Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Trotz aller dieser für die Gutsherrn scheinbar so günstigen Verhältnisse brach¬ Wie der Herr, so der Knecht! Von Kindheit auf an den Grundsatz gewöhnt, Der neue Landesherr war nicht müßig, dem mit dem Schwerte eroberten Auch der Landbau wurde nicht vergessen. Für den geld- und kreditarmen Trotz aller dieser für die Gutsherrn scheinbar so günstigen Verhältnisse brach¬ Wie der Herr, so der Knecht! Von Kindheit auf an den Grundsatz gewöhnt, Der neue Landesherr war nicht müßig, dem mit dem Schwerte eroberten Auch der Landbau wurde nicht vergessen. Für den geld- und kreditarmen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0370" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279396"/> <p xml:id="ID_1241"> Trotz aller dieser für die Gutsherrn scheinbar so günstigen Verhältnisse brach¬<lb/> ten die Güter doch nur geringe Erträge, wie ihre damaligen Preise zeigen, theils<lb/> weil man es liebte, einen Schwarm von Müssiggängern im herrschaftlichen Haus¬<lb/> halt zu füttern, theils weil der passive Widerstand, welchen der träge und un¬<lb/> willige Roboter dem Gebot des Vogts oder Amtmanns entgegensetzte, keine andre<lb/> als eine vernachlässigte, düngcrarme Schlendrianswirthschaft gestattete, deren ge¬<lb/> ringe Erträge, neben Saat-, Futter- und Brolkvrn, zum Verkauf in der Regel<lb/> wenig übrig ließen. Mit diesem Feldbau hielt natürlich die Viehzucht gleichen<lb/> Schritt, war die Erndte schlecht, so verhungerte die halbe Heerde, ja selbst wohl<lb/> ein Theil der Einwohnerschaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1242"> Wie der Herr, so der Knecht! Von Kindheit auf an den Grundsatz gewöhnt,<lb/> in der Hofarbeit so wenig als nur immer möglich zu leisten, verwendete der<lb/> Arbeiter auch die Zeit, welche er für die eigne Wirthschaft übrig hatte, sehr schlecht.<lb/> Der Bauer — so nannte man vorzugsweise den Gespann haltenden Landmann —<lb/> sah der Rvßrobvt wegen gewöhnlich sein Grundstück mit der doppelten Gespann¬<lb/> zahl belastet, was den kümmerlichen Ertrag aufzehrte; und wenn seine Felder<lb/> sich vor den mit ihnen vermengt liegenden, in der Regel etwas breiteren Strei¬<lb/> fen der Herrschaft in Etwas auszeichneten, so war es durch noch größere Ver¬<lb/> nachlässigung. Der Gärtner aber, der zu Handarbeit verpflichtete Landmann, lebte<lb/> von dem Ertrage seines Erndteanthcils und den statt des Lohnes empfangenen Na¬<lb/> turalien; fiel die Hütte, in welcher er wohnte, zusammen, so mußte der Grund¬<lb/> herr wohl eine andre, wenn auch eben so schlechte bauen, wollte er der Hühner<lb/> und Eier, der Bedürfnisse seines Haushaltes nicht verlustig gehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1243"> Der neue Landesherr war nicht müßig, dem mit dem Schwerte eroberten<lb/> Lande Gesetze und Einrichtungen zu geben, welche die Wunden des Kriegs wieder<lb/> heilen sollten. A» die Stelle der unter der verschiedensten Benennung erhobnen,<lb/> und trotz aller Nevcrsalien, daß hierunter die Privilegien der schlesischen Stände<lb/> nickt leiden sollten, stets erhöhten landesherrliche» Abgabe», war eine einfache und<lb/> nicht übermäßige Grundsteuer getreten. Zinn Wiederaufbau abgebrannter Städte<lb/> hatte der König bedeutende Summen hergegeben, und nach den staatswirthschaft-<lb/> lichen Begriffen jener Zeit suchte man gewerbliche Industrie im Lande ans jede<lb/> Weise zu befördern, schützte sie durch Eingangszölle und Ausfuhrverbote und be¬<lb/> günstigte den Handel, der vorzugsweise in der Hauptstadt, und in einigen Theilen<lb/> des Gebirges seinen Sitz aufgeschlagen hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1244" next="#ID_1245"> Auch der Landbau wurde nicht vergessen. Für den geld- und kreditarmen<lb/> Adel wurde unter dem Namen der schlesischen Landschaft eine Kreditassociation er¬<lb/> richtet, die in raschem Fluge die Hälfte des adeligen Grundbesitzes mobilisirte.<lb/> Gewiß war das Mittel vortrefflich, aber seine Anwendung eine verderbliche. Man<lb/> war damals noch nicht zu der Einsicht gelangt, daß der Kredit nur in intelligenten<lb/> und gewerbfleißigen Händen neue Werthe schafft, und diese Hände fehlten. Der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0370]
Trotz aller dieser für die Gutsherrn scheinbar so günstigen Verhältnisse brach¬
ten die Güter doch nur geringe Erträge, wie ihre damaligen Preise zeigen, theils
weil man es liebte, einen Schwarm von Müssiggängern im herrschaftlichen Haus¬
halt zu füttern, theils weil der passive Widerstand, welchen der träge und un¬
willige Roboter dem Gebot des Vogts oder Amtmanns entgegensetzte, keine andre
als eine vernachlässigte, düngcrarme Schlendrianswirthschaft gestattete, deren ge¬
ringe Erträge, neben Saat-, Futter- und Brolkvrn, zum Verkauf in der Regel
wenig übrig ließen. Mit diesem Feldbau hielt natürlich die Viehzucht gleichen
Schritt, war die Erndte schlecht, so verhungerte die halbe Heerde, ja selbst wohl
ein Theil der Einwohnerschaft.
Wie der Herr, so der Knecht! Von Kindheit auf an den Grundsatz gewöhnt,
in der Hofarbeit so wenig als nur immer möglich zu leisten, verwendete der
Arbeiter auch die Zeit, welche er für die eigne Wirthschaft übrig hatte, sehr schlecht.
Der Bauer — so nannte man vorzugsweise den Gespann haltenden Landmann —
sah der Rvßrobvt wegen gewöhnlich sein Grundstück mit der doppelten Gespann¬
zahl belastet, was den kümmerlichen Ertrag aufzehrte; und wenn seine Felder
sich vor den mit ihnen vermengt liegenden, in der Regel etwas breiteren Strei¬
fen der Herrschaft in Etwas auszeichneten, so war es durch noch größere Ver¬
nachlässigung. Der Gärtner aber, der zu Handarbeit verpflichtete Landmann, lebte
von dem Ertrage seines Erndteanthcils und den statt des Lohnes empfangenen Na¬
turalien; fiel die Hütte, in welcher er wohnte, zusammen, so mußte der Grund¬
herr wohl eine andre, wenn auch eben so schlechte bauen, wollte er der Hühner
und Eier, der Bedürfnisse seines Haushaltes nicht verlustig gehen.
Der neue Landesherr war nicht müßig, dem mit dem Schwerte eroberten
Lande Gesetze und Einrichtungen zu geben, welche die Wunden des Kriegs wieder
heilen sollten. A» die Stelle der unter der verschiedensten Benennung erhobnen,
und trotz aller Nevcrsalien, daß hierunter die Privilegien der schlesischen Stände
nickt leiden sollten, stets erhöhten landesherrliche» Abgabe», war eine einfache und
nicht übermäßige Grundsteuer getreten. Zinn Wiederaufbau abgebrannter Städte
hatte der König bedeutende Summen hergegeben, und nach den staatswirthschaft-
lichen Begriffen jener Zeit suchte man gewerbliche Industrie im Lande ans jede
Weise zu befördern, schützte sie durch Eingangszölle und Ausfuhrverbote und be¬
günstigte den Handel, der vorzugsweise in der Hauptstadt, und in einigen Theilen
des Gebirges seinen Sitz aufgeschlagen hatte.
Auch der Landbau wurde nicht vergessen. Für den geld- und kreditarmen
Adel wurde unter dem Namen der schlesischen Landschaft eine Kreditassociation er¬
richtet, die in raschem Fluge die Hälfte des adeligen Grundbesitzes mobilisirte.
Gewiß war das Mittel vortrefflich, aber seine Anwendung eine verderbliche. Man
war damals noch nicht zu der Einsicht gelangt, daß der Kredit nur in intelligenten
und gewerbfleißigen Händen neue Werthe schafft, und diese Hände fehlten. Der
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