Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.kommen, für's Nichtborgen aber Leib und Leben verlieren können. Darum bit¬ "Wenn ein Fremder auf das Schloß eines Pascha oder Aga kömmt, so bietet dessen Was unser Kroäk erzählt, gilt nicht von dem ganzen Bosnien in gleichem Bosnien als ein politisches Ganze betrachtet, könnte uicht selbstständig sein, kommen, für's Nichtborgen aber Leib und Leben verlieren können. Darum bit¬ „Wenn ein Fremder auf das Schloß eines Pascha oder Aga kömmt, so bietet dessen Was unser Kroäk erzählt, gilt nicht von dem ganzen Bosnien in gleichem Bosnien als ein politisches Ganze betrachtet, könnte uicht selbstständig sein, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0292" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279318"/> <p xml:id="ID_945" prev="#ID_944"> kommen, für's Nichtborgen aber Leib und Leben verlieren können. Darum bit¬<lb/> ten diese auch gleich um Gnade, wenn sie der Pascha, der ihnen Geld schuldig<lb/> ist, eines Verbrechens beschuldigt, und versprechen auf der Stelle zu zahlen, was<lb/> der Pascha für gut findet. Als der Pascha von Sarajevo, während meines Auf¬<lb/> enthalts an seiner Hofstatt zum Kongreß nach Travnik ging, nahm er von den christ¬<lb/> lichen Kaufleuten^in Sarajevo 60 Beutel, von den Juden daselbst 3V auf diese<lb/> Weise, um auf der Fahrt uicht von seinem eigenen Gelde zehren zu müssen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_946"> „Wenn ein Fremder auf das Schloß eines Pascha oder Aga kömmt, so bietet dessen<lb/> Dienerschaft Alles auf, deu Herrn in aller Macht und allem Glänze zu zeigen. Die<lb/> Diener, welche Einen beim Pascha einführen, Pflegen zu sagen, indem sie auf ihn<lb/> und seinen Hofstaat zeigen: „Dieser ist unser Pascha (oder Aga), der kann uns<lb/> alle umbringen, so viel wir da sind. Auch Fremdlinge kann er umbringen lassen,<lb/> wenn er will, er hat das Recht dazu." Der Pascha oder Aga schüttelt aber alle¬<lb/> mal unter wohlwollendem Lächeln das Haupt und spricht: „Ach nein! nein! Fürch¬<lb/> tet Euch nicht, das werde ich nicht thun! Ich vergreife mich niemals an ehrbaren<lb/> Leuten." Die Diener fahren fort, die Macht ihres Herrn zu preisen: „Alles,<lb/> was wir haben, gehört ihm, er kann uns Alles nehmen, er kann uns schlagen<lb/> und einsperren lassen, wie er will." Der Pascha schüttelt abermals selbstgefällig<lb/> das Haupt, streichelt im Bewußtsein seiner Herrlichkeit seinen langen Bart mit<lb/> der flachen Hand und beruhigt: Ach nein! nein! Fürchtet Euch uicht, das werde<lb/> ich nickt thun! Bei meinem Glauben! ich werde es uicht thun."</p><lb/> <p xml:id="ID_947"> Was unser Kroäk erzählt, gilt nicht von dem ganzen Bosnien in gleichem<lb/> Grade, wohl aber von der Mitte des Laudes und dem größten Theile. In der<lb/> Herzegowina neben Montenegro und diesseit der Unna an der östreichischen Grenze<lb/> ist der Blick des Volkes etwas freier, die Stellung der Naja günstiger.</p><lb/> <p xml:id="ID_948" next="#ID_949"> Bosnien als ein politisches Ganze betrachtet, könnte uicht selbstständig sein,<lb/> aber es fehlt ihm nur wenig Terrain, um der Lage nach eines der glücklichsten<lb/> Länder zu werden. Der schmale Streif des östreichischen Dalmatiens ist das geo¬<lb/> graphische und politische Vorland von Bosnien. Selbst in dem gegenwärtigen<lb/> kläglichen Zustand producirt Bosnien mehr an Brotfrüchten, Obst und Nutzvieh,<lb/> als es braucht, und schon jetzt findet ein starker Viehhandel von der Herzegowina<lb/> durch die Bergschluchten nach der unfruchtbaren Seeküste statt. Man berechnet<lb/> in Dalmatien die jährliche Zahlung für Vieh nach Bosnien auf mehr als 300,000<lb/> Gulden. Dieser Export ist immer noch ein Beweis für die Ueppigkeit eines Lan¬<lb/> des, mit dessen productiver Kraft schändlich umgegangen wird. Die politische<lb/> Organisation ist ungefähr folgende: Die Pforte ernennt ihren Statthalter, den<lb/> Vezir, welcher zu Travnik regiert; unter ihm stehn die Pascha's, Gouverneure<lb/> der einzelnen Distrikte, einer zu Sarajevo, einer zu Bihacz, einer zu Gra-<lb/> dasacz, zu Trebigue :c. Jedes Paschalik ist in Capitanate eingetheilt, unter dem<lb/> Pascha stehn die Ber/s oder Beg's als Beamte. Der Vezir, wie die Pascha ha-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0292]
kommen, für's Nichtborgen aber Leib und Leben verlieren können. Darum bit¬
ten diese auch gleich um Gnade, wenn sie der Pascha, der ihnen Geld schuldig
ist, eines Verbrechens beschuldigt, und versprechen auf der Stelle zu zahlen, was
der Pascha für gut findet. Als der Pascha von Sarajevo, während meines Auf¬
enthalts an seiner Hofstatt zum Kongreß nach Travnik ging, nahm er von den christ¬
lichen Kaufleuten^in Sarajevo 60 Beutel, von den Juden daselbst 3V auf diese
Weise, um auf der Fahrt uicht von seinem eigenen Gelde zehren zu müssen. —
„Wenn ein Fremder auf das Schloß eines Pascha oder Aga kömmt, so bietet dessen
Dienerschaft Alles auf, deu Herrn in aller Macht und allem Glänze zu zeigen. Die
Diener, welche Einen beim Pascha einführen, Pflegen zu sagen, indem sie auf ihn
und seinen Hofstaat zeigen: „Dieser ist unser Pascha (oder Aga), der kann uns
alle umbringen, so viel wir da sind. Auch Fremdlinge kann er umbringen lassen,
wenn er will, er hat das Recht dazu." Der Pascha oder Aga schüttelt aber alle¬
mal unter wohlwollendem Lächeln das Haupt und spricht: „Ach nein! nein! Fürch¬
tet Euch nicht, das werde ich nicht thun! Ich vergreife mich niemals an ehrbaren
Leuten." Die Diener fahren fort, die Macht ihres Herrn zu preisen: „Alles,
was wir haben, gehört ihm, er kann uns Alles nehmen, er kann uns schlagen
und einsperren lassen, wie er will." Der Pascha schüttelt abermals selbstgefällig
das Haupt, streichelt im Bewußtsein seiner Herrlichkeit seinen langen Bart mit
der flachen Hand und beruhigt: Ach nein! nein! Fürchtet Euch uicht, das werde
ich nickt thun! Bei meinem Glauben! ich werde es uicht thun."
Was unser Kroäk erzählt, gilt nicht von dem ganzen Bosnien in gleichem
Grade, wohl aber von der Mitte des Laudes und dem größten Theile. In der
Herzegowina neben Montenegro und diesseit der Unna an der östreichischen Grenze
ist der Blick des Volkes etwas freier, die Stellung der Naja günstiger.
Bosnien als ein politisches Ganze betrachtet, könnte uicht selbstständig sein,
aber es fehlt ihm nur wenig Terrain, um der Lage nach eines der glücklichsten
Länder zu werden. Der schmale Streif des östreichischen Dalmatiens ist das geo¬
graphische und politische Vorland von Bosnien. Selbst in dem gegenwärtigen
kläglichen Zustand producirt Bosnien mehr an Brotfrüchten, Obst und Nutzvieh,
als es braucht, und schon jetzt findet ein starker Viehhandel von der Herzegowina
durch die Bergschluchten nach der unfruchtbaren Seeküste statt. Man berechnet
in Dalmatien die jährliche Zahlung für Vieh nach Bosnien auf mehr als 300,000
Gulden. Dieser Export ist immer noch ein Beweis für die Ueppigkeit eines Lan¬
des, mit dessen productiver Kraft schändlich umgegangen wird. Die politische
Organisation ist ungefähr folgende: Die Pforte ernennt ihren Statthalter, den
Vezir, welcher zu Travnik regiert; unter ihm stehn die Pascha's, Gouverneure
der einzelnen Distrikte, einer zu Sarajevo, einer zu Bihacz, einer zu Gra-
dasacz, zu Trebigue :c. Jedes Paschalik ist in Capitanate eingetheilt, unter dem
Pascha stehn die Ber/s oder Beg's als Beamte. Der Vezir, wie die Pascha ha-
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