Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Wohlreglement festgestellt. -- Man trennte sich spät, und wie es scheint, mit Die Verhandlungen über das Wahlgesetz sind wichtig, denn dieser Entwurf, Noch ist ein Gegensatz zwischen dem preußischen Ministerium und dem Herrn 26*
Wohlreglement festgestellt. — Man trennte sich spät, und wie es scheint, mit Die Verhandlungen über das Wahlgesetz sind wichtig, denn dieser Entwurf, Noch ist ein Gegensatz zwischen dem preußischen Ministerium und dem Herrn 26*
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Wohlreglement festgestellt. — Man trennte sich spät, und wie es scheint, mit
gutem Muth.
Die Verhandlungen über das Wahlgesetz sind wichtig, denn dieser Entwurf,
nach welchem doch gewählt werden soll, ist von Anfang an eine Klippe sür die
oktroyirte Verfassung gewesen. Der freie Blick des Verwaltungsrathes, seine ge¬
schickten Deutungen und die zwingende Noth der Verhältnisse werden uns auch
darüber weghelfen. Es nutzt jetzt nichts, an dem Einzelnen zu mäkeln und zu
tadeln, wir dürfen hoffen, daß auch bei diesem Wahlgesetz unsere treuen Männer
und verständigen Patrioten in den Reichstag kommen werden. Und grade jetzt,
wo man so leicht veranlaßt ist, an unserer Zukunft zu zweifeln, soll man sich er¬
innern, daß das deutsche Volk jetzt bereits reicher an bedeutenden parlamentari¬
schen Kräften ist, als seine Nachbarn im Westen, ja vielleicht reicher als Eng¬
land. Es thut nicht Noth, die Namen zu nennen, auf welche wir stolz sind.
Daran aber soll man denken, wenn die jetzigen englischen Parlamentsmitglieder,
Oberhaus wie Unterhaus, auf einmal in die bodenlose Situation kämen, in wel¬
cher das Parlament von Frankfurt während des ganzen Jahres seiner Existenz
schwebte: sie würden nicht besser, nicht praktischer, vielleicht nicht einmal mit so
viel Würde und reinem Patriotismus gehandelt haben, als die Majorität dieses
Hauses. Durch das Zurückziehen von Sachsen, und mehr noch von Hannover,
verliert der nächste Reichstag allerdings eine Anzahl von Namen, deren guten
Klang er ungern vermissen wird; aber es ist ein günstiger und bedeutsamer Um¬
stand, daß der größte Theil der parlamentarischen Helden, ans deren Worte das
deutsche Volk mit Freude und Stolz hört, den kleineren Staaten des neuen Bun¬
des angehört. Der Reichstag muß ein Ereigniß sür Deutschland sein, weil
die besten Talente des Volkes sich auf ihm zusammenfinden werden und seine
Aufgabe keine ungeheuerliche mehr ist. Und wir könnten frisch weg mit Zuversicht
auf seine Thätigkeit und seine Wirkungen bauen, wenn nicht noch Eines wäre,
das wie eine Wolke über unserer Zukunft schwebt; die persönlichen Stimmungen
und Gefühle, welche in Preußen regieren.
Noch ist ein Gegensatz zwischen dem preußischen Ministerium und dem Herrn
desselben und zwischen jener Partei der deutschen Patrioten fühlbar, welche höchst
wahrscheinlich auf dem neuen Reichstag die Majorität haben wird. Ein Bnndcs-
winisterinm Brandenburg wäre eine Unmöglichkeit. Wenn die preußische Regie¬
rung, welche von der deutschen Partei gefordert hat, daß sie ihr Manches von
ihren Ueberzeugungen zum Opfer bringe, sich nicht auch ihrerseits entschließt,
Einiges von ihren Launen zu opfern und ihre Gemüthswallungen klüger zu be¬
herrschen, so kauu noch trotz des Reichstages, der vielersehnte Bundesstaat in
Trümmer fallen. Zum zweiten Mal wird dann das Vereinigungswerk der
deutschen Stämme scheitern, und wieder werden Persönlichkeiten Preußens die
Schuld tragen; sie und Preußen werden zuletzt dafür bezahlen. — Dreimal
26*
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