Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.wurden ausgeschüttet, Kreuzerscheine gemacht und Silbersechser gemünzt, welche Die sardinische Entschädigung, die vom Reichstag bewilligten 100 Millionen wurden ausgeschüttet, Kreuzerscheine gemacht und Silbersechser gemünzt, welche Die sardinische Entschädigung, die vom Reichstag bewilligten 100 Millionen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0014" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279562"/> <p xml:id="ID_34" prev="#ID_33"> wurden ausgeschüttet, Kreuzerscheine gemacht und Silbersechser gemünzt, welche<lb/> jüngst die sächsische Regierung wegen ihres Mindergehaltes verbot. Die Anleihe,<lb/> welche zu Ende vorigen Jahres abgeschlossen werden konnte, und wenn auch kein<lb/> Silber in's Land, doch Papiere aus der Circulation gebracht hätte, wurde in<lb/> Erwartung besserer Anbote abgelehnt, und die Waaren stiegen um 25 bis 50<lb/> Prozent. Die Verantwortung, welche der Minister übernimmt, indem er ohne<lb/> Mitwirkung des Reichstags Steuern einführt, ist weit geringer als jene, daß so<lb/> spät zur ordentlichen Bedeckung der Staatsersordernisse geschritten wird, nachdem<lb/> der Fieberzustand der Landeswährung das Mark des Volks aufzehrte. Weder<lb/> der Münster noch die Nationalbank machten einen Versuch, das Uebel zu heben,<lb/> wenn man nicht die polizeiliche Verfolgung von Silbermäklern als solchen ansehen<lb/> will; letztere wird aber gegenwärtig zu Etwas verhelfen. „Die Hinausgabe der bisher<lb/> zurückbehaltener Reserveactien hätte (!) nach Maßgabe des Umfanges, in dem die<lb/> Verstärkung des Fondes es erheischt, zu erfolgen." Dieser cvnditionelle Satz läßt<lb/> vermuthen, daß es weder dem Minister noch der Bankdirection Ernst ist mit der<lb/> „Hinausgabe." Mit diesen Actien hat es folgende Bewandniß. Bei Gründung der<lb/> Bank sollte durch Hinausgabe von 100,000 Actien der nöthige Fond herbeige¬<lb/> schafft werden; es genügte aber die Ausgabe der Hälfte der Actien und die an¬<lb/> dere Hälfte blick. in Reserve. Die Actieuinhaber der circa 50,000 Stück genossen<lb/> nun die Zinsen der 100,000 Stück. Als die Bank voriges Jahr insolvent wurde,<lb/> drang man darauf, daß die Reserveactien verkauft werdeu, wodurch der Baarfond<lb/> gesteigert würde. Abgesehen davon, daß der Cours dieser Actien bedeutend fallen<lb/> müßte, wenn eine solche Summe auf den Papiermarkt kömmt, sträuben sich die<lb/> jetzigen Actieuinhaber, ihren Gewinn daran Halbiren zu müssen; und die Verschwiste-<lb/> rung der Finanzverwaltung mit der Bankdirection unterstützte die Maneuvres da¬<lb/> gegen. Die Hinausgabe der Reserveactien darf aber auch nicht als Panacee für<lb/> die Solvenz der Bank angesehen werden. Die Bankdirection, welche dem Staate<lb/> Geld zu verschaffen wußte, wird auch sich selbst Geld zu verschaffen wissen, ehe sie<lb/> ihr Privilegium erlöschen läßt, und gewiß auf leichtere und billigere Weise als<lb/> durch Verkauf ihrer Reserveactien. Das sei die Sorge der Bank. Wenn aber<lb/> schon die Hinausgabe vom Ministerium für angemessen erachtet wird, warum wird<lb/> sie verschoben? erheischt es uicht jetzt bereits der Mangel an Fond? ist die Ma߬<lb/> gabe des Umfangs erst zu enträthseln? Die Bank wechselt nicht einen Gulden<lb/> ihres Papiers gegen Silber; aber man begünstigt ihre Actionäre dennoch damit,<lb/> die Reserveactien nicht zu Geld machen zu müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_35" next="#ID_36"> Die sardinische Entschädigung, die vom Reichstag bewilligten 100 Millionen<lb/> und die neuen Steuern reichen nebst der Gewinnung Ungarns nicht aus, die<lb/> Ausgaben zu decken. Der Militäraufwand frißt das Gold und Silber und Pa¬<lb/> pier, und eine namhafte Reduction der Armee ist bei den fortwährend grollenden<lb/> Elementen unmöglich. Die Zustände sind so ungeregelt, daß nicht einmal der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0014]
wurden ausgeschüttet, Kreuzerscheine gemacht und Silbersechser gemünzt, welche
jüngst die sächsische Regierung wegen ihres Mindergehaltes verbot. Die Anleihe,
welche zu Ende vorigen Jahres abgeschlossen werden konnte, und wenn auch kein
Silber in's Land, doch Papiere aus der Circulation gebracht hätte, wurde in
Erwartung besserer Anbote abgelehnt, und die Waaren stiegen um 25 bis 50
Prozent. Die Verantwortung, welche der Minister übernimmt, indem er ohne
Mitwirkung des Reichstags Steuern einführt, ist weit geringer als jene, daß so
spät zur ordentlichen Bedeckung der Staatsersordernisse geschritten wird, nachdem
der Fieberzustand der Landeswährung das Mark des Volks aufzehrte. Weder
der Münster noch die Nationalbank machten einen Versuch, das Uebel zu heben,
wenn man nicht die polizeiliche Verfolgung von Silbermäklern als solchen ansehen
will; letztere wird aber gegenwärtig zu Etwas verhelfen. „Die Hinausgabe der bisher
zurückbehaltener Reserveactien hätte (!) nach Maßgabe des Umfanges, in dem die
Verstärkung des Fondes es erheischt, zu erfolgen." Dieser cvnditionelle Satz läßt
vermuthen, daß es weder dem Minister noch der Bankdirection Ernst ist mit der
„Hinausgabe." Mit diesen Actien hat es folgende Bewandniß. Bei Gründung der
Bank sollte durch Hinausgabe von 100,000 Actien der nöthige Fond herbeige¬
schafft werden; es genügte aber die Ausgabe der Hälfte der Actien und die an¬
dere Hälfte blick. in Reserve. Die Actieuinhaber der circa 50,000 Stück genossen
nun die Zinsen der 100,000 Stück. Als die Bank voriges Jahr insolvent wurde,
drang man darauf, daß die Reserveactien verkauft werdeu, wodurch der Baarfond
gesteigert würde. Abgesehen davon, daß der Cours dieser Actien bedeutend fallen
müßte, wenn eine solche Summe auf den Papiermarkt kömmt, sträuben sich die
jetzigen Actieuinhaber, ihren Gewinn daran Halbiren zu müssen; und die Verschwiste-
rung der Finanzverwaltung mit der Bankdirection unterstützte die Maneuvres da¬
gegen. Die Hinausgabe der Reserveactien darf aber auch nicht als Panacee für
die Solvenz der Bank angesehen werden. Die Bankdirection, welche dem Staate
Geld zu verschaffen wußte, wird auch sich selbst Geld zu verschaffen wissen, ehe sie
ihr Privilegium erlöschen läßt, und gewiß auf leichtere und billigere Weise als
durch Verkauf ihrer Reserveactien. Das sei die Sorge der Bank. Wenn aber
schon die Hinausgabe vom Ministerium für angemessen erachtet wird, warum wird
sie verschoben? erheischt es uicht jetzt bereits der Mangel an Fond? ist die Ma߬
gabe des Umfangs erst zu enträthseln? Die Bank wechselt nicht einen Gulden
ihres Papiers gegen Silber; aber man begünstigt ihre Actionäre dennoch damit,
die Reserveactien nicht zu Geld machen zu müssen.
Die sardinische Entschädigung, die vom Reichstag bewilligten 100 Millionen
und die neuen Steuern reichen nebst der Gewinnung Ungarns nicht aus, die
Ausgaben zu decken. Der Militäraufwand frißt das Gold und Silber und Pa¬
pier, und eine namhafte Reduction der Armee ist bei den fortwährend grollenden
Elementen unmöglich. Die Zustände sind so ungeregelt, daß nicht einmal der
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