Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Ausführung so verkehrt, so verletzend und unpraktisch, daß es zum Verderben aus¬ Die Pascha'S von Bosnien waren nach Travnik gezogen zur Berathung mit Ein gewisser Kerle, aus Buzim, nach den Zeitungen selbst ein Muhamedaner, Grenzboten. in. z,g40. > Z8
Ausführung so verkehrt, so verletzend und unpraktisch, daß es zum Verderben aus¬ Die Pascha'S von Bosnien waren nach Travnik gezogen zur Berathung mit Ein gewisser Kerle, aus Buzim, nach den Zeitungen selbst ein Muhamedaner, Grenzboten. in. z,g40. > Z8
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Ausführung so verkehrt, so verletzend und unpraktisch, daß es zum Verderben aus¬
schlägt. Dies ist jetzt auch in Bosnien der Fall. »
Die Pascha'S von Bosnien waren nach Travnik gezogen zur Berathung mit
ihrem Meister, dem Statthalter, Vezir Tahir Pascha. Ein Fernau des Gro߬
herrn war gekommen, welcher gleiche Besteuerung der Türken mit der Naja forderte.
Die Knegörüstungeu der Pforte machen eine neue Auflage nothwendig und von
der Naja mehr zu nehmen war kaum möglich. Der ehrenwerthe Rath der Wür¬
denträger se^te demnach fest, daß fortan auch jeder Türke in Bosnien die Porese,
den zehnten Theil seines Bodenertrages, der Regierung abgeben solle, die Naja
außerdem für die Spahia den dritten Theil der Feldernte, von Heu und. Garten¬
gewächsen aber die Hälfte. >— Ungeheuer war die Entrüstung, welche dnrch solche
Gleichstellung mit den Christen unter den muhamedanischen Bosniern hervorgerufen
wurde. Am größten war sie in dem nordwestlichen Theil des Landes, jener Ecke,
welche Türkisch-Croatien heißt. Dort war die Verbindung mit der Grenze am leben¬
digsten, und Aufregung und Aufsässigkeit am häufigsten, dort ist auch ein zahlreicher
alter Adel den kroatischen Familien verwandt, das Schloß Bnzim gilt für das
Stammhaus des Jellachich'S. Als Pascha Biscevic von Bihacz dort den gro߬
herrlichen Fernau bekannt machte, baten ihn die türkischen Bosnier zuerst um
Aufschub, weil sie eine Abänderung dieser Maßregel von Constantinopel erbitten
wollten. Der Pascha aber befahl den Beamten, in den Capitanaten die Schätzung
der Einnahmen sämmtlicher Türken vorzunehmen. Da brach der Aufstand los.
Ein gewisser Kerle, aus Buzim, nach den Zeitungen selbst ein Muhamedaner,
aber im Hader mit dem Muteselim Arnautovic von Bnzim, der ihm voriges Jahr
sein Haus niederbrennen ließ, seinen Grund und sein Vieh wegnahm, rief zuerst
zur Empörung. Vor dem Schlosse Vranognicza versammelte er am 6. Juli, einem
Freitag, die Türken als sie aus dem Gotteshaus kamen, hielt ihnen eine Rede, erstieg
Mit ihnen die Mauern des Schlosses, steckte seine Fahne auf und löste die Kanonen.
Seine Boten flogen durch das Laud, forderten alle Türken auf, sich ihm anzu¬
schließen und drohten den Säumigen mit dein Niederbrennen ihrer Besitzung. Von
allen Ecken des Paschaliks erhob sich das Volk, die zahlreichen Schlösser der Land¬
schaft wurden die Mittelpunkte der Jnsurrection. Die unabhängigen muhamedani¬
schen Grundbesitzer traten in ihnen zusammen und beschworen mit einem Eide ge^
Meinsames Handeln. Die Christen wurden von Kerle als Brüder und Freunde
begrüßt und ihnen befohlen, sich ruhig zu verhalten, auch ihr hartes Loos solle
durch ihn gebessert werden; Jedem aber drohte er mit dem Tode, der das gute
Einvernehmen mit dem östreichischen Grenzcordon durch eine Gewaltthat stören
würde. Schnell wuchs sein Anhang, die Zeitungen melden von einem Haufen
von 10 bis 15 Tausend Maun, der ihm und zwei andern Anführern folgt. Un¬
aufhaltsam drangen die Empörer nach Bihacz vor und belagerten den Pascha in
Grenzboten. in. z,g40. > Z8
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