Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.stand machte, um dem pfälzischen zu Hilfe zu kommen. Es ist freilich wahr, daß Endlich sucht man noch den deutschen Charakter des Aufstandes durch die Wir würden diese Empfindlichkeit begreifen, wenn Penker, Wrangel und an¬ Oder will man vielleicht insinnircn, daß diese Fremden wohl gar Werkzeuge stand machte, um dem pfälzischen zu Hilfe zu kommen. Es ist freilich wahr, daß Endlich sucht man noch den deutschen Charakter des Aufstandes durch die Wir würden diese Empfindlichkeit begreifen, wenn Penker, Wrangel und an¬ Oder will man vielleicht insinnircn, daß diese Fremden wohl gar Werkzeuge <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0133" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279159"/> <p xml:id="ID_414" prev="#ID_413"> stand machte, um dem pfälzischen zu Hilfe zu kommen. Es ist freilich wahr, daß<lb/> die badische Negierung gestürzt wurde, noch ehe eine Anforderung zur Hilfeleistung<lb/> in der Pfalz an sie ergangen war und also uoch bevor sie sich rennend zeigen<lb/> konnte; allein dies spricht nur insofern gegen die Rechtmäßigkeit des Aufstandes,<lb/> als es beweist, daß man zu den Waffen gegriffen, noch ehe man das friedliche<lb/> Mittel versuchte. Aber da die Erfolglosigkeit einer solchen Aufforderung, wenn<lb/> sie auch später von der Regentschaft ergangen wäre, (von der alten Centralgewalt<lb/> war sie ohnehin gar nicht zu erwarten) voraus zu sehen war, so beweist es durch¬<lb/> aus nicht, daß der letzte Zweck des Aufstandes ein anderer als die wirkliche Durch¬<lb/> führung der Reichsverfassung war.</p><lb/> <p xml:id="ID_415"> Endlich sucht man noch den deutschen Charakter des Aufstandes durch die<lb/> Hinweisung auf die vielen fremden Zuzügler und die fremden Offiziere im<lb/> Jnsurgentenheere zu verdächtigen. Seitdem Bakunin auf den Dresdener Bar¬<lb/> rikaden gestanden, und Meroslawski deu Oberbefehl in Baden übernommen,<lb/> hat mau dieses Thema bis zum Ekel wiederholt, und in jedem Zeitungsberichte<lb/> aus Baden oder ans der Pfalz figuriren als Effcktstücke die Franzosen, Italie¬<lb/> er, Ungarn und wer weiß was noch für Fremde unter den Freischaaren. Ja<lb/> selbst die Zuzügler aus dem Elsaß und der deutschen Schweiz sind schon hin¬<lb/> reichend, der Bewegung den Makel der Antinativnalität aufzudrücken. Und es<lb/> wundert uns nnr, wie man zu dem Ende nicht anch schon den etwas wälsch klin¬<lb/> genden Namen des Herrn Brentano ausgebeutet, der ebenfalls keine sechzehn deutsche<lb/> freischaarenfähige Ahnen ausweisen könnte. Wenn aber erst vollends eines polni¬<lb/> schen Offiziers im Jnsurgentenheere erwähnt wird, steigert sich die patriotische Ent¬<lb/> rüstung auf den höchsten Grad und macht sich in bittern Sarkasmen Luft über<lb/> die Polen, die für die deutsche Verfassung kämpfen, die deutschfreundlichen Ski's,<lb/> die deutschen Freiheitskämpfer, die nicht deutsch sprechen n. tgi. in.</p><lb/> <p xml:id="ID_416"> Wir würden diese Empfindlichkeit begreifen, wenn Penker, Wrangel und an¬<lb/> dere deutsche Offiziere der provisorischen Regierung ihre Dienste angeboten, und<lb/> diese die Polen vorgezogen hätte. Allein solches ist unsers Wissens nicht ge¬<lb/> schehen. Vielmehr haben sich die meisten frühern badischen Offiziere außer Lan¬<lb/> des geflüchtet. Mau mag dies für eiuen sehr lobenswerthen Akt der Treue gegen<lb/> den Großherzog ansehen; aber jedenfalls sind im Heere dadurch Lücken entstanden,<lb/> welche die provisorische Regierung so schnell als möglich auszufüllen suchen mußte.<lb/> Und wer kann es ihr verargen, wenn sie zu dem Zwecke nach den Männern griff,<lb/> bei denen sie die nöthigen militärischen Kenntnisse voraussetzen konnte, und wenn<lb/> es auch Polen waren.</p><lb/> <p xml:id="ID_417" next="#ID_418"> Oder will man vielleicht insinnircn, daß diese Fremden wohl gar Werkzeuge<lb/> ihrer respektiven Regierungen seien, welche absichtlich den Aufstand begünstigen,<lb/> um sich ans diese Weise eine Partei in Deutschland zu schassen? So wüßten wir<lb/> wahrlich uicht, welche Negierung eigentlich ein solcher Verdacht treffen könnte. Etwa</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0133]
stand machte, um dem pfälzischen zu Hilfe zu kommen. Es ist freilich wahr, daß
die badische Negierung gestürzt wurde, noch ehe eine Anforderung zur Hilfeleistung
in der Pfalz an sie ergangen war und also uoch bevor sie sich rennend zeigen
konnte; allein dies spricht nur insofern gegen die Rechtmäßigkeit des Aufstandes,
als es beweist, daß man zu den Waffen gegriffen, noch ehe man das friedliche
Mittel versuchte. Aber da die Erfolglosigkeit einer solchen Aufforderung, wenn
sie auch später von der Regentschaft ergangen wäre, (von der alten Centralgewalt
war sie ohnehin gar nicht zu erwarten) voraus zu sehen war, so beweist es durch¬
aus nicht, daß der letzte Zweck des Aufstandes ein anderer als die wirkliche Durch¬
führung der Reichsverfassung war.
Endlich sucht man noch den deutschen Charakter des Aufstandes durch die
Hinweisung auf die vielen fremden Zuzügler und die fremden Offiziere im
Jnsurgentenheere zu verdächtigen. Seitdem Bakunin auf den Dresdener Bar¬
rikaden gestanden, und Meroslawski deu Oberbefehl in Baden übernommen,
hat mau dieses Thema bis zum Ekel wiederholt, und in jedem Zeitungsberichte
aus Baden oder ans der Pfalz figuriren als Effcktstücke die Franzosen, Italie¬
er, Ungarn und wer weiß was noch für Fremde unter den Freischaaren. Ja
selbst die Zuzügler aus dem Elsaß und der deutschen Schweiz sind schon hin¬
reichend, der Bewegung den Makel der Antinativnalität aufzudrücken. Und es
wundert uns nnr, wie man zu dem Ende nicht anch schon den etwas wälsch klin¬
genden Namen des Herrn Brentano ausgebeutet, der ebenfalls keine sechzehn deutsche
freischaarenfähige Ahnen ausweisen könnte. Wenn aber erst vollends eines polni¬
schen Offiziers im Jnsurgentenheere erwähnt wird, steigert sich die patriotische Ent¬
rüstung auf den höchsten Grad und macht sich in bittern Sarkasmen Luft über
die Polen, die für die deutsche Verfassung kämpfen, die deutschfreundlichen Ski's,
die deutschen Freiheitskämpfer, die nicht deutsch sprechen n. tgi. in.
Wir würden diese Empfindlichkeit begreifen, wenn Penker, Wrangel und an¬
dere deutsche Offiziere der provisorischen Regierung ihre Dienste angeboten, und
diese die Polen vorgezogen hätte. Allein solches ist unsers Wissens nicht ge¬
schehen. Vielmehr haben sich die meisten frühern badischen Offiziere außer Lan¬
des geflüchtet. Mau mag dies für eiuen sehr lobenswerthen Akt der Treue gegen
den Großherzog ansehen; aber jedenfalls sind im Heere dadurch Lücken entstanden,
welche die provisorische Regierung so schnell als möglich auszufüllen suchen mußte.
Und wer kann es ihr verargen, wenn sie zu dem Zwecke nach den Männern griff,
bei denen sie die nöthigen militärischen Kenntnisse voraussetzen konnte, und wenn
es auch Polen waren.
Oder will man vielleicht insinnircn, daß diese Fremden wohl gar Werkzeuge
ihrer respektiven Regierungen seien, welche absichtlich den Aufstand begünstigen,
um sich ans diese Weise eine Partei in Deutschland zu schassen? So wüßten wir
wahrlich uicht, welche Negierung eigentlich ein solcher Verdacht treffen könnte. Etwa
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