Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.ihre andere Seite in's Auge faßt, indem man z. B. erwägt, daß ein Ding etwas Denn das Bedürfniß eines zweiten Theil der Philosophie, neben der Logik, Dieser Nachweis -- der phänomenologtsche Theil der Philosophie -- soll nun Aber es wird dadurch auch ziemlich verflüchtigt. In dem Fluß der absoluten Am Klarsten wird dies Verfahren in einem Werk, wie der Phänomeno ihre andere Seite in's Auge faßt, indem man z. B. erwägt, daß ein Ding etwas Denn das Bedürfniß eines zweiten Theil der Philosophie, neben der Logik, Dieser Nachweis — der phänomenologtsche Theil der Philosophie — soll nun Aber es wird dadurch auch ziemlich verflüchtigt. In dem Fluß der absoluten Am Klarsten wird dies Verfahren in einem Werk, wie der Phänomeno <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278828"/> <p xml:id="ID_976" prev="#ID_975"> ihre andere Seite in's Auge faßt, indem man z. B. erwägt, daß ein Ding etwas<lb/> nur darum ist, weil es etwas anderes nicht ist, z. B. das Dreieck ist nicht co<lb/> Viereck u. s. w. Beides ist verschieden, aber doch wieder identisch, denn beides ist<lb/> Figur und nun so weiter fort. Die Methode ist ebenso bequem als leer, wenn<lb/> sie nicht durch eiuen so reichen Inhalt wie ihn Hegel in sich trug, ausgefüllt<lb/> wird; leere Geister, wie der größere Theil der Hegelianer es war, erfüllt sie mit<lb/> einer unerträglichen suffisance und verleidet ihnen jede gründliche Bildung.</p><lb/> <p xml:id="ID_977"> Denn das Bedürfniß eines zweiten Theil der Philosophie, neben der Logik,<lb/> macht sich freilich sofort geltend. Wir wissen nun, daß Idee und Wirklichkeit im<lb/> Begriff Eins sind, wir wollen es aber auch in der Anwendung sehen. Wir<lb/> wollen im Reich der Natur, der Geschichte, des Rechts, der Religion u. s. w.<lb/> erkennen, daß was wir empirisch gelernt haben, das Wirkliche, auch ideal, ver¬<lb/> nünftig ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_978"> Dieser Nachweis — der phänomenologtsche Theil der Philosophie — soll nun<lb/> eigentlich so geführt werden, daß man aus den logischen Begriffen heraus Natur, Ge¬<lb/> schichte, Recht, Religion u. f. w. a pria-i construirt. Der Form nach geschieht es<lb/> auch, nur hat z. B. die Geschichte das Unbequeme, daß in ihr Namen und Zah¬<lb/> len vorkommen, die sich wenigstens mit Eleganz aus dem absoluten Begriff heraus<lb/> nicht entwickeln lassen. Die Sache wird also so gemacht: das aus der empiri¬<lb/> schen Wissenschaft bekannte Material wird auf eine Weise gesichtet und geordnet,<lb/> daß der logische Gang der Idee in ihm durchscheint: eine Methode, die um<lb/> so bequemer ist, je weniger concretes Wissen man zu überwinden, in die Scha¬<lb/> blone einzuführen hat. Darum haben junge Hegelianer mit großer Vorliebe na¬<lb/> mentlich die Geschichte construirt und zwar bis tief in die Zukunft hinein, nach<lb/> These, Antithese, Synthese, -l, l», c, -l', I,-, u. s. w. So wird das Reich<lb/> der Empirie dein Gesetz der Nothwendigkeit unterworfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_979"> Aber es wird dadurch auch ziemlich verflüchtigt. In dem Fluß der absoluten<lb/> Idee verliert sich so leicht das Bestimmte. In der „Geschichte der Philosophie," der<lb/> „Philosophie der Geschichte" u. s. w. ist ein träumerischer Anstrich nicht zu verkennen,<lb/> wie kräftig auch im Detail der geschickte Künstler die der Realität entnommenen<lb/> Farben darzustellen weiß. Alexander, Friedrich, Napoleon, Luther — wer sie<lb/> kennt von anderwärts her, erhält durch einzelne eben so kühne als glückliche ZU!^<lb/> ein Verständniß, wie er es im gründlich einseitigen Detailstudium vergebens suchen<lb/> .würde, für eine wissenschaftliche Begründung -- die nicht blos anregen, sondern<lb/> überzeugen soll — ist aber wenig gethan.-</p><lb/> <p xml:id="ID_980" next="#ID_981"> Am Klarsten wird dies Verfahren in einem Werk, wie der Phänomeno<lb/> logie: der Geschichte der verschiedenen Entwicklungsstufen des menschlichen Be¬<lb/> wußtseins. Man wird überall dnrch weite Perspectiven angeregt, durch Lichtfunken,<lb/> die schnell und kurz ein abenteuerliches Labyrinth erleuchten, erweckt; wenn man<lb/> aber fragt, von welchem Geist ist eigentlich die Rede? von dem individuellen Be-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
ihre andere Seite in's Auge faßt, indem man z. B. erwägt, daß ein Ding etwas
nur darum ist, weil es etwas anderes nicht ist, z. B. das Dreieck ist nicht co
Viereck u. s. w. Beides ist verschieden, aber doch wieder identisch, denn beides ist
Figur und nun so weiter fort. Die Methode ist ebenso bequem als leer, wenn
sie nicht durch eiuen so reichen Inhalt wie ihn Hegel in sich trug, ausgefüllt
wird; leere Geister, wie der größere Theil der Hegelianer es war, erfüllt sie mit
einer unerträglichen suffisance und verleidet ihnen jede gründliche Bildung.
Denn das Bedürfniß eines zweiten Theil der Philosophie, neben der Logik,
macht sich freilich sofort geltend. Wir wissen nun, daß Idee und Wirklichkeit im
Begriff Eins sind, wir wollen es aber auch in der Anwendung sehen. Wir
wollen im Reich der Natur, der Geschichte, des Rechts, der Religion u. s. w.
erkennen, daß was wir empirisch gelernt haben, das Wirkliche, auch ideal, ver¬
nünftig ist.
Dieser Nachweis — der phänomenologtsche Theil der Philosophie — soll nun
eigentlich so geführt werden, daß man aus den logischen Begriffen heraus Natur, Ge¬
schichte, Recht, Religion u. f. w. a pria-i construirt. Der Form nach geschieht es
auch, nur hat z. B. die Geschichte das Unbequeme, daß in ihr Namen und Zah¬
len vorkommen, die sich wenigstens mit Eleganz aus dem absoluten Begriff heraus
nicht entwickeln lassen. Die Sache wird also so gemacht: das aus der empiri¬
schen Wissenschaft bekannte Material wird auf eine Weise gesichtet und geordnet,
daß der logische Gang der Idee in ihm durchscheint: eine Methode, die um
so bequemer ist, je weniger concretes Wissen man zu überwinden, in die Scha¬
blone einzuführen hat. Darum haben junge Hegelianer mit großer Vorliebe na¬
mentlich die Geschichte construirt und zwar bis tief in die Zukunft hinein, nach
These, Antithese, Synthese, -l, l», c, -l', I,-, u. s. w. So wird das Reich
der Empirie dein Gesetz der Nothwendigkeit unterworfen.
Aber es wird dadurch auch ziemlich verflüchtigt. In dem Fluß der absoluten
Idee verliert sich so leicht das Bestimmte. In der „Geschichte der Philosophie," der
„Philosophie der Geschichte" u. s. w. ist ein träumerischer Anstrich nicht zu verkennen,
wie kräftig auch im Detail der geschickte Künstler die der Realität entnommenen
Farben darzustellen weiß. Alexander, Friedrich, Napoleon, Luther — wer sie
kennt von anderwärts her, erhält durch einzelne eben so kühne als glückliche ZU!^
ein Verständniß, wie er es im gründlich einseitigen Detailstudium vergebens suchen
.würde, für eine wissenschaftliche Begründung -- die nicht blos anregen, sondern
überzeugen soll — ist aber wenig gethan.-
Am Klarsten wird dies Verfahren in einem Werk, wie der Phänomeno
logie: der Geschichte der verschiedenen Entwicklungsstufen des menschlichen Be¬
wußtseins. Man wird überall dnrch weite Perspectiven angeregt, durch Lichtfunken,
die schnell und kurz ein abenteuerliches Labyrinth erleuchten, erweckt; wenn man
aber fragt, von welchem Geist ist eigentlich die Rede? von dem individuellen Be-
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