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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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noch weiter zu verwirren; erst den 16. April traten 30 Abgeordnete ans und den 28.,
folgte der Rest unter Schmerlings Führung, begleitet von den Flüchen ihrer frü¬
hern Verbündeten auf der Linken.

Die Deputation, welche dem neugewählten Oberhaupt die Kaiserkrone über¬
bringen sollte, kam den 3. April in Berlin an. Die preußischen Kammern waren,
mit Ausnahme der äußersten Rechten und der äußersten Linken, entschieden für
das Eingehn Preußens auf den Frankfurter Plan, doch waren sie durch andere
Parteifragen zu sehr getheilt, als daß eine bedeutende Majorität sich für diese
oder jene Form der Erklärung gebildet hätte. Die Adresse der zweiten Kammer
wurde nur mit einer Majorität von 4 Stimmen angenommen. -- Die Antwort
des Königs war unbestimmt, keinenfalls erhielt sie eine unbedingte Annahme der
Kaiserwürde sammt der Verfassung, und nur von einer solchen konnte nach der
Erklärung der Deputation die Rede sein. -- Dagegen erließ die Negierung (3. April)
eine Circulardepesche an die deutschen Staaten, worin dieselben zur weiteren Be¬
gutachtung des von der Nationalversammlung vorgelegten Entwurfs aufgefor¬
dert wurden. Ueberdies erklärte sich der König bereit, die provisorische Central-
gewalt zu übernehmen, wenn sie ihm angetragen würde. -- Preußen machte mit die¬
sen Vorschlägen kein Glück. Von Seiten Oestreichs wurde (5. April) an deu Ge-
sandten in Berlin, Ritter v. Prokesch-Osten eine Note abgehend:t, die auch dieser
Wendung der Dinge wenig Gedeihen verhieß, und die 28 Regierungen, welche
bisher zu Preuße" gehalten, erklärten (14. April) ihre unbedingte Annahme der
Reichsverfassung. Ueberdies erhob sich jetzt ein heftiger Kampf für die Verfassung
von Seiten ihrer bisherigen Gegner, der radikalen Kammern; so wurde sie von
den sächsischen Kammern für rechtsgiltig erklärt (Antrag Reyscher, 11. April), in
Stuttgart (Antrag Heubner, 13. April) mit 5!" : 14 Se.; endlich (21. April) auch
in der zweiten preußischen Kammer nach dem Antrag von Nodbertus mit 175 :149
Se. Die Kammern von Baiern und Hannover konnten sich nicht aussprechen, weil
sie vertagt waren. Die Nationalversammlung hielt sich gemäßigt; mit Beseitigung
der radikalen Vorschläge nahm sie (11. April) mit 27<> : 15!" Se. den Antrag
Kiernlss'S an, die Centralgewalt bis auf Weiteres dem König von Preußen, so¬
bald derselbe die Verfassung anerkannt haben würde, offen zu halten. Die bis¬
herige Rechte suchte sich nun der Linken zu nähern; der zweite Vicepräsident,
Eisenstück, wurde (13. April) aus dieser Seite des Hauses gewönne". -- Der
König von Würtemberg erklärte, die Verfassung annehmen zu wollen, aber nicht
die Hegemonie Preußens; das Ministerium Römer im Verein mit der Kammer
nöthigte ihn dnrch moralischen Zwang zur unbedingten Anerkennung (24. April).
Dagegen notificirte Baiern (23. April) seine definitive Ablehnung, und ziemlich
gleichzeitig wurden in Preußen (27. April), in Hannover (25. April) und in Sachsen
30. April) die Kammern aufgelöst, während eben die Nationalversammlung (An¬
trag Schubert, 2l>. April) die Regierungen bürgert aufforderte, der gesetzlichen


noch weiter zu verwirren; erst den 16. April traten 30 Abgeordnete ans und den 28.,
folgte der Rest unter Schmerlings Führung, begleitet von den Flüchen ihrer frü¬
hern Verbündeten auf der Linken.

Die Deputation, welche dem neugewählten Oberhaupt die Kaiserkrone über¬
bringen sollte, kam den 3. April in Berlin an. Die preußischen Kammern waren,
mit Ausnahme der äußersten Rechten und der äußersten Linken, entschieden für
das Eingehn Preußens auf den Frankfurter Plan, doch waren sie durch andere
Parteifragen zu sehr getheilt, als daß eine bedeutende Majorität sich für diese
oder jene Form der Erklärung gebildet hätte. Die Adresse der zweiten Kammer
wurde nur mit einer Majorität von 4 Stimmen angenommen. — Die Antwort
des Königs war unbestimmt, keinenfalls erhielt sie eine unbedingte Annahme der
Kaiserwürde sammt der Verfassung, und nur von einer solchen konnte nach der
Erklärung der Deputation die Rede sein. — Dagegen erließ die Negierung (3. April)
eine Circulardepesche an die deutschen Staaten, worin dieselben zur weiteren Be¬
gutachtung des von der Nationalversammlung vorgelegten Entwurfs aufgefor¬
dert wurden. Ueberdies erklärte sich der König bereit, die provisorische Central-
gewalt zu übernehmen, wenn sie ihm angetragen würde. — Preußen machte mit die¬
sen Vorschlägen kein Glück. Von Seiten Oestreichs wurde (5. April) an deu Ge-
sandten in Berlin, Ritter v. Prokesch-Osten eine Note abgehend:t, die auch dieser
Wendung der Dinge wenig Gedeihen verhieß, und die 28 Regierungen, welche
bisher zu Preuße» gehalten, erklärten (14. April) ihre unbedingte Annahme der
Reichsverfassung. Ueberdies erhob sich jetzt ein heftiger Kampf für die Verfassung
von Seiten ihrer bisherigen Gegner, der radikalen Kammern; so wurde sie von
den sächsischen Kammern für rechtsgiltig erklärt (Antrag Reyscher, 11. April), in
Stuttgart (Antrag Heubner, 13. April) mit 5!» : 14 Se.; endlich (21. April) auch
in der zweiten preußischen Kammer nach dem Antrag von Nodbertus mit 175 :149
Se. Die Kammern von Baiern und Hannover konnten sich nicht aussprechen, weil
sie vertagt waren. Die Nationalversammlung hielt sich gemäßigt; mit Beseitigung
der radikalen Vorschläge nahm sie (11. April) mit 27<> : 15!» Se. den Antrag
Kiernlss'S an, die Centralgewalt bis auf Weiteres dem König von Preußen, so¬
bald derselbe die Verfassung anerkannt haben würde, offen zu halten. Die bis¬
herige Rechte suchte sich nun der Linken zu nähern; der zweite Vicepräsident,
Eisenstück, wurde (13. April) aus dieser Seite des Hauses gewönne». — Der
König von Würtemberg erklärte, die Verfassung annehmen zu wollen, aber nicht
die Hegemonie Preußens; das Ministerium Römer im Verein mit der Kammer
nöthigte ihn dnrch moralischen Zwang zur unbedingten Anerkennung (24. April).
Dagegen notificirte Baiern (23. April) seine definitive Ablehnung, und ziemlich
gleichzeitig wurden in Preußen (27. April), in Hannover (25. April) und in Sachsen
30. April) die Kammern aufgelöst, während eben die Nationalversammlung (An¬
trag Schubert, 2l>. April) die Regierungen bürgert aufforderte, der gesetzlichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/14>, abgerufen am 05.02.2025.