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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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sie durch viele Geschlechter mit steigender Kraft in den Städten und in der Staats¬
verwaltung thätig und stirbt nach Jahrhunderten ruhmvoll ab, "der sinkt unbe¬
merkt in die große Masse des Volkes zurück.

Die Interessen des großen, wie des guten bäuerlichen Grundbesitzes sind in
der Hauptsache dieselben. Der feste Grund, auf dem die Saaten grünen, ist durch
das Gesetz dem Eigenthümer geweiht und in feste Grenzen abgesteckt; dieser bedarf
den starken Schutz des Gesetzes für sei" Eigenthum, welches jedem fremden Fuße
freiliegt, er bedarf Dauer und Festigkeit der Rechte und Gesetze, wie er der Sonne
bedarf und der jährlichen Widerkehr des Sommers. Die Einkünfte des großen
Herrn und des bäuerlichen Grundbesitzers hängen von dem Preis der Produkte,
von der Größe und Lebendigkeit der Konsumtion ab, diese aber gedeihen nur im
Frieden. Deshalb macht aller freie Grundbesitz conservativ, und Landstriche wo
freie Bauernhöfe sich vorzugsweise breiten, oder wo die Herrenschlösser das Land
beherrschen, müssen zuletzt überall conservativ werden. Man kaun das auch anders
sagen: z. B. ein Land, wo die Schafzucht herrscht, wo große Walburga" das
Klima feucht erhalten, ist in seinen Interessen conservativ. Freilich ist das nicht
mißzuverstehn. Die Kluft, die unsere Revolutionszeit zwischen großem und bäuer¬
lichen Grundbesitz gemacht hat, ist mir von vorübergehender Wichtigkeit, sobald
der Rittergutsbesitzer dem Bauer gegenüber seine lästige" Privilegien der Gerichts¬
barkeit und Polizei abgegeben bat und die servitutem des Bauern abgelöst sind,
werden beide friedlich in der Politik Ha"d in Hand gehen.

Dem producriven Landbau, welcher einen Ueberschuß seiner Erzeugnisse aus
der Wirthschaft für den Consnm des Volkes und einen Reinertrag aus den ange¬
legten Capitalien für die Vermehrung des Nationalreichthums abgibt, sieht der
unproductive Ackerbau direkt gegenüber, welcher nur soweit reicht, dem Eigenthü¬
mer des Grundstücks die Mittel zu einer beschränkten Existenz für seinen Haushalt
zu geben, das auf ihn verwandte Capital aber dürftig verzinsen. Dahin muß man
im Ganzen alle kleinen Wirthschaften rechnen, welche nicht mehr im Stande sind
kräftige thierische Zugkraft (2 Thiere) ans ihrem Boden zu ernähre", und nicht
durch günstige Lage und ausgezeichneten Bodeuwerth des Grundstücks in Stand
gesetzt sind, Gartercultur zu treiben oder dnrch sichere Tagearbeit gegen Lohn
andere Stützen ihrer Existenz zu finden. Der kleine Lambda" dieser Gattung hat
Wit verhältnismäßig größeren Bcstellungskvsten, schlechterer Zurichtung des Ackers,
Mangelhaften Fruchtwechsel und deshalb mit schlechteren Erträgen zu kämpfen und
"nährt daher hänfig gedrückte, armselige Mensche", deren Kampf um die Exi¬
stenz ein so harter ist, daß vo" all dem Guten und Schönen, welches unserm
Leben Schmuck und Würde gibt, sehr wenig in ihre Hütten fallen kann. Wer
^e Nothwendigkeit der Dismembration Predigt, hat in der Regel die Gründung
solcher kleinen Stellen vor Angen. Das ist Unverstand. W" sie übermäßig zahl¬
reich vorhanden sind, werden sie schon jetzt ein Verhängnis; für ihre Gegend.


sie durch viele Geschlechter mit steigender Kraft in den Städten und in der Staats¬
verwaltung thätig und stirbt nach Jahrhunderten ruhmvoll ab, »der sinkt unbe¬
merkt in die große Masse des Volkes zurück.

Die Interessen des großen, wie des guten bäuerlichen Grundbesitzes sind in
der Hauptsache dieselben. Der feste Grund, auf dem die Saaten grünen, ist durch
das Gesetz dem Eigenthümer geweiht und in feste Grenzen abgesteckt; dieser bedarf
den starken Schutz des Gesetzes für sei» Eigenthum, welches jedem fremden Fuße
freiliegt, er bedarf Dauer und Festigkeit der Rechte und Gesetze, wie er der Sonne
bedarf und der jährlichen Widerkehr des Sommers. Die Einkünfte des großen
Herrn und des bäuerlichen Grundbesitzers hängen von dem Preis der Produkte,
von der Größe und Lebendigkeit der Konsumtion ab, diese aber gedeihen nur im
Frieden. Deshalb macht aller freie Grundbesitz conservativ, und Landstriche wo
freie Bauernhöfe sich vorzugsweise breiten, oder wo die Herrenschlösser das Land
beherrschen, müssen zuletzt überall conservativ werden. Man kaun das auch anders
sagen: z. B. ein Land, wo die Schafzucht herrscht, wo große Walburga» das
Klima feucht erhalten, ist in seinen Interessen conservativ. Freilich ist das nicht
mißzuverstehn. Die Kluft, die unsere Revolutionszeit zwischen großem und bäuer¬
lichen Grundbesitz gemacht hat, ist mir von vorübergehender Wichtigkeit, sobald
der Rittergutsbesitzer dem Bauer gegenüber seine lästige» Privilegien der Gerichts¬
barkeit und Polizei abgegeben bat und die servitutem des Bauern abgelöst sind,
werden beide friedlich in der Politik Ha»d in Hand gehen.

Dem producriven Landbau, welcher einen Ueberschuß seiner Erzeugnisse aus
der Wirthschaft für den Consnm des Volkes und einen Reinertrag aus den ange¬
legten Capitalien für die Vermehrung des Nationalreichthums abgibt, sieht der
unproductive Ackerbau direkt gegenüber, welcher nur soweit reicht, dem Eigenthü¬
mer des Grundstücks die Mittel zu einer beschränkten Existenz für seinen Haushalt
zu geben, das auf ihn verwandte Capital aber dürftig verzinsen. Dahin muß man
im Ganzen alle kleinen Wirthschaften rechnen, welche nicht mehr im Stande sind
kräftige thierische Zugkraft (2 Thiere) ans ihrem Boden zu ernähre», und nicht
durch günstige Lage und ausgezeichneten Bodeuwerth des Grundstücks in Stand
gesetzt sind, Gartercultur zu treiben oder dnrch sichere Tagearbeit gegen Lohn
andere Stützen ihrer Existenz zu finden. Der kleine Lambda» dieser Gattung hat
Wit verhältnismäßig größeren Bcstellungskvsten, schlechterer Zurichtung des Ackers,
Mangelhaften Fruchtwechsel und deshalb mit schlechteren Erträgen zu kämpfen und
"nährt daher hänfig gedrückte, armselige Mensche», deren Kampf um die Exi¬
stenz ein so harter ist, daß vo» all dem Guten und Schönen, welches unserm
Leben Schmuck und Würde gibt, sehr wenig in ihre Hütten fallen kann. Wer
^e Nothwendigkeit der Dismembration Predigt, hat in der Regel die Gründung
solcher kleinen Stellen vor Angen. Das ist Unverstand. W» sie übermäßig zahl¬
reich vorhanden sind, werden sie schon jetzt ein Verhängnis; für ihre Gegend.


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[0413] sie durch viele Geschlechter mit steigender Kraft in den Städten und in der Staats¬ verwaltung thätig und stirbt nach Jahrhunderten ruhmvoll ab, »der sinkt unbe¬ merkt in die große Masse des Volkes zurück. Die Interessen des großen, wie des guten bäuerlichen Grundbesitzes sind in der Hauptsache dieselben. Der feste Grund, auf dem die Saaten grünen, ist durch das Gesetz dem Eigenthümer geweiht und in feste Grenzen abgesteckt; dieser bedarf den starken Schutz des Gesetzes für sei» Eigenthum, welches jedem fremden Fuße freiliegt, er bedarf Dauer und Festigkeit der Rechte und Gesetze, wie er der Sonne bedarf und der jährlichen Widerkehr des Sommers. Die Einkünfte des großen Herrn und des bäuerlichen Grundbesitzers hängen von dem Preis der Produkte, von der Größe und Lebendigkeit der Konsumtion ab, diese aber gedeihen nur im Frieden. Deshalb macht aller freie Grundbesitz conservativ, und Landstriche wo freie Bauernhöfe sich vorzugsweise breiten, oder wo die Herrenschlösser das Land beherrschen, müssen zuletzt überall conservativ werden. Man kaun das auch anders sagen: z. B. ein Land, wo die Schafzucht herrscht, wo große Walburga» das Klima feucht erhalten, ist in seinen Interessen conservativ. Freilich ist das nicht mißzuverstehn. Die Kluft, die unsere Revolutionszeit zwischen großem und bäuer¬ lichen Grundbesitz gemacht hat, ist mir von vorübergehender Wichtigkeit, sobald der Rittergutsbesitzer dem Bauer gegenüber seine lästige» Privilegien der Gerichts¬ barkeit und Polizei abgegeben bat und die servitutem des Bauern abgelöst sind, werden beide friedlich in der Politik Ha»d in Hand gehen. Dem producriven Landbau, welcher einen Ueberschuß seiner Erzeugnisse aus der Wirthschaft für den Consnm des Volkes und einen Reinertrag aus den ange¬ legten Capitalien für die Vermehrung des Nationalreichthums abgibt, sieht der unproductive Ackerbau direkt gegenüber, welcher nur soweit reicht, dem Eigenthü¬ mer des Grundstücks die Mittel zu einer beschränkten Existenz für seinen Haushalt zu geben, das auf ihn verwandte Capital aber dürftig verzinsen. Dahin muß man im Ganzen alle kleinen Wirthschaften rechnen, welche nicht mehr im Stande sind kräftige thierische Zugkraft (2 Thiere) ans ihrem Boden zu ernähre», und nicht durch günstige Lage und ausgezeichneten Bodeuwerth des Grundstücks in Stand gesetzt sind, Gartercultur zu treiben oder dnrch sichere Tagearbeit gegen Lohn andere Stützen ihrer Existenz zu finden. Der kleine Lambda» dieser Gattung hat Wit verhältnismäßig größeren Bcstellungskvsten, schlechterer Zurichtung des Ackers, Mangelhaften Fruchtwechsel und deshalb mit schlechteren Erträgen zu kämpfen und "nährt daher hänfig gedrückte, armselige Mensche», deren Kampf um die Exi¬ stenz ein so harter ist, daß vo» all dem Guten und Schönen, welches unserm Leben Schmuck und Würde gibt, sehr wenig in ihre Hütten fallen kann. Wer ^e Nothwendigkeit der Dismembration Predigt, hat in der Regel die Gründung solcher kleinen Stellen vor Angen. Das ist Unverstand. W» sie übermäßig zahl¬ reich vorhanden sind, werden sie schon jetzt ein Verhängnis; für ihre Gegend.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/413>, abgerufen am 15.01.2025.