Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.eine starke conservative Partei kämpfen zu können. Und daß der nächste Kampf, Kleine Porträts. I. Franz Raveaux. Kein bedeutender Charakter, aber ein Typus, in welchem sich die Eigenthüm¬ Ich sah ihn im Fünfziger-Ausschuß. Eine stattliche, etwas hagere Figur, Raveaux war vielleicht der populärste Charakter in Köln. Wo nnr immer der eine starke conservative Partei kämpfen zu können. Und daß der nächste Kampf, Kleine Porträts. I. Franz Raveaux. Kein bedeutender Charakter, aber ein Typus, in welchem sich die Eigenthüm¬ Ich sah ihn im Fünfziger-Ausschuß. Eine stattliche, etwas hagere Figur, Raveaux war vielleicht der populärste Charakter in Köln. Wo nnr immer der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0112" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279138"/> <p xml:id="ID_351" prev="#ID_350"> eine starke conservative Partei kämpfen zu können. Und daß der nächste Kampf,<lb/> den der vernünftige Liberalismus in Preußen durchzumachen haben wird, nickt<lb/> mehr gegen die Demokraten, sondern gegen die streng conservative Partei der<lb/> Staatsgenossen durchzufechten sein wird, auch dafür kann man hinter den Zeilen<lb/> dieses Actenstücks den Beweis finden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Kleine Porträts.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> I. Franz Raveaux.</head><lb/> <p xml:id="ID_352"> Kein bedeutender Charakter, aber ein Typus, in welchem sich die Eigenthüm¬<lb/> lichkeit unserer Bewegung, diese Mischung von Gemüthlichkeit und idealistischer<lb/> Abstraction, so deutlich wie in wenig andern ausgeprägt hat. Ein warmes Ge¬<lb/> müth, eine aufrichtige Ueberzeugung und zugleich eine grenzenlose Unbestimmtheit<lb/> in dem, was zu fordern, was zu thun sei. Was er wünschte, war ihm allmäch¬<lb/> tiges Gebot; und darum erschien ihm, was sich zwischen ihn und den Inhalt seiner<lb/> Ideale stellte, in keiner andern Bedeutung, als der negativen eines verrätherischen,<lb/> bösen Willens.</p><lb/> <p xml:id="ID_353"> Ich sah ihn im Fünfziger-Ausschuß. Eine stattliche, etwas hagere Figur,<lb/> männlich anziehender Ausdruck und einnehmendes Wesen; dunkles Haar auf<lb/> blassem, etwas leidendem Gesicht, bewegte und klagende Stimme, in der Hal¬<lb/> tung ein chevaleresker Anstrich. Seine Sprache immer leidenschaftlich, aber ohne<lb/> eigentlichen Schwung. Mich verdroß bei ihm, wie bei den übrigen Preußen, die<lb/> in Frankfurt zurückgeblieben waren, diese Abneigung gegen ihr engeres Vaterland,<lb/> namentlich wenn ich sie mit dem entschiede» und laut ausgesprochenen Patnotis-<lb/> mns der Oestreicher verglich. Mau ging so weit, diesen den Hof zu machen, denn<lb/> sie hatten den Vorzug, antipreußisch zu sein. Nur trat bei Raveaux diese Anti¬<lb/> pathie nicht so gehässig hervor, als bei den Uebrigen, z. B. Heinrich Simon und<lb/> Jacoby, es war kein eigentlicher Haß; Preußen war ihm ungemüthlich, und darum<lb/> mochte er eS nicht leiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_354" next="#ID_355"> Raveaux war vielleicht der populärste Charakter in Köln. Wo nnr immer der<lb/> Rheinländer productiv war, ging er voran, von den Narrenfcstcn des Gürzenich bis zum<lb/> Dombau hinauf. Im Besitz eines reichlichen Vermögens, theilte er doch nicht den<lb/> Übeln Ruf der Bourgeoisie bei den entschiedenen Fvrlschrittömäuueru, denn er ge¬<lb/> hörte keinem bestimmten Staude, keinem bestimmten Geschäft an, und liebte es,<lb/> sich Privatmann zu nennen. Der Rentier, wenn er zu leben weiß, steht dem „Volk"</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0112]
eine starke conservative Partei kämpfen zu können. Und daß der nächste Kampf,
den der vernünftige Liberalismus in Preußen durchzumachen haben wird, nickt
mehr gegen die Demokraten, sondern gegen die streng conservative Partei der
Staatsgenossen durchzufechten sein wird, auch dafür kann man hinter den Zeilen
dieses Actenstücks den Beweis finden.
Kleine Porträts.
I. Franz Raveaux.
Kein bedeutender Charakter, aber ein Typus, in welchem sich die Eigenthüm¬
lichkeit unserer Bewegung, diese Mischung von Gemüthlichkeit und idealistischer
Abstraction, so deutlich wie in wenig andern ausgeprägt hat. Ein warmes Ge¬
müth, eine aufrichtige Ueberzeugung und zugleich eine grenzenlose Unbestimmtheit
in dem, was zu fordern, was zu thun sei. Was er wünschte, war ihm allmäch¬
tiges Gebot; und darum erschien ihm, was sich zwischen ihn und den Inhalt seiner
Ideale stellte, in keiner andern Bedeutung, als der negativen eines verrätherischen,
bösen Willens.
Ich sah ihn im Fünfziger-Ausschuß. Eine stattliche, etwas hagere Figur,
männlich anziehender Ausdruck und einnehmendes Wesen; dunkles Haar auf
blassem, etwas leidendem Gesicht, bewegte und klagende Stimme, in der Hal¬
tung ein chevaleresker Anstrich. Seine Sprache immer leidenschaftlich, aber ohne
eigentlichen Schwung. Mich verdroß bei ihm, wie bei den übrigen Preußen, die
in Frankfurt zurückgeblieben waren, diese Abneigung gegen ihr engeres Vaterland,
namentlich wenn ich sie mit dem entschiede» und laut ausgesprochenen Patnotis-
mns der Oestreicher verglich. Mau ging so weit, diesen den Hof zu machen, denn
sie hatten den Vorzug, antipreußisch zu sein. Nur trat bei Raveaux diese Anti¬
pathie nicht so gehässig hervor, als bei den Uebrigen, z. B. Heinrich Simon und
Jacoby, es war kein eigentlicher Haß; Preußen war ihm ungemüthlich, und darum
mochte er eS nicht leiden.
Raveaux war vielleicht der populärste Charakter in Köln. Wo nnr immer der
Rheinländer productiv war, ging er voran, von den Narrenfcstcn des Gürzenich bis zum
Dombau hinauf. Im Besitz eines reichlichen Vermögens, theilte er doch nicht den
Übeln Ruf der Bourgeoisie bei den entschiedenen Fvrlschrittömäuueru, denn er ge¬
hörte keinem bestimmten Staude, keinem bestimmten Geschäft an, und liebte es,
sich Privatmann zu nennen. Der Rentier, wenn er zu leben weiß, steht dem „Volk"
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