Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.und finster zog sich manches Auge zusammen, das vor einem Jahr schielend auf In dem Augenblick, wo der blutende Leib des Magyaren sich selbst den vier Die regierenden Generäle. Als im vorigen Jahre der Sturm der Revolution die festestgewnrzelten Staats¬ und finster zog sich manches Auge zusammen, das vor einem Jahr schielend auf In dem Augenblick, wo der blutende Leib des Magyaren sich selbst den vier Die regierenden Generäle. Als im vorigen Jahre der Sturm der Revolution die festestgewnrzelten Staats¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279406"/> <p xml:id="ID_1271" prev="#ID_1270"> und finster zog sich manches Auge zusammen, das vor einem Jahr schielend auf<lb/> Magyaren und Deutsche gesehen hatte. — Jetzt können die Kaiserlichen auch gegen<lb/> Agram marschiren. Indessen war die Stadt beleuchtet; aber die Reichs kröne<lb/> war nicht zu sehen. Warum? Das Stadtverordueteucollegium hatte in Hochweisen<lb/> Rathe den Beschluß gefaßt, dieses Projekt zu verwerfen: n>o nrimo: „Weil es<lb/> blos eine deutsche Rcichskrone gebe, welche der allgütige Schöpfer niemals über<lb/> Prag verhängen möge. ?i o secnnilo: Weil eine Darstellung der kaiserlichen Haus¬<lb/> krone (?) in Gas so viel als eine Huldigung der octroyirten Verfassung wäre.<lb/> ?lo dorein: Weil der ehrsame Senat sich nicht mit fremden Federn schmücken<lb/> wolle." —</p><lb/> <p xml:id="ID_1272"> In dem Augenblick, wo der blutende Leib des Magyaren sich selbst den vier<lb/> Adlerköpfen zum Zerhacken hinreckt, in demselben Augenblick macht unsere Stadt¬<lb/> behörde auf ihre Weise auch eine kleine Opposition gegen die mächtige Regierung,<lb/> eine recht gelehrte, mit czechischer Heraldik versetzte Opposition; nun, jedes Volk<lb/> hat so seine eigene Art, zu bäumen. Der Magyar macht Opposition, indem er<lb/> mit dem Säbel haut, bis ihm der Arm vom Leibe springt, in Böhmen macht<lb/> man Opposition, indem man aus Zärtlichkeit für Ottokar oder irgend einen andern<lb/> Phantasten aus uralter Zeit die loyalen Gasflammen anfeindet. — Czechien ist<lb/> noch manchmal unartig, meine Herren vom Ministerium, aber seine Unarten sind<lb/> die Launen eines verkümmerten Pedanten und nicht die Leidenschaften eines Krie¬<lb/> gers; sie werden noch manchmal lästig sein, aber sie sind nicht gefährlich.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die regierenden Generäle.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1273" next="#ID_1274"> Als im vorigen Jahre der Sturm der Revolution die festestgewnrzelten Staats¬<lb/> männer, sogar den Fürsten Metternich wegfegte, und die Regenten sich einer neuen<lb/> Ordnung der Dinge willfährig zeigten, suchte mau in allen Gauen und Winkeln<lb/> Deutschlands wie Oestreichs nach Männern, denen man die junge Saat anver¬<lb/> trauen könne. Das Volk kannte die Leute so wenig wie die Fürsten. Man griff<lb/> meist aufs Geradewohl hiuei», und oben war man zufrieden, wenn Stammbaum<lb/> oder Beamteucarrivre des Erlösten eine kleine Garantie gegen allzustarkes Ueber-<lb/> strömen der Demokratie darbot, und unten vertraute mau, wenn nur ein neuer<lb/> Name mit schönen Phrasen empfohlen wurde. Alle diese Männer des Revvlutious-<lb/> srühliugs fielen gelb und verdorrt ab, als die Sonne höher stieg, und mit dem<lb/> Altenweibersommer der Reaction spornen sich Fäden um ihren Ruf und ihren<lb/> Charakter, kalt bereift und sich überall cmnestelnd. Pillersdors, der befackelzugte,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
und finster zog sich manches Auge zusammen, das vor einem Jahr schielend auf
Magyaren und Deutsche gesehen hatte. — Jetzt können die Kaiserlichen auch gegen
Agram marschiren. Indessen war die Stadt beleuchtet; aber die Reichs kröne
war nicht zu sehen. Warum? Das Stadtverordueteucollegium hatte in Hochweisen
Rathe den Beschluß gefaßt, dieses Projekt zu verwerfen: n>o nrimo: „Weil es
blos eine deutsche Rcichskrone gebe, welche der allgütige Schöpfer niemals über
Prag verhängen möge. ?i o secnnilo: Weil eine Darstellung der kaiserlichen Haus¬
krone (?) in Gas so viel als eine Huldigung der octroyirten Verfassung wäre.
?lo dorein: Weil der ehrsame Senat sich nicht mit fremden Federn schmücken
wolle." —
In dem Augenblick, wo der blutende Leib des Magyaren sich selbst den vier
Adlerköpfen zum Zerhacken hinreckt, in demselben Augenblick macht unsere Stadt¬
behörde auf ihre Weise auch eine kleine Opposition gegen die mächtige Regierung,
eine recht gelehrte, mit czechischer Heraldik versetzte Opposition; nun, jedes Volk
hat so seine eigene Art, zu bäumen. Der Magyar macht Opposition, indem er
mit dem Säbel haut, bis ihm der Arm vom Leibe springt, in Böhmen macht
man Opposition, indem man aus Zärtlichkeit für Ottokar oder irgend einen andern
Phantasten aus uralter Zeit die loyalen Gasflammen anfeindet. — Czechien ist
noch manchmal unartig, meine Herren vom Ministerium, aber seine Unarten sind
die Launen eines verkümmerten Pedanten und nicht die Leidenschaften eines Krie¬
gers; sie werden noch manchmal lästig sein, aber sie sind nicht gefährlich.
Die regierenden Generäle.
Als im vorigen Jahre der Sturm der Revolution die festestgewnrzelten Staats¬
männer, sogar den Fürsten Metternich wegfegte, und die Regenten sich einer neuen
Ordnung der Dinge willfährig zeigten, suchte mau in allen Gauen und Winkeln
Deutschlands wie Oestreichs nach Männern, denen man die junge Saat anver¬
trauen könne. Das Volk kannte die Leute so wenig wie die Fürsten. Man griff
meist aufs Geradewohl hiuei», und oben war man zufrieden, wenn Stammbaum
oder Beamteucarrivre des Erlösten eine kleine Garantie gegen allzustarkes Ueber-
strömen der Demokratie darbot, und unten vertraute mau, wenn nur ein neuer
Name mit schönen Phrasen empfohlen wurde. Alle diese Männer des Revvlutious-
srühliugs fielen gelb und verdorrt ab, als die Sonne höher stieg, und mit dem
Altenweibersommer der Reaction spornen sich Fäden um ihren Ruf und ihren
Charakter, kalt bereift und sich überall cmnestelnd. Pillersdors, der befackelzugte,
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