Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.seinem Schloß. Umsonst sandte dieser einen reitenden Boten über den andern an Im vorigen Sommer war ein Bosnier Kerle im östreichischen Grenzland, er Jedenfalls ist die Erhebung in Bosnien wichtig nicht ihrer Ausdehnung we¬ Es ist jetzt ein Jahr, daß dieses Blatt auf die Wichtigkeit Bosniens für Oese- , seinem Schloß. Umsonst sandte dieser einen reitenden Boten über den andern an Im vorigen Sommer war ein Bosnier Kerle im östreichischen Grenzland, er Jedenfalls ist die Erhebung in Bosnien wichtig nicht ihrer Ausdehnung we¬ Es ist jetzt ein Jahr, daß dieses Blatt auf die Wichtigkeit Bosniens für Oese- , <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0298" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279324"/> <p xml:id="ID_962" prev="#ID_961"> seinem Schloß. Umsonst sandte dieser einen reitenden Boten über den andern an<lb/> den Vczir, umsonst befahl der Vezir dem Pascha von Sarajevo, unserem Freunde<lb/> Mnstapha Bahia Pascha ein Heer zu sammeln; es ist unmöglich in Bosnien selbst<lb/> ein Heer gegen den Aufstand zusammen zu trommeln, überall schlagen sich die<lb/> waffenfähigen Männer zu deu Empörern. Von Bihacz drohte Kerle nach Buzim<lb/> zu zieh», um sich an seinem Feind, dem Muteselim, welcher in jenem Bezirk die<lb/> Steuer gepachtet hat, zu rächen. — So weit reichen die Nachrichten, welche wir<lb/> bis jetzt aus deu südslavischen Zeitungen erhalten haben. Die türkischen Behörden<lb/> sind nickt im Staude, das Unwetter abzulenken, die Empörer haben sich von der<lb/> Pforte losgesagt, sie wollen keinem Andern unterstehn, als dem Ban von Croatien,<lb/> Jellachich, ihr Schloß Buzim ist ja das Stammschloß seiner Familie, und sie sind<lb/> seine Angehörigen, denn auch sie siud Croaten.</p><lb/> <p xml:id="ID_963"> Im vorigen Sommer war ein Bosnier Kerle im östreichischen Grenzland, er<lb/> wurde von seinem Pascha verfolgt und klagte bitter über das türkische Regiment.<lb/> Der war ein kleiner hagerer Mann mit gebeugter Halruug, grauen Augen und<lb/> spärlichem Bart, gewandt und einschmeichelnd in seinem Benehmen. Unter seinem<lb/> Fuchspelz schlotterten ihm die Glieder, er litt damals hart am Fieber. Er sah<lb/> aus wie ein Intriguant, man traute ihm nicht recht und hielt ihn sür einen rus¬<lb/> sischen Spion. Vielleicht ist es derselbe; — freilich ist der Name bei einem Bos¬<lb/> nier eine sehr unsichere Handhabe, um seine Person festzuhalten. ES heißen in<lb/> Bosnien viele Leute Kerle. —</p><lb/> <p xml:id="ID_964"> Jedenfalls ist die Erhebung in Bosnien wichtig nicht ihrer Ausdehnung we¬<lb/> gen, sondern wegen der Kräfte, durch welche sie gemacht wird. Es stehn hier<lb/> bei einer gemischten Bevölkerung Türken gegen Türken, Muhamedaner und Chri¬<lb/> sten als Brüder gegen die alten Eroberer ihres Landes. Wohl möglich, daß es<lb/> der Pforte gelingt diesen Aufstand ohne große Mühe zu dämpfen, dem ruhigen<lb/> Beobachter ist er doch das Symptom einer merkwürdigen Zersetzung des Volkes,<lb/> der Anfang einer Ablösung Bosniens von der Türkei.</p><lb/> <p xml:id="ID_965"> Es ist jetzt ein Jahr, daß dieses Blatt auf die Wichtigkeit Bosniens für Oese- ,<lb/> reich hinwies. Jetzt, ein Jahr später, kann man kaum noch fragen, ob der nächste<lb/> Herrscher dieses Landes der „Moskowitc", oder der „Schwabe" sein wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0298]
seinem Schloß. Umsonst sandte dieser einen reitenden Boten über den andern an
den Vczir, umsonst befahl der Vezir dem Pascha von Sarajevo, unserem Freunde
Mnstapha Bahia Pascha ein Heer zu sammeln; es ist unmöglich in Bosnien selbst
ein Heer gegen den Aufstand zusammen zu trommeln, überall schlagen sich die
waffenfähigen Männer zu deu Empörern. Von Bihacz drohte Kerle nach Buzim
zu zieh», um sich an seinem Feind, dem Muteselim, welcher in jenem Bezirk die
Steuer gepachtet hat, zu rächen. — So weit reichen die Nachrichten, welche wir
bis jetzt aus deu südslavischen Zeitungen erhalten haben. Die türkischen Behörden
sind nickt im Staude, das Unwetter abzulenken, die Empörer haben sich von der
Pforte losgesagt, sie wollen keinem Andern unterstehn, als dem Ban von Croatien,
Jellachich, ihr Schloß Buzim ist ja das Stammschloß seiner Familie, und sie sind
seine Angehörigen, denn auch sie siud Croaten.
Im vorigen Sommer war ein Bosnier Kerle im östreichischen Grenzland, er
wurde von seinem Pascha verfolgt und klagte bitter über das türkische Regiment.
Der war ein kleiner hagerer Mann mit gebeugter Halruug, grauen Augen und
spärlichem Bart, gewandt und einschmeichelnd in seinem Benehmen. Unter seinem
Fuchspelz schlotterten ihm die Glieder, er litt damals hart am Fieber. Er sah
aus wie ein Intriguant, man traute ihm nicht recht und hielt ihn sür einen rus¬
sischen Spion. Vielleicht ist es derselbe; — freilich ist der Name bei einem Bos¬
nier eine sehr unsichere Handhabe, um seine Person festzuhalten. ES heißen in
Bosnien viele Leute Kerle. —
Jedenfalls ist die Erhebung in Bosnien wichtig nicht ihrer Ausdehnung we¬
gen, sondern wegen der Kräfte, durch welche sie gemacht wird. Es stehn hier
bei einer gemischten Bevölkerung Türken gegen Türken, Muhamedaner und Chri¬
sten als Brüder gegen die alten Eroberer ihres Landes. Wohl möglich, daß es
der Pforte gelingt diesen Aufstand ohne große Mühe zu dämpfen, dem ruhigen
Beobachter ist er doch das Symptom einer merkwürdigen Zersetzung des Volkes,
der Anfang einer Ablösung Bosniens von der Türkei.
Es ist jetzt ein Jahr, daß dieses Blatt auf die Wichtigkeit Bosniens für Oese- ,
reich hinwies. Jetzt, ein Jahr später, kann man kaum noch fragen, ob der nächste
Herrscher dieses Landes der „Moskowitc", oder der „Schwabe" sein wird.
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