Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.genommen, wie die Majorität zu Frankfurt a. M. die Ueberzeugung von der lind trotz dem allen wurde in Kremsier die Vereinigung angebahnt. Sie Deutschland möge es uus verzeihe", wenn wir uns in dieser Beziehung irren, genommen, wie die Majorität zu Frankfurt a. M. die Ueberzeugung von der lind trotz dem allen wurde in Kremsier die Vereinigung angebahnt. Sie Deutschland möge es uus verzeihe», wenn wir uns in dieser Beziehung irren, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0198" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279224"/> <p xml:id="ID_623" prev="#ID_622"> genommen, wie die Majorität zu Frankfurt a. M. die Ueberzeugung von der<lb/> Möglichkeit eines einigen Deutschlands. Die Nothwendigkeit einer deutschen Eini¬<lb/> gung ist aber eine innere, bastrt im Gefühlsleben der deutschen Volker, das<lb/> Zusammenhalten Oestreichs dagegen ist lediglich eine äußere Nothwendigkeit.<lb/> Für Deutschland kämpft das Volk, gegen Oestreich jeder seiner Stämme. Für<lb/> Deutschland wirken seine besten Männer, dagegen steht jede hervorragende Persön¬<lb/> lichkeit in Oestreich auf dem Standpunkte der Revolution gegen dieses zu eini¬<lb/> gende Oestreich. Wollen Sie diese wichtigen Momente nie vergesse».</p><lb/> <p xml:id="ID_624"> lind trotz dem allen wurde in Kremsier die Vereinigung angebahnt. Sie<lb/> wäre erreichbar gewesen, für gewisse Zeit wenigstens erreichbar, wenn der Ent¬<lb/> wurf des Reichstags zur Geltung gekommen wäre. Der Krieg in Ungarn hätte<lb/> dem energischen Zusammenwirken aller Provinzen nickt widerstehn können. Er<lb/> hätte seine Lösung ohne russische Hilfe gefunden. Dann, aber auch nur dann<lb/> hätten wir dafür gestimmt, uns selbst durch die Bluthvchzeit des Bürgerkrieges<lb/> mit Ungarn aus's Neue zu vermählen. Dann, aber auch nur dann hätte das<lb/> Gesammtöstrcich seine politische Mission dem Osten Europas gegenüber weiter ver¬<lb/> folgen können. Dieser Ueberzeugung hätte sick unser Gefühl für das formelle Recht<lb/> der Magyaren, unsere Sympathien für ihre Ritterlichkeit und Tapferkeit beugen<lb/> müssen. Aber am 4. März 1849 hat sich die Krone vom Volke losgesagt, indem<lb/> sie seinen Vertretern die Thüre wies. Seit diesem Momente hat das Hans Habs¬<lb/> burg und das Ministerium Schwarzenberg die Rolle einer strafenden Gottheit über¬<lb/> nommen. Alle Plagen, welche der alte Gott der Bibel über die Egypter ausge¬<lb/> schüttet, hat diese Ordvnanzregierung gegen die Volker Oestreichs heraufbeschworen.<lb/> Die Flüsse haben sie in Blut verwandelt vom Prnth bis zum Po, die Schlangen<lb/> der Inquisition und das Raubthier des Völtcrkrieges und der Heuschreckeuschwarm<lb/> des Papiergeldes und die Ungeziefer der Russen und die Geistesfiusteruiß von ehe¬<lb/> mals wurden dekretirt, contrasignirt und publizirt, und noch immer wird der Erst¬<lb/> geborne wie der Jüngstgebvrne hinausgeführt zur Schlachtbank. Zuletzt wird die<lb/> yalbocrkohlte Brandstätte an Rußland verkauft.--Deutschland will diese Schätze<lb/> der Barbarei wieder entreißen? Deutschland will dem ersterbenden Oestreich wieder<lb/> neue Lebenskraft einhauchen? — Ihr überschätzt eure Kraft. Die Ketten konntet<lb/> ihr brechen, aber es wird noch lange dauern, bis ihr das Spinn enge webe<lb/> der alten Kcrkerstuben von euern Kleidern abstreift. Von dieser Seite wenigstens<lb/> geben wir Oestreicher uus keiner Täuschung mehr hin. Das zerfallene, zerbröckelte<lb/> Oestreich wird noch immer mehr Lebenskraft entwickeln, als das durch allerhöchsten<lb/> Kitt zusammengeschweißte Deutschland. —</p><lb/> <p xml:id="ID_625" next="#ID_626"> Deutschland möge es uus verzeihe», wenn wir uns in dieser Beziehung irren,<lb/> vor allem aber muß es uus durch die That widerlegen. Sei» activer Widerstand<lb/> gegen die Regierungen konnte uns — weil vereinzelt und mit schmutzigen Elementen<lb/> vermischt — keine Achtung abgewinnen. Der passive Widerstand der Demokratie,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0198]
genommen, wie die Majorität zu Frankfurt a. M. die Ueberzeugung von der
Möglichkeit eines einigen Deutschlands. Die Nothwendigkeit einer deutschen Eini¬
gung ist aber eine innere, bastrt im Gefühlsleben der deutschen Volker, das
Zusammenhalten Oestreichs dagegen ist lediglich eine äußere Nothwendigkeit.
Für Deutschland kämpft das Volk, gegen Oestreich jeder seiner Stämme. Für
Deutschland wirken seine besten Männer, dagegen steht jede hervorragende Persön¬
lichkeit in Oestreich auf dem Standpunkte der Revolution gegen dieses zu eini¬
gende Oestreich. Wollen Sie diese wichtigen Momente nie vergesse».
lind trotz dem allen wurde in Kremsier die Vereinigung angebahnt. Sie
wäre erreichbar gewesen, für gewisse Zeit wenigstens erreichbar, wenn der Ent¬
wurf des Reichstags zur Geltung gekommen wäre. Der Krieg in Ungarn hätte
dem energischen Zusammenwirken aller Provinzen nickt widerstehn können. Er
hätte seine Lösung ohne russische Hilfe gefunden. Dann, aber auch nur dann
hätten wir dafür gestimmt, uns selbst durch die Bluthvchzeit des Bürgerkrieges
mit Ungarn aus's Neue zu vermählen. Dann, aber auch nur dann hätte das
Gesammtöstrcich seine politische Mission dem Osten Europas gegenüber weiter ver¬
folgen können. Dieser Ueberzeugung hätte sick unser Gefühl für das formelle Recht
der Magyaren, unsere Sympathien für ihre Ritterlichkeit und Tapferkeit beugen
müssen. Aber am 4. März 1849 hat sich die Krone vom Volke losgesagt, indem
sie seinen Vertretern die Thüre wies. Seit diesem Momente hat das Hans Habs¬
burg und das Ministerium Schwarzenberg die Rolle einer strafenden Gottheit über¬
nommen. Alle Plagen, welche der alte Gott der Bibel über die Egypter ausge¬
schüttet, hat diese Ordvnanzregierung gegen die Volker Oestreichs heraufbeschworen.
Die Flüsse haben sie in Blut verwandelt vom Prnth bis zum Po, die Schlangen
der Inquisition und das Raubthier des Völtcrkrieges und der Heuschreckeuschwarm
des Papiergeldes und die Ungeziefer der Russen und die Geistesfiusteruiß von ehe¬
mals wurden dekretirt, contrasignirt und publizirt, und noch immer wird der Erst¬
geborne wie der Jüngstgebvrne hinausgeführt zur Schlachtbank. Zuletzt wird die
yalbocrkohlte Brandstätte an Rußland verkauft.--Deutschland will diese Schätze
der Barbarei wieder entreißen? Deutschland will dem ersterbenden Oestreich wieder
neue Lebenskraft einhauchen? — Ihr überschätzt eure Kraft. Die Ketten konntet
ihr brechen, aber es wird noch lange dauern, bis ihr das Spinn enge webe
der alten Kcrkerstuben von euern Kleidern abstreift. Von dieser Seite wenigstens
geben wir Oestreicher uus keiner Täuschung mehr hin. Das zerfallene, zerbröckelte
Oestreich wird noch immer mehr Lebenskraft entwickeln, als das durch allerhöchsten
Kitt zusammengeschweißte Deutschland. —
Deutschland möge es uus verzeihe», wenn wir uns in dieser Beziehung irren,
vor allem aber muß es uus durch die That widerlegen. Sei» activer Widerstand
gegen die Regierungen konnte uns — weil vereinzelt und mit schmutzigen Elementen
vermischt — keine Achtung abgewinnen. Der passive Widerstand der Demokratie,
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