Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.nichts vorgehen, damit das inhaltslose, ungeschichtliche Spiel im Innen der Han^ Der pnvatrechtlichcn Isolirtheit, dem Verrathe deö Egoismus gegenüber tritt nichts vorgehen, damit das inhaltslose, ungeschichtliche Spiel im Innen der Han^ Der pnvatrechtlichcn Isolirtheit, dem Verrathe deö Egoismus gegenüber tritt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278894"/> <p xml:id="ID_1223" prev="#ID_1222"> nichts vorgehen, damit das inhaltslose, ungeschichtliche Spiel im Innen der Han^<lb/> fer wieder seinen Fortgang nehmen könne, der geharnischte Geist Shakespeares<lb/> soll nicht weiter über die Weltbühne schreiten, damit die Haustheater und die<lb/> bürgerlichen Epopäen nicht ruinirt würden. Der Egoismus hat sich zu einer festen<lb/> Partei constituirt, um sich mit vereinten Kräften zu isoliren und den Mord an<lb/> der Allgemeinheit vollführen zu können. In dieser Phalanx der Einzelnen, der<lb/> absoluten Privatpersonen wiederholt sich in tausendfachem Echo das berüchtigte<lb/> Motto: „I^'celle c'oft ani^; ein jeder legt das Wesenhafte des Staates in seine<lb/> Kaste, der bornirte Edelmann in den wesenlosen Glanz des Adels, der bornirte<lb/> Bourgeois in den Metallklang der Stenerguldcn. Nur in seiner Einzelheit will<lb/> der Privatmensch etwas bedeuten, und das, was er eben vorstellt, will er von<lb/> Gottes Gnaden sein; die "beste Welt ist ihm die, wo jeder, wie der erste Mensch<lb/> im Paradiese, sich ans sich selbst bezieht. Dieses Idyll, von dem die Welt mit<lb/> einer jeden Revolution immer mehr abfällt, muß um jeden Preis wieder errungen<lb/> werden; und der Czar von Nußland ist der verheißene Messias, der die Privat¬<lb/> menschen wieder in ihr verlorenes Paradies zurückführen, die geschichtlvse Ruhe,<lb/> die privatrechtliche Ordnung vollends herstellen soll. Wenn vielleicht der mosko-<lb/> witische Winter über Europa hereinbricht, und in dem nordischen Eishauch der<lb/> Strom der Weltgeschichte eine Zeit lang gefriert: dann werden die hohen und<lb/> allerhöchsten Herrschaften Eispalläste bauen auf der glatten Fläche, an den Fen¬<lb/> stern deö BourgoiS werden sich wieder die gemüthlichen Eisblumen von ehemals<lb/> bilden, und mit der Strenge des absolutistischen Winters würde wieder die sans^<lb/> liebe Enge und Gemüthlichkeit zurückkehren. Dies alles verspricht sich diejenige<lb/> Partei, die man hier die gutgesinnte nennt, von Paskicwitsch's seltener Begabung;<lb/> aber wenn anch der russische Wunderthäter das Unerhörte leistet, so werden doch<lb/> jene Winterfrenden nur bis zum nächsten Eisgange Stand halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1224" next="#ID_1225"> Der pnvatrechtlichcn Isolirtheit, dem Verrathe deö Egoismus gegenüber tritt<lb/> nun die nationale Vereinzelung beschämt zurück; und indem die Czechen die all¬<lb/> gemeine Entrüstung über den Atomiömus der privilegirten Klassen theilen, denken<lb/> sie nur wenig zurück an ihre atomistische Auffassung der Föderation, an die con-<lb/> stituirenden Landtage und die Souveränität der Provinzen. Während sie die<lb/> Weltgeschichte in Oestreich nur zur Specialgeschichtc verflachen wollten, so sehen<lb/> sie jetzt mit Erbitterung, wie die Reaction gern einen ganz geschichtlosen Zustand<lb/> herbeiführen möchte; und so wird ihnen durch die häuslichen Epopäee, welche<lb/> man schon jetzt wieder abzuspinnen anfängt, die Freude an ihrem Nationalepos<lb/> verleidet. Der romantische Traum des Panslavismus zerstiebt an der bittern Rea¬<lb/> lität des Nusseucinmarsches. Früher wurden die Czechen von dem Gedanken in<lb/> ihrer Politik geleitet, daß nur über den Trümmern der magyarischen Herrlichkeit<lb/> die Sonne des Slaventhums aufgehen könne, und das feste Band, welches fortan<lb/> die verwandten slavischen Stämme umschlingen soll, die Trennung der deutschen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0384]
nichts vorgehen, damit das inhaltslose, ungeschichtliche Spiel im Innen der Han^
fer wieder seinen Fortgang nehmen könne, der geharnischte Geist Shakespeares
soll nicht weiter über die Weltbühne schreiten, damit die Haustheater und die
bürgerlichen Epopäen nicht ruinirt würden. Der Egoismus hat sich zu einer festen
Partei constituirt, um sich mit vereinten Kräften zu isoliren und den Mord an
der Allgemeinheit vollführen zu können. In dieser Phalanx der Einzelnen, der
absoluten Privatpersonen wiederholt sich in tausendfachem Echo das berüchtigte
Motto: „I^'celle c'oft ani^; ein jeder legt das Wesenhafte des Staates in seine
Kaste, der bornirte Edelmann in den wesenlosen Glanz des Adels, der bornirte
Bourgeois in den Metallklang der Stenerguldcn. Nur in seiner Einzelheit will
der Privatmensch etwas bedeuten, und das, was er eben vorstellt, will er von
Gottes Gnaden sein; die "beste Welt ist ihm die, wo jeder, wie der erste Mensch
im Paradiese, sich ans sich selbst bezieht. Dieses Idyll, von dem die Welt mit
einer jeden Revolution immer mehr abfällt, muß um jeden Preis wieder errungen
werden; und der Czar von Nußland ist der verheißene Messias, der die Privat¬
menschen wieder in ihr verlorenes Paradies zurückführen, die geschichtlvse Ruhe,
die privatrechtliche Ordnung vollends herstellen soll. Wenn vielleicht der mosko-
witische Winter über Europa hereinbricht, und in dem nordischen Eishauch der
Strom der Weltgeschichte eine Zeit lang gefriert: dann werden die hohen und
allerhöchsten Herrschaften Eispalläste bauen auf der glatten Fläche, an den Fen¬
stern deö BourgoiS werden sich wieder die gemüthlichen Eisblumen von ehemals
bilden, und mit der Strenge des absolutistischen Winters würde wieder die sans^
liebe Enge und Gemüthlichkeit zurückkehren. Dies alles verspricht sich diejenige
Partei, die man hier die gutgesinnte nennt, von Paskicwitsch's seltener Begabung;
aber wenn anch der russische Wunderthäter das Unerhörte leistet, so werden doch
jene Winterfrenden nur bis zum nächsten Eisgange Stand halten.
Der pnvatrechtlichcn Isolirtheit, dem Verrathe deö Egoismus gegenüber tritt
nun die nationale Vereinzelung beschämt zurück; und indem die Czechen die all¬
gemeine Entrüstung über den Atomiömus der privilegirten Klassen theilen, denken
sie nur wenig zurück an ihre atomistische Auffassung der Föderation, an die con-
stituirenden Landtage und die Souveränität der Provinzen. Während sie die
Weltgeschichte in Oestreich nur zur Specialgeschichtc verflachen wollten, so sehen
sie jetzt mit Erbitterung, wie die Reaction gern einen ganz geschichtlosen Zustand
herbeiführen möchte; und so wird ihnen durch die häuslichen Epopäee, welche
man schon jetzt wieder abzuspinnen anfängt, die Freude an ihrem Nationalepos
verleidet. Der romantische Traum des Panslavismus zerstiebt an der bittern Rea¬
lität des Nusseucinmarsches. Früher wurden die Czechen von dem Gedanken in
ihrer Politik geleitet, daß nur über den Trümmern der magyarischen Herrlichkeit
die Sonne des Slaventhums aufgehen könne, und das feste Band, welches fortan
die verwandten slavischen Stämme umschlingen soll, die Trennung der deutschen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |