Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.drängt wird, desto geringer ist sein Recht, die Prärogative dieser starken und Wir können nicht wünschen, daß Rußland durch Vernichtung der ungarischen Fällt der Magyar, so häuft sich auf dem Haupt der Deutschen die unge¬ Die Redaktion. drängt wird, desto geringer ist sein Recht, die Prärogative dieser starken und Wir können nicht wünschen, daß Rußland durch Vernichtung der ungarischen Fällt der Magyar, so häuft sich auf dem Haupt der Deutschen die unge¬ Die Redaktion. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279012"/> <p xml:id="ID_1651" prev="#ID_1650"> drängt wird, desto geringer ist sein Recht, die Prärogative dieser starken und<lb/> heißblütigen Nation zu vernichten und dieselbe mit den übrigen Stämmen Oest¬<lb/> reichs in ein gleiches Joch zu spannen. Aber eine Republik Ungarn ist zwischen<lb/> Russen, Türken, Kroaten und — Deutschen gegenwärtig ein Unding, die<lb/> politische Verbindung mit Oestreich darf, so lange Rußland lebt, auch nicht auf<lb/> die kürzeste Periode unterbrochen werden, wenn nicht Deutschöstreich und Deutsch¬<lb/> land anch ihre Südgrenze mit russischen Schlagbäumen besetzt sehn wollen. Und<lb/> vorläufig ist die Dynastie Habsburg noch das Band, durch welches das erzürnte<lb/> Ungarn an Deutschland gehalten wird; die Sympathien und Interessen des östreichi¬<lb/> schen Volkes haben noch lange nicht die männliche Stärke erlangt, um frei das<lb/> freie Ungarn mit sich zu verbinden und an sich festhalten zu können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1652"> Wir können nicht wünschen, daß Rußland durch Vernichtung der ungarischen<lb/> Kraft sich für seine Staatsgrundsätze neues Terrain und durch die Sympathien<lb/> der Nuthenen und südlichen Slaven eine neue Herrschaft gründe; wir dürfen auch<lb/> nicht wünschen, daß der Kaiserstaat durch ungarische Siege in Trümmer geworfen<lb/> werde, denn sein Erbe würde Nußland sei». Wäre uoch die Möglichkeit eines<lb/> billigen Vertrages unter den kämpfenden Parteien, so könnte man alle Sehnsucht,<lb/> alle Wünsche darauf richten, aber leider ist ein solcher unmöglich geworden. .Die<lb/> Vernichtung des liberalen Magyarenthums, oder der Tod des Kaiserstaats wird<lb/> die Folge dieser ungeheuren Operationen sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1653"> Fällt der Magyar, so häuft sich auf dem Haupt der Deutschen die unge¬<lb/> heure Pflicht, den Streit mit dem absoluten Osten allein auszukämpfen, es bleibt<lb/> aber dem Deutschöstreicher die Aussicht, dem zerschlagenen Leib Ungarns neues<lb/> Leben einzuhauchen; siegt der Magyar, so fällt der Kaiserstaat durch Bankerott.<lb/> Nicht nur der Thron der Habsburger, auch das Leben der östreichischen Völker<lb/> wird tödtlich getroffen, wenn sein geschäftliches Verkehrsmittel, welches alle Kultur<lb/> trägt und hält, den Werth verliert. Wenn die Banknoten Oestreichs in der<lb/> That so tief sinken, als sie nach dem kaufmännischen Verhältnisse der Bank schon<lb/> jetzt gesunken sein müßten, so hören die Völker Oestreichs auf zu existiren, und was<lb/> ans der schauervollen Auflösung aller menschlichen Verhältnisse herauswächst in die<lb/> Zukunft, wird sehr traurig und schrecklich sein. Und deshalb haben wir Deutsche,<lb/> welche wir keine Oestreicher sind, gegen unseren Vortheil, gegen die<lb/> Sympathie unseres Herzens, trotz dem tiefen Groll, den wir gegen das Regi¬<lb/> ment und die Principien der Habsburger hegen, ja trotz alledem haben wir die<lb/> Verpflichtung, den östreichischen Waffen Erfolg zu wünschen. Wie mau auch diese<lb/> Ueberzeugung aufnehmen mag, eigennützig soll man sie nicht schelten</p><lb/> <note type="byline"> Die Redaktion.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0502]
drängt wird, desto geringer ist sein Recht, die Prärogative dieser starken und
heißblütigen Nation zu vernichten und dieselbe mit den übrigen Stämmen Oest¬
reichs in ein gleiches Joch zu spannen. Aber eine Republik Ungarn ist zwischen
Russen, Türken, Kroaten und — Deutschen gegenwärtig ein Unding, die
politische Verbindung mit Oestreich darf, so lange Rußland lebt, auch nicht auf
die kürzeste Periode unterbrochen werden, wenn nicht Deutschöstreich und Deutsch¬
land anch ihre Südgrenze mit russischen Schlagbäumen besetzt sehn wollen. Und
vorläufig ist die Dynastie Habsburg noch das Band, durch welches das erzürnte
Ungarn an Deutschland gehalten wird; die Sympathien und Interessen des östreichi¬
schen Volkes haben noch lange nicht die männliche Stärke erlangt, um frei das
freie Ungarn mit sich zu verbinden und an sich festhalten zu können.
Wir können nicht wünschen, daß Rußland durch Vernichtung der ungarischen
Kraft sich für seine Staatsgrundsätze neues Terrain und durch die Sympathien
der Nuthenen und südlichen Slaven eine neue Herrschaft gründe; wir dürfen auch
nicht wünschen, daß der Kaiserstaat durch ungarische Siege in Trümmer geworfen
werde, denn sein Erbe würde Nußland sei». Wäre uoch die Möglichkeit eines
billigen Vertrages unter den kämpfenden Parteien, so könnte man alle Sehnsucht,
alle Wünsche darauf richten, aber leider ist ein solcher unmöglich geworden. .Die
Vernichtung des liberalen Magyarenthums, oder der Tod des Kaiserstaats wird
die Folge dieser ungeheuren Operationen sein.
Fällt der Magyar, so häuft sich auf dem Haupt der Deutschen die unge¬
heure Pflicht, den Streit mit dem absoluten Osten allein auszukämpfen, es bleibt
aber dem Deutschöstreicher die Aussicht, dem zerschlagenen Leib Ungarns neues
Leben einzuhauchen; siegt der Magyar, so fällt der Kaiserstaat durch Bankerott.
Nicht nur der Thron der Habsburger, auch das Leben der östreichischen Völker
wird tödtlich getroffen, wenn sein geschäftliches Verkehrsmittel, welches alle Kultur
trägt und hält, den Werth verliert. Wenn die Banknoten Oestreichs in der
That so tief sinken, als sie nach dem kaufmännischen Verhältnisse der Bank schon
jetzt gesunken sein müßten, so hören die Völker Oestreichs auf zu existiren, und was
ans der schauervollen Auflösung aller menschlichen Verhältnisse herauswächst in die
Zukunft, wird sehr traurig und schrecklich sein. Und deshalb haben wir Deutsche,
welche wir keine Oestreicher sind, gegen unseren Vortheil, gegen die
Sympathie unseres Herzens, trotz dem tiefen Groll, den wir gegen das Regi¬
ment und die Principien der Habsburger hegen, ja trotz alledem haben wir die
Verpflichtung, den östreichischen Waffen Erfolg zu wünschen. Wie mau auch diese
Ueberzeugung aufnehmen mag, eigennützig soll man sie nicht schelten
Die Redaktion.
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