Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.theils auf die Kirche, und dann nahmen sie einen symbolischen Charakter an, Das historische Gemälde, wie wir es verstehn. knüpft sich an zweierlei. ES .^.cDagegen soll sie der blos romantischen Caprice gegenüber ohne Nachsicht sei". Was soll das Gemälde? Uns den Blick in die Wirklichkeit ersetzen. Das Die erste Forderung an ein historisches Gemälde ist Deutlichkeit. Wir frühe, ^ historische" Gemälden eine Schwierigkeit ein, die bei den theils auf die Kirche, und dann nahmen sie einen symbolischen Charakter an, Das historische Gemälde, wie wir es verstehn. knüpft sich an zweierlei. ES .^.cDagegen soll sie der blos romantischen Caprice gegenüber ohne Nachsicht sei». Was soll das Gemälde? Uns den Blick in die Wirklichkeit ersetzen. Das Die erste Forderung an ein historisches Gemälde ist Deutlichkeit. Wir frühe, ^ historische» Gemälden eine Schwierigkeit ein, die bei den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0121" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279669"/> <p xml:id="ID_382" prev="#ID_381"> theils auf die Kirche, und dann nahmen sie einen symbolischen Charakter an,<lb/> theils auf die specifisch körperliche Schönheit, die jede zeitliche Bestimmtheit aus¬<lb/> schließt, und dann schlössen sie sich am liebsten an die heidnische Mythologie an,<lb/> oder kvstümirtcn sich wenigstens annähernd mythologisch, wie die Thicriagden von<lb/> Nnvens und Snyders; oder sie stellen die unmittelbare Gegenwart dar, und ver¬<lb/> loren sich entweder in'ö Genre oder in's Portrait. Selbst bei scheinbar histori¬<lb/> schen Stoffen, Schlachten u. dergl., war die historische Genauigkeit Nebensache,<lb/> es kam vor allem ans die Entwickelung kräftiger körperlicher Formen an.</p><lb/> <p xml:id="ID_383"> Das historische Gemälde, wie wir es verstehn. knüpft sich an zweierlei. ES<lb/> soll portraitiren und zugleich idealisiren, d. h. die geschichtlichen Ereignisse in<lb/> einen dramatischen Moment zusammenfassen. ^. ^ ^> ><lb/> Ich habe zunächst auf eins a»sacri'sam zu machen. Die moderne Min<lb/> ist durch die Philosophie zwar mit vielen neuen Problemen und Gesichtspunkten<lb/> bereichert, aber anch vielfach verwirrt worden. In den übrigen Künsten wie in<lb/> der P^ste thut es wenigstens ebenso Noth, gegen überspannte Ansprüche philv>opt>l!ä>er<lb/> Halbbildung Protest einzulegen, als gegen den Schlendrian eines hergebrachten<lb/> Empirismus. Die Kritik soll den Künstler nicht verwirren, indem sie von hohen<lb/> Wolken, dem Geyer gleich, euif die Erde Herabsicht, und alle PcripccNvn ver^kehrt, sie soll ihn im Gegentheil befreien von all den Einflüssen, die außerhalb<lb/> der Kunst liegen. . ></p><lb/> <p xml:id="ID_384"> .^.cDagegen soll sie der blos romantischen Caprice gegenüber ohne Nachsicht sei».<lb/> Wenn ein'verschrobener Mäcen sich ein Bild bestellt, wie die Jpacliten Manna<lb/> sammeln, oder wie Danae den Zeus im goldenen Regen empfängt, oder ein<lb/> Christus mit fünf Broden und sieben Fischen fünftausend Mann speist, so mag der<lb/> Künstler Gelegenheit finden, an einem so lächerlichen Stoffe so viel Charakteristik<lb/> und Schönheitssinn zu verschwenden, als er besitzt; die Kritik wird ihr Vcrdam-<lb/> mungsutthcil nicht zurückhalten können. Noch weniger, wenn ans grillenhafter<lb/> Verehrung alterthümlicher, unvollkommener Kunstformen der Maler etwa in Einem<lb/> Rahmen der >^eit nach Unterschiedenes darstellen wollte; oder Aehnliches.</p><lb/> <p xml:id="ID_385"> Was soll das Gemälde? Uns den Blick in die Wirklichkeit ersetzen. Das<lb/> historische Gemälde soll uns eine gerichtliche Scene darstellen, die uns — aber wohl¬<lb/> gemerkt! ästhetisch interessirt. Nicht das historische, geistige Interesse ist maßgebend,<lb/> sondern das sinnliche. Vor dieser Begriffsverwirrung muß man heut zik^ Tage am<lb/> Meisten warnen, wo man so weit gegangen ist, in einer Bethoocnschcn -Symphonie<lb/> etwa die Lösung eines ethischen Problems zu suche». Der Friedensschluß zu Cam-<lb/> bray z. B. ist ein wichtiger historischer Moment, aber ein Paar schreibende Franc»-<lb/> zinuncr im Nenaissancccostüm neben einander fitzen zu sehn, kann ein ästhetisches<lb/> ^"tercsse nicht erregen. Dagegen ist die Ertheilung eines Ordens an van Dyk,<lb/> historisch betrachtet, so unwichtig als möglich, und doch hat de Biefve ein vor¬<lb/> treffliches historisches Gemälde daraus gemacht. Wir kommen später darauf zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_386"> Die erste Forderung an ein historisches Gemälde ist Deutlichkeit. Wir<lb/> müssen wissen, um was es sich handelt. Wenn man z. B. de» Herzog von<lb/> ^raunschweig auf dem Ball am Abend vor der Schlacht bei Waterloo dar-<lb/> stellt, wie er den fernen Kanonendonner hört, und von Todesahnung erfüllt wird,mag der Künstler alle Kraft seiner physiognomischen Studien aufbieten, wirwerden doch erst aus dem darunter gesetzten Motto von Byron den eigentlichen^uni des Ganzen erfahren. Der lyrische Moment hat keine plastische Berechtignna.</p><lb/> <p xml:id="ID_387" next="#ID_388"> frühe, ^ historische» Gemälden eine Schwierigkeit ein, die bei den<lb/> Flut, mythologischen i» viel geringerem Grad vorhanden ist. Wenn wir eine<lb/> Fade c Mose's, eine Opferung Jsaak's u. dergl. vor uns sehn, so fällt uns die<lb/> lvgleich ein, wir find orientirt. ohne daß es dem Künstler weitere Mulle</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0121]
theils auf die Kirche, und dann nahmen sie einen symbolischen Charakter an,
theils auf die specifisch körperliche Schönheit, die jede zeitliche Bestimmtheit aus¬
schließt, und dann schlössen sie sich am liebsten an die heidnische Mythologie an,
oder kvstümirtcn sich wenigstens annähernd mythologisch, wie die Thicriagden von
Nnvens und Snyders; oder sie stellen die unmittelbare Gegenwart dar, und ver¬
loren sich entweder in'ö Genre oder in's Portrait. Selbst bei scheinbar histori¬
schen Stoffen, Schlachten u. dergl., war die historische Genauigkeit Nebensache,
es kam vor allem ans die Entwickelung kräftiger körperlicher Formen an.
Das historische Gemälde, wie wir es verstehn. knüpft sich an zweierlei. ES
soll portraitiren und zugleich idealisiren, d. h. die geschichtlichen Ereignisse in
einen dramatischen Moment zusammenfassen. ^. ^ ^> >
Ich habe zunächst auf eins a»sacri'sam zu machen. Die moderne Min
ist durch die Philosophie zwar mit vielen neuen Problemen und Gesichtspunkten
bereichert, aber anch vielfach verwirrt worden. In den übrigen Künsten wie in
der P^ste thut es wenigstens ebenso Noth, gegen überspannte Ansprüche philv>opt>l!ä>er
Halbbildung Protest einzulegen, als gegen den Schlendrian eines hergebrachten
Empirismus. Die Kritik soll den Künstler nicht verwirren, indem sie von hohen
Wolken, dem Geyer gleich, euif die Erde Herabsicht, und alle PcripccNvn ver^kehrt, sie soll ihn im Gegentheil befreien von all den Einflüssen, die außerhalb
der Kunst liegen. . >
.^.cDagegen soll sie der blos romantischen Caprice gegenüber ohne Nachsicht sei».
Wenn ein'verschrobener Mäcen sich ein Bild bestellt, wie die Jpacliten Manna
sammeln, oder wie Danae den Zeus im goldenen Regen empfängt, oder ein
Christus mit fünf Broden und sieben Fischen fünftausend Mann speist, so mag der
Künstler Gelegenheit finden, an einem so lächerlichen Stoffe so viel Charakteristik
und Schönheitssinn zu verschwenden, als er besitzt; die Kritik wird ihr Vcrdam-
mungsutthcil nicht zurückhalten können. Noch weniger, wenn ans grillenhafter
Verehrung alterthümlicher, unvollkommener Kunstformen der Maler etwa in Einem
Rahmen der >^eit nach Unterschiedenes darstellen wollte; oder Aehnliches.
Was soll das Gemälde? Uns den Blick in die Wirklichkeit ersetzen. Das
historische Gemälde soll uns eine gerichtliche Scene darstellen, die uns — aber wohl¬
gemerkt! ästhetisch interessirt. Nicht das historische, geistige Interesse ist maßgebend,
sondern das sinnliche. Vor dieser Begriffsverwirrung muß man heut zik^ Tage am
Meisten warnen, wo man so weit gegangen ist, in einer Bethoocnschcn -Symphonie
etwa die Lösung eines ethischen Problems zu suche». Der Friedensschluß zu Cam-
bray z. B. ist ein wichtiger historischer Moment, aber ein Paar schreibende Franc»-
zinuncr im Nenaissancccostüm neben einander fitzen zu sehn, kann ein ästhetisches
^"tercsse nicht erregen. Dagegen ist die Ertheilung eines Ordens an van Dyk,
historisch betrachtet, so unwichtig als möglich, und doch hat de Biefve ein vor¬
treffliches historisches Gemälde daraus gemacht. Wir kommen später darauf zurück.
Die erste Forderung an ein historisches Gemälde ist Deutlichkeit. Wir
müssen wissen, um was es sich handelt. Wenn man z. B. de» Herzog von
^raunschweig auf dem Ball am Abend vor der Schlacht bei Waterloo dar-
stellt, wie er den fernen Kanonendonner hört, und von Todesahnung erfüllt wird,mag der Künstler alle Kraft seiner physiognomischen Studien aufbieten, wirwerden doch erst aus dem darunter gesetzten Motto von Byron den eigentlichen^uni des Ganzen erfahren. Der lyrische Moment hat keine plastische Berechtignna.
frühe, ^ historische» Gemälden eine Schwierigkeit ein, die bei den
Flut, mythologischen i» viel geringerem Grad vorhanden ist. Wenn wir eine
Fade c Mose's, eine Opferung Jsaak's u. dergl. vor uns sehn, so fällt uns die
lvgleich ein, wir find orientirt. ohne daß es dem Künstler weitere Mulle
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