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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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geben, daß ein neues Pachtverhältniß nach dein Muster der frühern nicht einge¬
gangen werden kaun, ohne ein neues Siechthum der Bühne und eine Wiederho¬
lung der kläglichen Zustände herbeizuführen, welche wir in der letzten Zeit ert?de
haben. Zwei Grundsätze, welche Eduard Devrient vortrefflich begründet hat, sind
für das Gedeihn jedes Theaters nothwendig, erstens: jede Bühne muß die
Sicherheit eines festen Etats haben, und zweitens bei jedem, auch
sehr kleinen festen Etat ist eine gute Bühne zu erhalten, wenn
dieselbe verständige Leitung hat.

Es ist für die Leipziger Gemeinde sehr leicht, nach diesen beideu Grundsätzen
das hiesige Theater einzurichten. Der Etat des Theaters ist nach dem Verhältniß
der letzten Jahre festzustellen. Er hat in der glänzendsten Zeit Ihrer Regie un¬
gefähr 80,000 Gcsamiutausgabe betragen und wird jetzt wahrscheinlich zwischen
00 bis 70,000 schweben. Die Erfahrung hat gelehrt, daß diese Summe der
Ausgaben in guten Jahren durch die Einnahme bedeutend übertroffen, daß selbst
im schlechten vorigen Jahr der Ausfall ein verhältnißmäßig nicht zu bedeuteuder,
und keineswegs den politischen Ereignissen allein, sondern weit mehr der innern
Auflösung des Instituts zuzuschreiben war.

Nehmen wir an, daß die Gemeinde Leipzig den Ausgabenetat ihrer Bühne auf
75,000 festsetzt, so läßt sich dafür dieselbe, vielleicht uoch größere Ausdehnung
des Institut's herstellen, als sie in den Jahren 46 und 47 war. Diese Summe
hätte die Gemeinde in der Art zu garantiren, daß sie sür den etwaigen Ausfall
einzelner Jahre auskäme, die Ueberschüsse anderer Jahre nach bestimmten Abzügen
an sich zöge.

Die Gemeinde setzt dem Institut einen Director mit einem festen Gehalte
vor. Was über den Etat eingenommen wird, mag zwischen dem Director und
der Stadtkasse getheilt werden, denu es ist allerdings vortheilhaft, dem DirectX
ein Interesse an dem pecuniären Gedeihen des Instituts zu bewahren.

Die Stellung des Directors zu den Mitgliedern und nach Außer bliebe, lo
Ganzen betrachtet, die bisherige; der Dirigent eines großen Theaters muß freie"
Spielraum haben und autokratische Kraft entwickeln können nud darf namentlich
bei Abschließung von Contracten, Kündigung derselben u. s. w. so wenig als mög¬
lich eingeengt sein.

Die Hauptsache ist, daß die Gemeinde Leipzig für eine solche würdige F"-'""
ihres Theaters den rechten Director findet. Auch hier theile ich die Ueberze"'
gnug unsres Freundes Devrient, daß der Director selbst ein darstellender Künstle'-'
gewesen sein muß. Was für Eigenschaften er aber besitzen müßte, um seine See ^
trug zur Ehre der Stadt und der Kunst auszufüllen, das wäre hier unnütz zu sage",
Sie brauche" das uicht zu wissen, denn Sie haben diese Eigenschaften selbst, un
das Leipziger Publikum braucht sie auch nicht zu erfahren, denn es hat dieselben wal¬
lend Ihrer hiesigen Regie bereits kennen gelernt.


geben, daß ein neues Pachtverhältniß nach dein Muster der frühern nicht einge¬
gangen werden kaun, ohne ein neues Siechthum der Bühne und eine Wiederho¬
lung der kläglichen Zustände herbeizuführen, welche wir in der letzten Zeit ert?de
haben. Zwei Grundsätze, welche Eduard Devrient vortrefflich begründet hat, sind
für das Gedeihn jedes Theaters nothwendig, erstens: jede Bühne muß die
Sicherheit eines festen Etats haben, und zweitens bei jedem, auch
sehr kleinen festen Etat ist eine gute Bühne zu erhalten, wenn
dieselbe verständige Leitung hat.

Es ist für die Leipziger Gemeinde sehr leicht, nach diesen beideu Grundsätzen
das hiesige Theater einzurichten. Der Etat des Theaters ist nach dem Verhältniß
der letzten Jahre festzustellen. Er hat in der glänzendsten Zeit Ihrer Regie un¬
gefähr 80,000 Gcsamiutausgabe betragen und wird jetzt wahrscheinlich zwischen
00 bis 70,000 schweben. Die Erfahrung hat gelehrt, daß diese Summe der
Ausgaben in guten Jahren durch die Einnahme bedeutend übertroffen, daß selbst
im schlechten vorigen Jahr der Ausfall ein verhältnißmäßig nicht zu bedeuteuder,
und keineswegs den politischen Ereignissen allein, sondern weit mehr der innern
Auflösung des Instituts zuzuschreiben war.

Nehmen wir an, daß die Gemeinde Leipzig den Ausgabenetat ihrer Bühne auf
75,000 festsetzt, so läßt sich dafür dieselbe, vielleicht uoch größere Ausdehnung
des Institut's herstellen, als sie in den Jahren 46 und 47 war. Diese Summe
hätte die Gemeinde in der Art zu garantiren, daß sie sür den etwaigen Ausfall
einzelner Jahre auskäme, die Ueberschüsse anderer Jahre nach bestimmten Abzügen
an sich zöge.

Die Gemeinde setzt dem Institut einen Director mit einem festen Gehalte
vor. Was über den Etat eingenommen wird, mag zwischen dem Director und
der Stadtkasse getheilt werden, denu es ist allerdings vortheilhaft, dem DirectX
ein Interesse an dem pecuniären Gedeihen des Instituts zu bewahren.

Die Stellung des Directors zu den Mitgliedern und nach Außer bliebe, lo
Ganzen betrachtet, die bisherige; der Dirigent eines großen Theaters muß freie»
Spielraum haben und autokratische Kraft entwickeln können nud darf namentlich
bei Abschließung von Contracten, Kündigung derselben u. s. w. so wenig als mög¬
lich eingeengt sein.

Die Hauptsache ist, daß die Gemeinde Leipzig für eine solche würdige F«-'""
ihres Theaters den rechten Director findet. Auch hier theile ich die Ueberze»'
gnug unsres Freundes Devrient, daß der Director selbst ein darstellender Künstle'-'
gewesen sein muß. Was für Eigenschaften er aber besitzen müßte, um seine See ^
trug zur Ehre der Stadt und der Kunst auszufüllen, das wäre hier unnütz zu sage",
Sie brauche» das uicht zu wissen, denn Sie haben diese Eigenschaften selbst, un
das Leipziger Publikum braucht sie auch nicht zu erfahren, denn es hat dieselben wal¬
lend Ihrer hiesigen Regie bereits kennen gelernt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/390>, abgerufen am 15.01.2025.