den massenhaften Falten des Kleides und der Mantille,
ich weiß nicht, ob weil sie für selbes keinen Passirschciu besorgt oder kein Hundebillet
gelös't hatte. Der Diogenes des Paßbureaus roch Unheil, denn er streckte den
lange», knöcherigen Arm dergestalt in den Wage», daß die keusche Tochter Albions
eine polizeiliche Visitation ihrer i>edelen>!>t,8 befürchten mußte. In ihrer Angst hob
sie das schwarze Hündchen in die Höhe, es griff bellend nach der Nase des Paß^
diogenes nud dieser zog sich erschreckt, aber immer mild lächelnd zurück.
Ihr Hündchen ist wohl nicht in England geboren? fragte ich. — Sie sind
also Huudckenuer? erhielt ich als fragende Antwort. — Ich meinte, das Thier¬
chen habe den englischen Boden nicht zuerst angebellt, weil es so wenig Re¬
spect vor den gesetzlichen Behörden gezeigt hat. — ^-s, sehen Sie, Doctor, das
kömmt von dem längern sojoninii^ in dem abscheulichen Keimung, wo einen die
Herren vou^ der Polizei fortwährend für ein ii«ni)l«zr für -i virAnittwü halten, und
immer nach Paß fragen. Meine ^-uncl.t weiß schon, wenn ich bin er««« und bellt
dann jedesmal. — Riff gehen gewiß nach Wie», um in dieser Musikftadt par
vxeollelico Koncerte zu geben und das kimststnnige Wiener Publikum mit Ihrem
Grenzbvteii. IV. 1849.
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