Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Stimme ihrer Volksvertreter Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Die Neichs- Unter diesen Umständen faßte die Nationalversammlung, indem sie über jene Stimme ihrer Volksvertreter Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Die Neichs- Unter diesen Umständen faßte die Nationalversammlung, indem sie über jene <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279041"/> <p xml:id="ID_23" prev="#ID_22"> Stimme ihrer Volksvertreter Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Die Neichs-<lb/> commissäre, die nach Berlin, Dresden, München und Hannover abgeschickt wurden<lb/> (27. April), richteten natürlich Nichts ans. Preußen lehnte definitiv ab (28. April)<lb/> und berief einen Fürstencongreß nach Berlin zum Entwurf einer neuen Verfassung.</p><lb/> <p xml:id="ID_24" next="#ID_25"> Unter diesen Umständen faßte die Nationalversammlung, indem sie über jene<lb/> Kammeranflvsungcu ihre Mißbilligung aussprachen, den Beschluß, das Präsidium<lb/> zu ermächtigen, sie an jeden beliebigen Ort wieder einzuberufen (28. April); zu¬<lb/> gleich setzte sie die Zahl der zur Beschlußfähigkeit nothwendigen Mitglieder auf<lb/> 15N herab. In Sachsen gab das Ministerium Held, das auf Annahme der Ver¬<lb/> fassung von Seiten des Königs gerechnet hatte, seine Entlassung, als es sich darin<lb/> getäuscht sah (2. Mai). Das war das Signal zum Aufstand, der (ü. Mai) in,<lb/> Dresden ausbrach, die Flucht des Königs und die Bildung einer provisorischen<lb/> Negierung veranlaßte, und sich über die meisten Städte Sachsens verbreitete,<lb/> überall aber lediglich von der radikalen Partei geleitet wurde. Deu ü. Mai<lb/> rückten, von der sächsischen Regierung erbeten, preußische Truppen in Dresden<lb/> ein, den !>. Mai war die Stadt von den Insurgenten gesäubert und der Belage¬<lb/> rungszustand mit seinen übrigen Segnungen begann. Auch in der Pfalz begann<lb/> der Aufstand „zur Durchführung der Reichsverfassung" mit einer Volköversamm^<lb/> trug zu Kaiserslautern (ü. Mai) und der Einsetzung eines Landesvertheidignngö-<lb/> ansschnsses; der dorthin gesandte Reichscommissar Eisenstück stellte sich offen an<lb/> die Spitze desselben (7. Mai), und wurde deshalb zurückberufen (I I. Mai). Ueber-<lb/> haupt hielt sich die Nationalversammlung noch immer auf dem Boden des Gesetzes;<lb/> der Antrag Vogt's, einen Aufruf an das Volk zu erlassen, wurde mit 1^8 : 258,<lb/> der Antrag Simon's, das gesammte Heer auf die Verfassung vereidigen zu lassen,<lb/> mit : 244 Se. abgelehnt. Dagegen wurde (4. Mai) beschlossen, daß die<lb/> Wahlen für das Volkshauö deu 15. Juli stattfinden, und daß der erste Reichstag<lb/> den 15. August zusammentreten solle. Von denjenigen Fürsten, welche die Verfas¬<lb/> sung anerkannt haben würden, sollte der mächtigste die provisorische Centralgewalt<lb/> führen, die definitive aber sollte dem König von Preußen vorbehalten bleiben.<lb/> Zugleich protestirte das Ncichsministerium gegen eine Einmischung Preußens in<lb/> die innern Angelegenheiten von Sachsen ohne Vollmacht von Seiten des Reichs.<lb/> Selbst noch den 7. Mai, als die Reihen der Rechten sich schon bedeutend lichte¬<lb/> ten, wurde der Antrag Wesendvnk's auf sofortige Vereidigung der Truppe» durch<lb/> motivirte Tagesordnung mit 209:140 Se. beseitigt. Aber die Zeit des „Reichs"<lb/> war dennoch abgelaufen. Gagern legte ein Programm vor, auf welche Weise die<lb/> Centralgewalt sich bei der Durchführung der Verfassung zu betheiligen habe; der<lb/> Neichsvenveser versagte seine Zustimmung und nahm die darauf erbetene Entlassung<lb/> des gesammten Ministeriums an (l«>. Mai), trotz der lebhaftesten Vorstellungen von<lb/> Seiten der Nationalversammlung, welche zugleich aus deu Antrag Reden's mit<lb/> 188 : 147 Se. beschlossen hatte, energische Maßregeln gegen den von Preußen in</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
Stimme ihrer Volksvertreter Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Die Neichs-
commissäre, die nach Berlin, Dresden, München und Hannover abgeschickt wurden
(27. April), richteten natürlich Nichts ans. Preußen lehnte definitiv ab (28. April)
und berief einen Fürstencongreß nach Berlin zum Entwurf einer neuen Verfassung.
Unter diesen Umständen faßte die Nationalversammlung, indem sie über jene
Kammeranflvsungcu ihre Mißbilligung aussprachen, den Beschluß, das Präsidium
zu ermächtigen, sie an jeden beliebigen Ort wieder einzuberufen (28. April); zu¬
gleich setzte sie die Zahl der zur Beschlußfähigkeit nothwendigen Mitglieder auf
15N herab. In Sachsen gab das Ministerium Held, das auf Annahme der Ver¬
fassung von Seiten des Königs gerechnet hatte, seine Entlassung, als es sich darin
getäuscht sah (2. Mai). Das war das Signal zum Aufstand, der (ü. Mai) in,
Dresden ausbrach, die Flucht des Königs und die Bildung einer provisorischen
Negierung veranlaßte, und sich über die meisten Städte Sachsens verbreitete,
überall aber lediglich von der radikalen Partei geleitet wurde. Deu ü. Mai
rückten, von der sächsischen Regierung erbeten, preußische Truppen in Dresden
ein, den !>. Mai war die Stadt von den Insurgenten gesäubert und der Belage¬
rungszustand mit seinen übrigen Segnungen begann. Auch in der Pfalz begann
der Aufstand „zur Durchführung der Reichsverfassung" mit einer Volköversamm^
trug zu Kaiserslautern (ü. Mai) und der Einsetzung eines Landesvertheidignngö-
ansschnsses; der dorthin gesandte Reichscommissar Eisenstück stellte sich offen an
die Spitze desselben (7. Mai), und wurde deshalb zurückberufen (I I. Mai). Ueber-
haupt hielt sich die Nationalversammlung noch immer auf dem Boden des Gesetzes;
der Antrag Vogt's, einen Aufruf an das Volk zu erlassen, wurde mit 1^8 : 258,
der Antrag Simon's, das gesammte Heer auf die Verfassung vereidigen zu lassen,
mit : 244 Se. abgelehnt. Dagegen wurde (4. Mai) beschlossen, daß die
Wahlen für das Volkshauö deu 15. Juli stattfinden, und daß der erste Reichstag
den 15. August zusammentreten solle. Von denjenigen Fürsten, welche die Verfas¬
sung anerkannt haben würden, sollte der mächtigste die provisorische Centralgewalt
führen, die definitive aber sollte dem König von Preußen vorbehalten bleiben.
Zugleich protestirte das Ncichsministerium gegen eine Einmischung Preußens in
die innern Angelegenheiten von Sachsen ohne Vollmacht von Seiten des Reichs.
Selbst noch den 7. Mai, als die Reihen der Rechten sich schon bedeutend lichte¬
ten, wurde der Antrag Wesendvnk's auf sofortige Vereidigung der Truppe» durch
motivirte Tagesordnung mit 209:140 Se. beseitigt. Aber die Zeit des „Reichs"
war dennoch abgelaufen. Gagern legte ein Programm vor, auf welche Weise die
Centralgewalt sich bei der Durchführung der Verfassung zu betheiligen habe; der
Neichsvenveser versagte seine Zustimmung und nahm die darauf erbetene Entlassung
des gesammten Ministeriums an (l«>. Mai), trotz der lebhaftesten Vorstellungen von
Seiten der Nationalversammlung, welche zugleich aus deu Antrag Reden's mit
188 : 147 Se. beschlossen hatte, energische Maßregeln gegen den von Preußen in
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