Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Ich hoffe Veranlassung zu haben, öfter auf die Theater-Verhältnisse Leipzigs Ihnen aber, mein Freund, habe ich diesen Brief geschrieben, weil für mich Die Philosophie des Musketier Athos. An unsere Korrespon¬ Soll die fröhliche Schlauheit unseres Kreises Mönchskutten tragen und sich Ich hoffe Veranlassung zu haben, öfter auf die Theater-Verhältnisse Leipzigs Ihnen aber, mein Freund, habe ich diesen Brief geschrieben, weil für mich Die Philosophie des Musketier Athos. An unsere Korrespon¬ Soll die fröhliche Schlauheit unseres Kreises Mönchskutten tragen und sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278901"/> <p xml:id="ID_1244"> Ich hoffe Veranlassung zu haben, öfter auf die Theater-Verhältnisse Leipzigs<lb/> zurückzukommen, mögen die auswärtigen Leser der Grenzboten deshalb nicht<lb/> zürnen. Es ist nicht nur eine Leipziger, sondern in der That eine allgemeine<lb/> deutsche Angelegenheit, ein tüchtiges Theater nach verständigen Grundsätzen herzu¬<lb/> stellen , welches auf Bürgerkraft ruht und in dieser Zeit des Sturms der deut¬<lb/> schen Kunst eine freie und sichere Existenz bietet. Die Vertreter der Gemeinde<lb/> Leipzig aber bitte ich artig und hochachtungsvoll, ihre väterliche Aufmerksam¬<lb/> keit auch auf die hiesige Bühne zu richten. Wir verehren an dem Bürgermeister Koch<lb/> eine Verbindung von geschäftlicher Tüchtigkeit und humaner Bildung, möchten seine<lb/> Ueberzeugungen sich von den hier ausgesprochenen nicht zu weit entfernen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1245"> Ihnen aber, mein Freund, habe ich diesen Brief geschrieben, weil für mich<lb/> und Viele in Leipzig der Gedanke an Sie auf's Engste verbunden ist mit den<lb/> vielen schönen Erinnerungen, welche uns das Leipziger Theater aus seiner guten<lb/> Zeit zurückließ. Leben Sie wohl.</p><lb/> <p xml:id="ID_1246"> Die Philosophie des Musketier Athos. An unsere Korrespon¬<lb/> denten und Freunde. — Ihr hängt eure kluge» Köpfe, wie Glockenblumen,<lb/> in welchen eine borstige Hummel gekrochen ist. Alle Briefe, Correspondenzen und<lb/> Privatschreiben sind sehr schwermüthig, gedrückt und kummervoll. Unser Sofi<lb/> sitzt traurig auf seinem Teppich und bläst den Rauch der Verzweiflung aus den<lb/> Naslöcheru der Vaterlandsliebe, die beiden N. in Berlin wandeln bleich und rastlos<lb/> straßauf, straßab, von den Constablern beargwöhnt, selbst von Wraugcln wegen<lb/> ihrer verzweifelten Miene bemitleidet, und Ihr in Wien versucht vergebens hinter<lb/> einem leisen Lächeln die Bitterkeit zu verbergen, von welcher Eure harmlosen Seelen<lb/> jetzt überträufeln. Alle tragen wir etwas Jämmerliches in uns herum. Auch das<lb/> soll einmal gesagt sein und das Publikum mag es hören. Denn wir Journalisten<lb/> sind in Vieler Meinung nichts als Schwämme, welche die Tagesneuigkeiten ein¬<lb/> saugen und wieder ausspritzen; wie sie aber auf uus selbst wirke» und wie die<lb/> ewigen Dummheiten und Nichtswürdigkeiten, die wir zu berichte» und zu deuten<lb/> haben, in uus selbst arbeiten, darnach frägt kein Teufel. — Für uns aber,<lb/> weine Herren, steht zweierlei fest. Erstens, daß wir vor einem Jahr mehr Blut<lb/> in den Wangen hatten als jetzt, und zweitens, daß wir uns durchaus Mühe geben<lb/> Müssen, wieder welches hineinzubekommen, denn sonst werden wir, die wir dies<lb/> Jahrhundert zum Nutzen der Menschheit verdauen und verarbeiten sollen, vor der<lb/> Zeit selbst verarbeitet und aufgezehrt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1247" next="#ID_1248"> Soll die fröhliche Schlauheit unseres Kreises Mönchskutten tragen und sich<lb/> mit Geißelhieben den Rücken streichen? Eine nicht auszuwerfende Frage. Sollen<lb/> wir, die Könige des Lebens, uns wegen der Thorheit der Kronenträger zu Gall¬<lb/> äpfeln verunstalten? Eine wohl aufzuwerfende Frage. Gibt es dagegen ein<lb/> Mittel? Ja. Und wie heißt es? Philosophie. Ich empfehle Euch Philosophie,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
Ich hoffe Veranlassung zu haben, öfter auf die Theater-Verhältnisse Leipzigs
zurückzukommen, mögen die auswärtigen Leser der Grenzboten deshalb nicht
zürnen. Es ist nicht nur eine Leipziger, sondern in der That eine allgemeine
deutsche Angelegenheit, ein tüchtiges Theater nach verständigen Grundsätzen herzu¬
stellen , welches auf Bürgerkraft ruht und in dieser Zeit des Sturms der deut¬
schen Kunst eine freie und sichere Existenz bietet. Die Vertreter der Gemeinde
Leipzig aber bitte ich artig und hochachtungsvoll, ihre väterliche Aufmerksam¬
keit auch auf die hiesige Bühne zu richten. Wir verehren an dem Bürgermeister Koch
eine Verbindung von geschäftlicher Tüchtigkeit und humaner Bildung, möchten seine
Ueberzeugungen sich von den hier ausgesprochenen nicht zu weit entfernen.
Ihnen aber, mein Freund, habe ich diesen Brief geschrieben, weil für mich
und Viele in Leipzig der Gedanke an Sie auf's Engste verbunden ist mit den
vielen schönen Erinnerungen, welche uns das Leipziger Theater aus seiner guten
Zeit zurückließ. Leben Sie wohl.
Die Philosophie des Musketier Athos. An unsere Korrespon¬
denten und Freunde. — Ihr hängt eure kluge» Köpfe, wie Glockenblumen,
in welchen eine borstige Hummel gekrochen ist. Alle Briefe, Correspondenzen und
Privatschreiben sind sehr schwermüthig, gedrückt und kummervoll. Unser Sofi
sitzt traurig auf seinem Teppich und bläst den Rauch der Verzweiflung aus den
Naslöcheru der Vaterlandsliebe, die beiden N. in Berlin wandeln bleich und rastlos
straßauf, straßab, von den Constablern beargwöhnt, selbst von Wraugcln wegen
ihrer verzweifelten Miene bemitleidet, und Ihr in Wien versucht vergebens hinter
einem leisen Lächeln die Bitterkeit zu verbergen, von welcher Eure harmlosen Seelen
jetzt überträufeln. Alle tragen wir etwas Jämmerliches in uns herum. Auch das
soll einmal gesagt sein und das Publikum mag es hören. Denn wir Journalisten
sind in Vieler Meinung nichts als Schwämme, welche die Tagesneuigkeiten ein¬
saugen und wieder ausspritzen; wie sie aber auf uus selbst wirke» und wie die
ewigen Dummheiten und Nichtswürdigkeiten, die wir zu berichte» und zu deuten
haben, in uus selbst arbeiten, darnach frägt kein Teufel. — Für uns aber,
weine Herren, steht zweierlei fest. Erstens, daß wir vor einem Jahr mehr Blut
in den Wangen hatten als jetzt, und zweitens, daß wir uns durchaus Mühe geben
Müssen, wieder welches hineinzubekommen, denn sonst werden wir, die wir dies
Jahrhundert zum Nutzen der Menschheit verdauen und verarbeiten sollen, vor der
Zeit selbst verarbeitet und aufgezehrt.
Soll die fröhliche Schlauheit unseres Kreises Mönchskutten tragen und sich
mit Geißelhieben den Rücken streichen? Eine nicht auszuwerfende Frage. Sollen
wir, die Könige des Lebens, uns wegen der Thorheit der Kronenträger zu Gall¬
äpfeln verunstalten? Eine wohl aufzuwerfende Frage. Gibt es dagegen ein
Mittel? Ja. Und wie heißt es? Philosophie. Ich empfehle Euch Philosophie,
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