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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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nicht zu schaffen vermag, z. B. das Holz. Die Forstcultnr wird stets vorzugsweise
die Begleiterin großer Güter sein; die Beschaffenheit der meisten "Bauerngehölze"
zeigt, daß mit kleineren Grundbesitz, und sei er sonst noch so stattlich, sich grade
dieser Anbau schlecht verträgt. Wie sich das Ange erst des Waldes freut, wenn
er eine ansehnliche Ausdehnung hat, so wird er auch durch seine Große erst recht
nützlich nud seine Pflege vortheilhust. Auch die Schafzucht und unsere Wvllenin-
dnstrie muß man als eine Folge des großen Grundbesitzes betrachten, große Heer-
den und feine Racen sind für vorteilhaften Betrieb gleich nöthig, sie fordern eine
Arbeitskraft und Behandlung, welche sich auf kleinen Gütern nicht bezahlt. Der
Anbau der Hackfrüchte und Handelsgewächse hat den großen Grundbesitz mit der
Industrie, welche deu gewonnenen Rohstoff des Landbau's als Material benutzt,
in eine so innige Verbindung gesetzt und der Zusammenhang beider ist ein so fester
geworden, daß der größte Theil unserer nationalen Industrie, als Wolle, Linnen,
Oel, Spiritus, Mehl, Rübenzucker u. s. w. in Abhängigkeit von dem größeren
Grundbesitz erscheint: Nimmt mau dazu sein eigenthümliches Verhältniß zum Berg¬
bau, seinen ungeheuern Einfluß auf den Handel, daß z. B. unsere wichtigsten
Ausfuhrartikel nach England: Weizen und Wolle fast ausschließlich von ihm ge¬
schaffen werden, so bekommt man eine schwache Borstellung von der Wichtigkeit,
welche er für unser Staatsleben hat.

Der bäuerliche Grundbesitz, sehr verschieden in seiner Größe von dem Um¬
fange eines beträchtlichen Ritterguts bis hinab zu der Grenze des vvrtheilhaficn
Ackerbaus, zu dem Flächenraum, welcher mit zwei starken Zugthicreu bearbeitet
werden kann, gibt im Gegensatz zu den großen GntSflächen allerdings verhältni߬
mäßig kleinere Reinertrage, und liefert seine Überschüsse fast nur in Halmfrüchten,
einzelnen Stücken Zucht- und Mastvieh und kleinen Geldkapitalien der Nation ab,
aber er ist eben deshalb von ungeheurer Wichtigkeit für den Verkehr der Märkte,
den Consum des Inlands, das geschäftige Kleinleben des Staats. Der National-
öconom sollte den schönsten Nutzen desselben darin finden, daß er der großen Mehr¬
zahl von Menschen, welche nur mit kleinem Kapital arbeiten, eine gesunde, freie
und thätige Existenz gewährt, und daß das tüchtige menschliche Leben, welches sich
in der Beschränkung seiner Sphäre entwickelt, ein nie versiegender Quell ist, ans
dem die Nation die aufsteigende Kraft der Individuen schöpft; alle Kreise, alle
Thätigkeiten des Erdenlebens rekrutircn sich aus der unverdorbenen, bildungsfä¬
higen Menschenkraft, welche der Bauernstand unaufhörlich hergibt. Häufig vollen¬
det sich der Kreislauf einer Familie, welche aus dem Bauernhaus emporgegange"
in der Art, daß sie nach 4 -- 5 Generation zum Landbau zurückkehrt*), oft bleibt



*) Ein sehr gewöhnlicher Entwicklungsprozeß der Familienkraft ist folgender- I) Bauer.
2) Pfarrer oder Schulmeister. 3) Beamter, Gelehrter. 4) Kaufmann, Industrieller.
S) Gutsbesitzer. > - ,

nicht zu schaffen vermag, z. B. das Holz. Die Forstcultnr wird stets vorzugsweise
die Begleiterin großer Güter sein; die Beschaffenheit der meisten „Bauerngehölze"
zeigt, daß mit kleineren Grundbesitz, und sei er sonst noch so stattlich, sich grade
dieser Anbau schlecht verträgt. Wie sich das Ange erst des Waldes freut, wenn
er eine ansehnliche Ausdehnung hat, so wird er auch durch seine Große erst recht
nützlich nud seine Pflege vortheilhust. Auch die Schafzucht und unsere Wvllenin-
dnstrie muß man als eine Folge des großen Grundbesitzes betrachten, große Heer-
den und feine Racen sind für vorteilhaften Betrieb gleich nöthig, sie fordern eine
Arbeitskraft und Behandlung, welche sich auf kleinen Gütern nicht bezahlt. Der
Anbau der Hackfrüchte und Handelsgewächse hat den großen Grundbesitz mit der
Industrie, welche deu gewonnenen Rohstoff des Landbau's als Material benutzt,
in eine so innige Verbindung gesetzt und der Zusammenhang beider ist ein so fester
geworden, daß der größte Theil unserer nationalen Industrie, als Wolle, Linnen,
Oel, Spiritus, Mehl, Rübenzucker u. s. w. in Abhängigkeit von dem größeren
Grundbesitz erscheint: Nimmt mau dazu sein eigenthümliches Verhältniß zum Berg¬
bau, seinen ungeheuern Einfluß auf den Handel, daß z. B. unsere wichtigsten
Ausfuhrartikel nach England: Weizen und Wolle fast ausschließlich von ihm ge¬
schaffen werden, so bekommt man eine schwache Borstellung von der Wichtigkeit,
welche er für unser Staatsleben hat.

Der bäuerliche Grundbesitz, sehr verschieden in seiner Größe von dem Um¬
fange eines beträchtlichen Ritterguts bis hinab zu der Grenze des vvrtheilhaficn
Ackerbaus, zu dem Flächenraum, welcher mit zwei starken Zugthicreu bearbeitet
werden kann, gibt im Gegensatz zu den großen GntSflächen allerdings verhältni߬
mäßig kleinere Reinertrage, und liefert seine Überschüsse fast nur in Halmfrüchten,
einzelnen Stücken Zucht- und Mastvieh und kleinen Geldkapitalien der Nation ab,
aber er ist eben deshalb von ungeheurer Wichtigkeit für den Verkehr der Märkte,
den Consum des Inlands, das geschäftige Kleinleben des Staats. Der National-
öconom sollte den schönsten Nutzen desselben darin finden, daß er der großen Mehr¬
zahl von Menschen, welche nur mit kleinem Kapital arbeiten, eine gesunde, freie
und thätige Existenz gewährt, und daß das tüchtige menschliche Leben, welches sich
in der Beschränkung seiner Sphäre entwickelt, ein nie versiegender Quell ist, ans
dem die Nation die aufsteigende Kraft der Individuen schöpft; alle Kreise, alle
Thätigkeiten des Erdenlebens rekrutircn sich aus der unverdorbenen, bildungsfä¬
higen Menschenkraft, welche der Bauernstand unaufhörlich hergibt. Häufig vollen¬
det sich der Kreislauf einer Familie, welche aus dem Bauernhaus emporgegange»
in der Art, daß sie nach 4 — 5 Generation zum Landbau zurückkehrt*), oft bleibt



*) Ein sehr gewöhnlicher Entwicklungsprozeß der Familienkraft ist folgender- I) Bauer.
2) Pfarrer oder Schulmeister. 3) Beamter, Gelehrter. 4) Kaufmann, Industrieller.
S) Gutsbesitzer. > - ,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/412>, abgerufen am 15.01.2025.