Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.dieselben zu zertrümmern. In beiden Fällen befriedigt die Existenz dieser Klein¬ Freilich wäre es möglich, daß einmal eine Revolution käme, die Oestreich, Eine Rückkehr zu den alten Zuständen ist aber nicht möglich. Restauration Die Scheidung Oestreichs vom deutschen Nvrdwestrcich muß mit der consti- Bei der Erwägung dieser Frage darf der Ehrgeiz Oestreichs oder Preußens Gegen den Anschluß jeuer Staaten an den preußische" Bund spricht folgen¬ dieselben zu zertrümmern. In beiden Fällen befriedigt die Existenz dieser Klein¬ Freilich wäre es möglich, daß einmal eine Revolution käme, die Oestreich, Eine Rückkehr zu den alten Zuständen ist aber nicht möglich. Restauration Die Scheidung Oestreichs vom deutschen Nvrdwestrcich muß mit der consti- Bei der Erwägung dieser Frage darf der Ehrgeiz Oestreichs oder Preußens Gegen den Anschluß jeuer Staaten an den preußische» Bund spricht folgen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0469" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279495"/> <p xml:id="ID_1576" prev="#ID_1575"> dieselben zu zertrümmern. In beiden Fällen befriedigt die Existenz dieser Klein¬<lb/> staaten weder ihren eignen Bürger — denn sie können keine freie selbstständige<lb/> Politik verfolgen — noch können sie Preußen und Oestreich aus die Dauer dulden,<lb/> denn sie siud wildes Fleisch in ihrem Organismus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1577"> Freilich wäre es möglich, daß einmal eine Revolution käme, die Oestreich,<lb/> Preußen, Baiern n. s. w. zertrümmerte, und eine allgemeine deutsche Republik<lb/> einführte. Aber abgesehn davon, daß eine so totale Revolution einen eben so ge¬<lb/> waltsamen, als in Beziehung auf den Ausgang zweifelhaften Charakter haben<lb/> müßte, gingen dadurch in jedem Fall diejenigen politischen Errungenschaften, welche<lb/> die Geschichte durch die Gründung der Großstaaten Oestreich und Preußen der<lb/> deutschen Natiouund der Cultur im Allgemeinen hat zu Theil werden lassen, zu Grunde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1578"> Eine Rückkehr zu den alten Zuständen ist aber nicht möglich. Restauration<lb/> des alten Bundes hieße nichts anderes, als Neutralisation der deutschen Politik<lb/> durch Festhaltung von zwei entgegengesetzten Willenskräften, und vollständige Ab¬<lb/> hängigkeit der kleinen Staaten von dem Einfluß ihrer mächtigeren Bundesglieder.<lb/> Einem Bundestag, der in irgend einer Beziehung eiuen größern Einfluß ausüben<lb/> wollte, als derjenige, der dem alten factrsch zustand, kann weder Oestreich noch<lb/> Preußen sich unterwerfen; einen allgemeinen deutschen Reichstag, der mehr als<lb/> eine blos berathende Stimme in Anspruch nähme, kann weder Oestreich noch<lb/> Preußen anerkennen. Ein Bundestag, wie ihn Oestreich vorschlägt, d. h. ein<lb/> Bündniß der Fürsten gegen die Revolution unter den Auspickn Oestreichs und<lb/> Preußens, ist allerdings möglich, ist aber weiter minds, als Vertagung des Pro¬<lb/> blems , das doch einmal gelöst werden muß, auf eine unsichere Zukunft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1579"> Die Scheidung Oestreichs vom deutschen Nvrdwestrcich muß mit der consti-<lb/> tutionellen Centralisation beider Staatsgebiete zusammenfallen. Ein Mittelreich<lb/> 'se nicht möglich. Die schwerste Frage, aus die man bisher noch viel zu wenig<lb/> Aufmerksamkeit verwandt hat, ist die: wo ist die Grenzlinie beider Gebiete? Ge¬<lb/> hört Baiern (mit Ausschluß der Pfalz), Würtemberg und Baden zum südlichen<lb/> oder zum nördlichen? Daß nämlich diese drei Staaten in Ein Gebiet gehören,<lb/> ist außer Zweifel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1580"> Bei der Erwägung dieser Frage darf der Ehrgeiz Oestreichs oder Preußens<lb/> nicht gehört werden. Preußen möchte gern jene Staaten unter seinen Einfluß<lb/> zieh»; ob es Oestreich seinerseits begehrt, wage ich kaum zu behaupten; auf keinen<lb/> Fall aber will's dieselben Preußen überlassen. Man vergesse es aber nicht, daß<lb/> die Macht eines Staats nicht nach seinem Umfang sich bestimmt, sondern nach<lb/> seiner wirklichen Einheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1581" next="#ID_1582"> Gegen den Anschluß jeuer Staaten an den preußische» Bund spricht folgen¬<lb/> des. Obi^e sie kann Norddeutschland sich leichter einige», denn durch sie kommt<lb/> ein den Norddeutschen ferner liegender Stamm, komme» dynastische Interesse» hin¬<lb/> ein, die immer ein fauler Fleck in dem neue» Bundesstaat bleiben werden. Die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0469]
dieselben zu zertrümmern. In beiden Fällen befriedigt die Existenz dieser Klein¬
staaten weder ihren eignen Bürger — denn sie können keine freie selbstständige
Politik verfolgen — noch können sie Preußen und Oestreich aus die Dauer dulden,
denn sie siud wildes Fleisch in ihrem Organismus.
Freilich wäre es möglich, daß einmal eine Revolution käme, die Oestreich,
Preußen, Baiern n. s. w. zertrümmerte, und eine allgemeine deutsche Republik
einführte. Aber abgesehn davon, daß eine so totale Revolution einen eben so ge¬
waltsamen, als in Beziehung auf den Ausgang zweifelhaften Charakter haben
müßte, gingen dadurch in jedem Fall diejenigen politischen Errungenschaften, welche
die Geschichte durch die Gründung der Großstaaten Oestreich und Preußen der
deutschen Natiouund der Cultur im Allgemeinen hat zu Theil werden lassen, zu Grunde.
Eine Rückkehr zu den alten Zuständen ist aber nicht möglich. Restauration
des alten Bundes hieße nichts anderes, als Neutralisation der deutschen Politik
durch Festhaltung von zwei entgegengesetzten Willenskräften, und vollständige Ab¬
hängigkeit der kleinen Staaten von dem Einfluß ihrer mächtigeren Bundesglieder.
Einem Bundestag, der in irgend einer Beziehung eiuen größern Einfluß ausüben
wollte, als derjenige, der dem alten factrsch zustand, kann weder Oestreich noch
Preußen sich unterwerfen; einen allgemeinen deutschen Reichstag, der mehr als
eine blos berathende Stimme in Anspruch nähme, kann weder Oestreich noch
Preußen anerkennen. Ein Bundestag, wie ihn Oestreich vorschlägt, d. h. ein
Bündniß der Fürsten gegen die Revolution unter den Auspickn Oestreichs und
Preußens, ist allerdings möglich, ist aber weiter minds, als Vertagung des Pro¬
blems , das doch einmal gelöst werden muß, auf eine unsichere Zukunft.
Die Scheidung Oestreichs vom deutschen Nvrdwestrcich muß mit der consti-
tutionellen Centralisation beider Staatsgebiete zusammenfallen. Ein Mittelreich
'se nicht möglich. Die schwerste Frage, aus die man bisher noch viel zu wenig
Aufmerksamkeit verwandt hat, ist die: wo ist die Grenzlinie beider Gebiete? Ge¬
hört Baiern (mit Ausschluß der Pfalz), Würtemberg und Baden zum südlichen
oder zum nördlichen? Daß nämlich diese drei Staaten in Ein Gebiet gehören,
ist außer Zweifel.
Bei der Erwägung dieser Frage darf der Ehrgeiz Oestreichs oder Preußens
nicht gehört werden. Preußen möchte gern jene Staaten unter seinen Einfluß
zieh»; ob es Oestreich seinerseits begehrt, wage ich kaum zu behaupten; auf keinen
Fall aber will's dieselben Preußen überlassen. Man vergesse es aber nicht, daß
die Macht eines Staats nicht nach seinem Umfang sich bestimmt, sondern nach
seiner wirklichen Einheit.
Gegen den Anschluß jeuer Staaten an den preußische» Bund spricht folgen¬
des. Obi^e sie kann Norddeutschland sich leichter einige», denn durch sie kommt
ein den Norddeutschen ferner liegender Stamm, komme» dynastische Interesse» hin¬
ein, die immer ein fauler Fleck in dem neue» Bundesstaat bleiben werden. Die
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