Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.fertig, welche selbst H. A. M. nicht in Geduld und Schweigsamkeit hinnehmen Bach unterschrieb die octrohirte Charte. Wenn Einer im Gcsammtministe- H. A. M. freut sich darüber, daß Bach im Ministerium bleiben kann, blei^ Der Wortführer der Reichstagsrechten scheint sein Urtheil über Bach nur des¬ Wir würden auch nicht die Leser mit "noch einem Urtheil" belästigen, wenn Das Cabinet Schwarzenberg sieht sich vom Schachbrett verdrängt, das Mi- Die Minister suchen durch Reformen in ihren Fächern der Konstitution el- fertig, welche selbst H. A. M. nicht in Geduld und Schweigsamkeit hinnehmen Bach unterschrieb die octrohirte Charte. Wenn Einer im Gcsammtministe- H. A. M. freut sich darüber, daß Bach im Ministerium bleiben kann, blei^ Der Wortführer der Reichstagsrechten scheint sein Urtheil über Bach nur des¬ Wir würden auch nicht die Leser mit „noch einem Urtheil" belästigen, wenn Das Cabinet Schwarzenberg sieht sich vom Schachbrett verdrängt, das Mi- Die Minister suchen durch Reformen in ihren Fächern der Konstitution el- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0346" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279894"/> <p xml:id="ID_1226" prev="#ID_1225"> fertig, welche selbst H. A. M. nicht in Geduld und Schweigsamkeit hinnehmen<lb/> konnte. Bach ließ gegen jenen Paragraph der Grundrechte, welcher die Todesstrafe ab¬<lb/> schafft, plaidiren; das mag dem Staatsmann und Juristen hingehen, aber er ließ<lb/> auch gegen die Abschaffung der Prügelstrafe sprechen, und das Weiberpeitschm<lb/> M Mailand und Nuskbh ist eine vom Minister Bach gebilligte Strafart.</p><lb/> <p xml:id="ID_1227"> Bach unterschrieb die octrohirte Charte. Wenn Einer im Gcsammtministe-<lb/> Num war, der die Haltlosigkeit, das Revolutionäre, den Unsinn, pas Verderbniß<lb/> dieser Verfassung erkennen mußte, so war es Bach. Er unterschrieb aber, weil<lb/> der Premier und der blödsinnige Stadion die Vertreibung des Neichsrags beschlos¬<lb/> sen hatten. Seine Situation wohl erkennend, verzichtete Bach auf jede Selbststän-<lb/> digkeit außer in seinem Bureau; er gab in deu Conferenzen eine Meinung ab,<lb/> vertrat sie und knickte wie ein Rohr nieder, sobald der Vorsitzende auf seiner Mei¬<lb/> nung beharrte. Bach, der deutsche Bach, willigte in die Berufung der Russen.<lb/> Bacp weiß aber in der Herrengasse nicht, was ans dem Ballplatz vorgeht, dort<lb/> steht das Palais des Justizministeriums, hier die Staatskanzlei des Auswärtigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1228"> H. A. M. freut sich darüber, daß Bach im Ministerium bleiben kann, blei^<lb/> ben darf. Kinder freuen sich an Goldkäfern, und die l>el Nacht Wandelnden<lb/> c>n Lenchtwnrmern! Leider ist es wahr, daß Bach nichts ist, als ein noch gedul¬<lb/> deter Minister. Bach hat mit daran gearbeitet, daß Oestreichs Regierung blos<lb/> eine von den Generälen geduldete ist. Aber Bach's Stunde wird schlagen, denn<lb/> uicht blos die Revolution frißt ihre Kinder, sondern anch die Contrerevolution,<lb/> Und letztere ist noch weniger zu sättigen als die erstere; Bach kann und darf<lb/> uur so lauge Minister bleiben, als mau den Bürgersmann braucht, um einen<lb/> Schimmer der Neuzeit zu bewahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1229"> Der Wortführer der Reichstagsrechten scheint sein Urtheil über Bach nur des¬<lb/> halb jetzt gefällt zu haben, weil er Furcht bekömmt, auch dieser letzte Rest der<lb/> Revolution werde mit Kolbcnstößen herausgedrängt werden. Die Furcht ist ge¬<lb/> recht, gerechter als das Urtheil.</p><lb/> <p xml:id="ID_1230"> Wir würden auch nicht die Leser mit „noch einem Urtheil" belästigen, wenn<lb/> nicht eben daran ein Blick auf die gegenwärtige Stellung des ostreich. Ministeriums<lb/> und eine Aufklärung über die neuen Freunde desselben zu knüpfen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1231"> Das Cabinet Schwarzenberg sieht sich vom Schachbrett verdrängt, das Mi-<lb/> Utär ist Herr und der Kaiser allein ist Herr des Militärs. Wie der Lehrling<lb/> steht das Ministerium, ohne deu Zauber wieder bannen zu könne». Abhängig<lb/> von Rußland und entfremdet von Deutschland, hat die Regierung keine Gewalt,<lb/> keine Kraft, kein Ansehn, kein Vertrauen; das Volk, welche Sprache es auch<lb/> lpncht, haßt und verachtet die Regierung, und uur das Schwert der Generäle<lb/> Und der Strick des Henkers hält die Ruhe aufrecht. Die Minister find nichts<lb/> Adjutanten; nothwendige Kanzleischreibcr und Federfuchser. Wenn Jemand<lb/> ^weist, daß diese Herren uicht nothwendig sind, und Radetzky wie Haynau,<lb/> Welche sich dem Ministerium nicht unterordnen oder nur soweit es thuen beliebt,<lb/> seinen diesen Beweis sichren zu wollen, so werde» sie alsobald in Gnaden ent-<lb/> ^sser. Die Verantwortlichkeit des Ministeriums ist zum Kinderspott geworden;<lb/> ?^n kann deu Justizminister nicht zur Verantwortung ziehen, wenn 2 Korporäle<lb/> ungarischen Premierminister wegen Überschreitung der pragmatischen Sena-<lb/> tes Todes schuldig erklären.</p><lb/> <p xml:id="ID_1232"> Die Minister suchen durch Reformen in ihren Fächern der Konstitution el-<lb/> 'en Grund zu legen, deren Ausführung von den Generälen verworfen ist. Bach<lb/> ?' -L. arbeitet die glänzendsten Publicationen aus, denen die verwerflichsten Eta-<lb/> "°rate folgen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0346]
fertig, welche selbst H. A. M. nicht in Geduld und Schweigsamkeit hinnehmen
konnte. Bach ließ gegen jenen Paragraph der Grundrechte, welcher die Todesstrafe ab¬
schafft, plaidiren; das mag dem Staatsmann und Juristen hingehen, aber er ließ
auch gegen die Abschaffung der Prügelstrafe sprechen, und das Weiberpeitschm
M Mailand und Nuskbh ist eine vom Minister Bach gebilligte Strafart.
Bach unterschrieb die octrohirte Charte. Wenn Einer im Gcsammtministe-
Num war, der die Haltlosigkeit, das Revolutionäre, den Unsinn, pas Verderbniß
dieser Verfassung erkennen mußte, so war es Bach. Er unterschrieb aber, weil
der Premier und der blödsinnige Stadion die Vertreibung des Neichsrags beschlos¬
sen hatten. Seine Situation wohl erkennend, verzichtete Bach auf jede Selbststän-
digkeit außer in seinem Bureau; er gab in deu Conferenzen eine Meinung ab,
vertrat sie und knickte wie ein Rohr nieder, sobald der Vorsitzende auf seiner Mei¬
nung beharrte. Bach, der deutsche Bach, willigte in die Berufung der Russen.
Bacp weiß aber in der Herrengasse nicht, was ans dem Ballplatz vorgeht, dort
steht das Palais des Justizministeriums, hier die Staatskanzlei des Auswärtigen.
H. A. M. freut sich darüber, daß Bach im Ministerium bleiben kann, blei^
ben darf. Kinder freuen sich an Goldkäfern, und die l>el Nacht Wandelnden
c>n Lenchtwnrmern! Leider ist es wahr, daß Bach nichts ist, als ein noch gedul¬
deter Minister. Bach hat mit daran gearbeitet, daß Oestreichs Regierung blos
eine von den Generälen geduldete ist. Aber Bach's Stunde wird schlagen, denn
uicht blos die Revolution frißt ihre Kinder, sondern anch die Contrerevolution,
Und letztere ist noch weniger zu sättigen als die erstere; Bach kann und darf
uur so lauge Minister bleiben, als mau den Bürgersmann braucht, um einen
Schimmer der Neuzeit zu bewahren.
Der Wortführer der Reichstagsrechten scheint sein Urtheil über Bach nur des¬
halb jetzt gefällt zu haben, weil er Furcht bekömmt, auch dieser letzte Rest der
Revolution werde mit Kolbcnstößen herausgedrängt werden. Die Furcht ist ge¬
recht, gerechter als das Urtheil.
Wir würden auch nicht die Leser mit „noch einem Urtheil" belästigen, wenn
nicht eben daran ein Blick auf die gegenwärtige Stellung des ostreich. Ministeriums
und eine Aufklärung über die neuen Freunde desselben zu knüpfen wäre.
Das Cabinet Schwarzenberg sieht sich vom Schachbrett verdrängt, das Mi-
Utär ist Herr und der Kaiser allein ist Herr des Militärs. Wie der Lehrling
steht das Ministerium, ohne deu Zauber wieder bannen zu könne». Abhängig
von Rußland und entfremdet von Deutschland, hat die Regierung keine Gewalt,
keine Kraft, kein Ansehn, kein Vertrauen; das Volk, welche Sprache es auch
lpncht, haßt und verachtet die Regierung, und uur das Schwert der Generäle
Und der Strick des Henkers hält die Ruhe aufrecht. Die Minister find nichts
Adjutanten; nothwendige Kanzleischreibcr und Federfuchser. Wenn Jemand
^weist, daß diese Herren uicht nothwendig sind, und Radetzky wie Haynau,
Welche sich dem Ministerium nicht unterordnen oder nur soweit es thuen beliebt,
seinen diesen Beweis sichren zu wollen, so werde» sie alsobald in Gnaden ent-
^sser. Die Verantwortlichkeit des Ministeriums ist zum Kinderspott geworden;
?^n kann deu Justizminister nicht zur Verantwortung ziehen, wenn 2 Korporäle
ungarischen Premierminister wegen Überschreitung der pragmatischen Sena-
tes Todes schuldig erklären.
Die Minister suchen durch Reformen in ihren Fächern der Konstitution el-
'en Grund zu legen, deren Ausführung von den Generälen verworfen ist. Bach
?' -L. arbeitet die glänzendsten Publicationen aus, denen die verwerflichsten Eta-
"°rate folgen.
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