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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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den Husaren gedient hat, wird sich bei andern Regimentern nie recht herrisch
fühlen.

Auch andere Länder haben diese Waffengattung in ihren Heeren eingeführt,
aber es sind eben nur preußische, französische, russische Reiter mit ungarischen
Schunrröckeu. Es fehlt der Geist, das Pferd und -- der Magyar Isten. Darum
erkennt sie der ungarische Husar auch uicht als Brüder an, und wenn er mit ih¬
nen im Kampfe zusammenkam, begegnete er ihnen meist mit einer verächtlichen
Nonchalance. So erzählt man sich, daß in den französischen Kriegen das Bivouac
preußischer und ungarischer Husaren einmal hart an einander zu liegen kam. Ein
Preuße kam herüber und wollte "mit dem ungarischen Bruder gemüthlich anstoßen."
Der aber strich sich den Schnurrbart, wies das Glas barsch zurück und sagte:

"Was Bruder? -- Nix Bruder. -- Ich Husar - du Hauswurscht'.

Man nehme diesen Ausdruck nicht als Prahlerei. Der Husar ist kein Fan-
farvu wie ein französischer Chasseur, aber er lebt im Bewußtsein seiner Tüchtigkeit
wie ein Grenadier von der alten Kaisergarde. Ihm sind der Dolmany, der
CsM, und die Csitzmen") an den Leib gewachsen, es ist das Feiertagscostume des
Magyaren auch außer Dienst, es ist die Nationaltracht ius Militärische übersetzt,
und weil er weiß, daß dies bei andern Völkern nicht der Fall ist, gilt ihm die
Hnsarcntracht bei Nichtnngarn so viel wie Comödientand, wie Bedientenlivr", und
der Mann hat logisch gar nicht Unrecht.

Der Husar ist von Natur gutmüthig, wie der Magyare im Allgemeine".
Der pünktlichste Mann im Dienst ist er zugleich der lustigste Bruder in der Schenke,
der seinen Krug Wem uicht all ein leeren wird, wenn dem böhmischen oder deut¬
schen Reiter an seiner Seite das Geld schou früher aus der Tasche geflogen ist.
Nur Ein zweibeiniges Geschöpf gibt es unter der Sonne, das dem Husaren ver¬
ächtlich und hassenswert!) erscheint, wie kein Thier des Waldes und des Sumpfes.
Das ist der Baudcrialhu sar, dieses Zwittergeschöpf vou Crvat und Ungar,
diese Carricatur des Husareuthums, die den Nciterdienst an der Grenze versieht,
wie der Croat als Infanterist. Nie hat ein ungarischer Husar mit einem Ban-
derialhusareu getrunken, nie wird er mit ihm an Einem Tische essen, nie auf
Einer Streu schlafe". Eine Schlange wird er zertreten, wo er sie trifft, einen
Wolf wird er jagen im Gebirge, mit einem Büffel sich balgen auf sumpfiger Haide,
mit einem elenden Roßdieb raufen um das Halfter eines Pferdes; den Banderial-
husaren aber, den spukt er an, wo er ihn trifft.

Bei Hatvau war's, wenn ich uicht irre, oder bei Tapolya Bicske, da standen
zum erste" Male in diesem Kriege, vielleicht zum ersten Male seit Menschengeden-
ken, ungarische Reiter den Banderialhusarcn in der Schlacht gegenüber. Wenn



*) Dolmimy syr. Dolmünj, eine Art Uebeiwurf. Esel" syr. Tschako, ungarische Kopf¬
bedeckung. Csitzmen syr. Tschismcn, ungarische Stiefeln.
Gr-nzboten. II.

den Husaren gedient hat, wird sich bei andern Regimentern nie recht herrisch
fühlen.

Auch andere Länder haben diese Waffengattung in ihren Heeren eingeführt,
aber es sind eben nur preußische, französische, russische Reiter mit ungarischen
Schunrröckeu. Es fehlt der Geist, das Pferd und — der Magyar Isten. Darum
erkennt sie der ungarische Husar auch uicht als Brüder an, und wenn er mit ih¬
nen im Kampfe zusammenkam, begegnete er ihnen meist mit einer verächtlichen
Nonchalance. So erzählt man sich, daß in den französischen Kriegen das Bivouac
preußischer und ungarischer Husaren einmal hart an einander zu liegen kam. Ein
Preuße kam herüber und wollte „mit dem ungarischen Bruder gemüthlich anstoßen."
Der aber strich sich den Schnurrbart, wies das Glas barsch zurück und sagte:

„Was Bruder? — Nix Bruder. — Ich Husar - du Hauswurscht'.

Man nehme diesen Ausdruck nicht als Prahlerei. Der Husar ist kein Fan-
farvu wie ein französischer Chasseur, aber er lebt im Bewußtsein seiner Tüchtigkeit
wie ein Grenadier von der alten Kaisergarde. Ihm sind der Dolmany, der
CsM, und die Csitzmen") an den Leib gewachsen, es ist das Feiertagscostume des
Magyaren auch außer Dienst, es ist die Nationaltracht ius Militärische übersetzt,
und weil er weiß, daß dies bei andern Völkern nicht der Fall ist, gilt ihm die
Hnsarcntracht bei Nichtnngarn so viel wie Comödientand, wie Bedientenlivr«, und
der Mann hat logisch gar nicht Unrecht.

Der Husar ist von Natur gutmüthig, wie der Magyare im Allgemeine».
Der pünktlichste Mann im Dienst ist er zugleich der lustigste Bruder in der Schenke,
der seinen Krug Wem uicht all ein leeren wird, wenn dem böhmischen oder deut¬
schen Reiter an seiner Seite das Geld schou früher aus der Tasche geflogen ist.
Nur Ein zweibeiniges Geschöpf gibt es unter der Sonne, das dem Husaren ver¬
ächtlich und hassenswert!) erscheint, wie kein Thier des Waldes und des Sumpfes.
Das ist der Baudcrialhu sar, dieses Zwittergeschöpf vou Crvat und Ungar,
diese Carricatur des Husareuthums, die den Nciterdienst an der Grenze versieht,
wie der Croat als Infanterist. Nie hat ein ungarischer Husar mit einem Ban-
derialhusareu getrunken, nie wird er mit ihm an Einem Tische essen, nie auf
Einer Streu schlafe». Eine Schlange wird er zertreten, wo er sie trifft, einen
Wolf wird er jagen im Gebirge, mit einem Büffel sich balgen auf sumpfiger Haide,
mit einem elenden Roßdieb raufen um das Halfter eines Pferdes; den Banderial-
husaren aber, den spukt er an, wo er ihn trifft.

Bei Hatvau war's, wenn ich uicht irre, oder bei Tapolya Bicske, da standen
zum erste» Male in diesem Kriege, vielleicht zum ersten Male seit Menschengeden-
ken, ungarische Reiter den Banderialhusarcn in der Schlacht gegenüber. Wenn



*) Dolmimy syr. Dolmünj, eine Art Uebeiwurf. Esel» syr. Tschako, ungarische Kopf¬
bedeckung. Csitzmen syr. Tschismcn, ungarische Stiefeln.
Gr-nzboten. II.
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[0497] den Husaren gedient hat, wird sich bei andern Regimentern nie recht herrisch fühlen. Auch andere Länder haben diese Waffengattung in ihren Heeren eingeführt, aber es sind eben nur preußische, französische, russische Reiter mit ungarischen Schunrröckeu. Es fehlt der Geist, das Pferd und — der Magyar Isten. Darum erkennt sie der ungarische Husar auch uicht als Brüder an, und wenn er mit ih¬ nen im Kampfe zusammenkam, begegnete er ihnen meist mit einer verächtlichen Nonchalance. So erzählt man sich, daß in den französischen Kriegen das Bivouac preußischer und ungarischer Husaren einmal hart an einander zu liegen kam. Ein Preuße kam herüber und wollte „mit dem ungarischen Bruder gemüthlich anstoßen." Der aber strich sich den Schnurrbart, wies das Glas barsch zurück und sagte: „Was Bruder? — Nix Bruder. — Ich Husar - du Hauswurscht'. Man nehme diesen Ausdruck nicht als Prahlerei. Der Husar ist kein Fan- farvu wie ein französischer Chasseur, aber er lebt im Bewußtsein seiner Tüchtigkeit wie ein Grenadier von der alten Kaisergarde. Ihm sind der Dolmany, der CsM, und die Csitzmen") an den Leib gewachsen, es ist das Feiertagscostume des Magyaren auch außer Dienst, es ist die Nationaltracht ius Militärische übersetzt, und weil er weiß, daß dies bei andern Völkern nicht der Fall ist, gilt ihm die Hnsarcntracht bei Nichtnngarn so viel wie Comödientand, wie Bedientenlivr«, und der Mann hat logisch gar nicht Unrecht. Der Husar ist von Natur gutmüthig, wie der Magyare im Allgemeine». Der pünktlichste Mann im Dienst ist er zugleich der lustigste Bruder in der Schenke, der seinen Krug Wem uicht all ein leeren wird, wenn dem böhmischen oder deut¬ schen Reiter an seiner Seite das Geld schou früher aus der Tasche geflogen ist. Nur Ein zweibeiniges Geschöpf gibt es unter der Sonne, das dem Husaren ver¬ ächtlich und hassenswert!) erscheint, wie kein Thier des Waldes und des Sumpfes. Das ist der Baudcrialhu sar, dieses Zwittergeschöpf vou Crvat und Ungar, diese Carricatur des Husareuthums, die den Nciterdienst an der Grenze versieht, wie der Croat als Infanterist. Nie hat ein ungarischer Husar mit einem Ban- derialhusareu getrunken, nie wird er mit ihm an Einem Tische essen, nie auf Einer Streu schlafe». Eine Schlange wird er zertreten, wo er sie trifft, einen Wolf wird er jagen im Gebirge, mit einem Büffel sich balgen auf sumpfiger Haide, mit einem elenden Roßdieb raufen um das Halfter eines Pferdes; den Banderial- husaren aber, den spukt er an, wo er ihn trifft. Bei Hatvau war's, wenn ich uicht irre, oder bei Tapolya Bicske, da standen zum erste» Male in diesem Kriege, vielleicht zum ersten Male seit Menschengeden- ken, ungarische Reiter den Banderialhusarcn in der Schlacht gegenüber. Wenn *) Dolmimy syr. Dolmünj, eine Art Uebeiwurf. Esel» syr. Tschako, ungarische Kopf¬ bedeckung. Csitzmen syr. Tschismcn, ungarische Stiefeln. Gr-nzboten. II.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/497>, abgerufen am 15.01.2025.