Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Werthe nach zu schätzen, aber er kannte auch den Werth seiner Leute. Nachdem "Wo ist der Offizier? Wer commentirt euch Brüder?" Ein alter Wachtmeister ritt vor mit silberweißem Haar. Die Offiziere waren "Bruder Husar," redete ihn der junge General an, "du siehst dort den Berg Der Wachtmeister salutirt und wendet sich zu seinen Leuten. Er zeigt ihnen, Kaum hat er geendet, so wird das erste Zeichen zum Augriff gegeben -- Der alle Wachtmeister und die Hälfte seiner Leute sind gefallen. -- So kämpfen ungarische Husaren. Es gibt keine Waffengattung im Werthe nach zu schätzen, aber er kannte auch den Werth seiner Leute. Nachdem „Wo ist der Offizier? Wer commentirt euch Brüder?" Ein alter Wachtmeister ritt vor mit silberweißem Haar. Die Offiziere waren „Bruder Husar," redete ihn der junge General an, „du siehst dort den Berg Der Wachtmeister salutirt und wendet sich zu seinen Leuten. Er zeigt ihnen, Kaum hat er geendet, so wird das erste Zeichen zum Augriff gegeben — Der alle Wachtmeister und die Hälfte seiner Leute sind gefallen. — So kämpfen ungarische Husaren. Es gibt keine Waffengattung im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279006"/> <p xml:id="ID_1626" prev="#ID_1625"> Werthe nach zu schätzen, aber er kannte auch den Werth seiner Leute. Nachdem<lb/> er alle Dispositionen zur Schlacht getroffen, ritt er zu einer Abtheilung Husaren,<lb/> die seitwärts in Reih und Glied aufgestellt waren, und das Zeichen zum Angriff<lb/> erwarteten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1627"> „Wo ist der Offizier? Wer commentirt euch Brüder?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1628"> Ein alter Wachtmeister ritt vor mit silberweißem Haar. Die Offiziere waren<lb/> sämmtlich bei Kapolna gefallen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1629"> „Bruder Husar," redete ihn der junge General an, „du siehst dort den Berg<lb/> mit den Bäumen, du siehst auch die Reihen der Oestreicher und das Blinken ih¬<lb/> rer Bajonnette und ihre plumpen Reiter und ihre Kanonen, die auf uns gerichtet<lb/> sind und bald Feuer speie» werdeu. Dieser Hügel, siehst du, muß von euch<lb/> genommen werdeu. Es werden Viele von euch fallen, vielleicht die Hälfte, viel¬<lb/> leicht die Meisten, vielleicht auch Alle, aber ihr seid bestimmt, das Vaterland zu<lb/> rette», ihr werdet das eurige thun und Gott steh' euch bei."</p><lb/> <p xml:id="ID_1630"> Der Wachtmeister salutirt und wendet sich zu seinen Leuten. Er zeigt ihnen,<lb/> was ihm der General gezeigt hat, er widerholt ihnen dessen Worte. Dann wendet er<lb/> den Blick zum Himmel und spricht laut und vernehmlich: „Dich aber, ungari¬<lb/> scher Gott, will ich heute nur um Eines bitten. Hilf' uns nicht bei unsrem<lb/> Unternehmen, aber — (und er droht dem Himmel mit der Hand), hilf auch den<lb/> Oestreichern nicht. Dort in jenem Gehölz laß' dich nieder (und er weist dem<lb/> Herrgott seine Position an bei Seite), dort bleibst du und siehst zu, und — ich<lb/> versprech' dirs heilig, du wirst deine Freude haben, wie deine Husaren arbeiten<lb/> werde»."</p><lb/> <p xml:id="ID_1631"> Kaum hat er geendet, so wird das erste Zeichen zum Augriff gegeben —<lb/> die Husaren setzen sich im Sattel zurecht; zweiter Ruf — die Säbel fahren aus<lb/> der Scheide; zum dritten Mal — da sprengt der Hause vor im wilden Car¬<lb/> riere, Roß und Reiter liegen gedehnt auf dem Boden, die Kanonen donnern, die<lb/> Büchsen knallen, die Schwerter blitzen, Staub und Pulverdcnnps umnebeln das<lb/> Auge, aber mitten durchs Höllenfeuer stürmt die tolle Schaar den Berg hinan,<lb/> jagt die Reiter und die Jäger und die Kanoniere in die Flucht. Die Kanonen<lb/> schweige», sie siud in ihre» Händen, der Tag ist entschieden. Kossuth, der die<lb/> Schlacht selbst mitgemacht, drückt Görgey an seine Brust und ruft begeistert:<lb/> „Jetzt ist Ungarn gerettet, denn wir haben ein Heer, mit dem sich die Oestreicher<lb/> nicht messen können."</p><lb/> <p xml:id="ID_1632"> Der alle Wachtmeister und die Hälfte seiner Leute sind gefallen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1633" next="#ID_1634"> So kämpfen ungarische Husaren. Es gibt keine Waffengattung im<lb/> östreichischen Heere, die sich mit ihnen messen kann, sei's in Neiterkühnheit und<lb/> Gewandheit, in Präcision des Manövers, in fere»ger Subordination, Sauberkeit<lb/> und Verläßlichkeit. Es gibt aber auch keinen Offizier im östreichischen Heere, der<lb/> den Vorzug dieser Truppe nicht ohne Widerrede anerkennt, und wer einmal be'</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
Werthe nach zu schätzen, aber er kannte auch den Werth seiner Leute. Nachdem
er alle Dispositionen zur Schlacht getroffen, ritt er zu einer Abtheilung Husaren,
die seitwärts in Reih und Glied aufgestellt waren, und das Zeichen zum Angriff
erwarteten.
„Wo ist der Offizier? Wer commentirt euch Brüder?"
Ein alter Wachtmeister ritt vor mit silberweißem Haar. Die Offiziere waren
sämmtlich bei Kapolna gefallen.
„Bruder Husar," redete ihn der junge General an, „du siehst dort den Berg
mit den Bäumen, du siehst auch die Reihen der Oestreicher und das Blinken ih¬
rer Bajonnette und ihre plumpen Reiter und ihre Kanonen, die auf uns gerichtet
sind und bald Feuer speie» werdeu. Dieser Hügel, siehst du, muß von euch
genommen werdeu. Es werden Viele von euch fallen, vielleicht die Hälfte, viel¬
leicht die Meisten, vielleicht auch Alle, aber ihr seid bestimmt, das Vaterland zu
rette», ihr werdet das eurige thun und Gott steh' euch bei."
Der Wachtmeister salutirt und wendet sich zu seinen Leuten. Er zeigt ihnen,
was ihm der General gezeigt hat, er widerholt ihnen dessen Worte. Dann wendet er
den Blick zum Himmel und spricht laut und vernehmlich: „Dich aber, ungari¬
scher Gott, will ich heute nur um Eines bitten. Hilf' uns nicht bei unsrem
Unternehmen, aber — (und er droht dem Himmel mit der Hand), hilf auch den
Oestreichern nicht. Dort in jenem Gehölz laß' dich nieder (und er weist dem
Herrgott seine Position an bei Seite), dort bleibst du und siehst zu, und — ich
versprech' dirs heilig, du wirst deine Freude haben, wie deine Husaren arbeiten
werde»."
Kaum hat er geendet, so wird das erste Zeichen zum Augriff gegeben —
die Husaren setzen sich im Sattel zurecht; zweiter Ruf — die Säbel fahren aus
der Scheide; zum dritten Mal — da sprengt der Hause vor im wilden Car¬
riere, Roß und Reiter liegen gedehnt auf dem Boden, die Kanonen donnern, die
Büchsen knallen, die Schwerter blitzen, Staub und Pulverdcnnps umnebeln das
Auge, aber mitten durchs Höllenfeuer stürmt die tolle Schaar den Berg hinan,
jagt die Reiter und die Jäger und die Kanoniere in die Flucht. Die Kanonen
schweige», sie siud in ihre» Händen, der Tag ist entschieden. Kossuth, der die
Schlacht selbst mitgemacht, drückt Görgey an seine Brust und ruft begeistert:
„Jetzt ist Ungarn gerettet, denn wir haben ein Heer, mit dem sich die Oestreicher
nicht messen können."
Der alle Wachtmeister und die Hälfte seiner Leute sind gefallen. —
So kämpfen ungarische Husaren. Es gibt keine Waffengattung im
östreichischen Heere, die sich mit ihnen messen kann, sei's in Neiterkühnheit und
Gewandheit, in Präcision des Manövers, in fere»ger Subordination, Sauberkeit
und Verläßlichkeit. Es gibt aber auch keinen Offizier im östreichischen Heere, der
den Vorzug dieser Truppe nicht ohne Widerrede anerkennt, und wer einmal be'
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |