Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Parlamentarische Thätigkeit lediglich auf den Einfluß, den er über die galizischen Georg von Stratimirovic. Georg von Stratimirovic ist der Sprößling einer berühmten slavischen Dy¬ Parlamentarische Thätigkeit lediglich auf den Einfluß, den er über die galizischen Georg von Stratimirovic. Georg von Stratimirovic ist der Sprößling einer berühmten slavischen Dy¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0167" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278677"/> <p xml:id="ID_508" prev="#ID_507"> Parlamentarische Thätigkeit lediglich auf den Einfluß, den er über die galizischen<lb/> Abgeordneten ausübte. Diese guten Leute, größtentheils aus Bauern bestehend,<lb/> die weder lesen noch schreiben konnten und bei ihrer Unkenntniß des Deutschen<lb/> kein Wort von dem verstanden, was um sie her vorging, waren so trefflich von<lb/> Stadion eingeschult, daß sie auf ein Zeichen von ihm bei jeder Abstimmung regel¬<lb/> mäßig wie Ein Mann aufstanden oder sitzen blieben. Eins der gelungensten Bil¬<lb/> der im Wiener Charivari stellte die galizischen Deputirten vor mit Zügeln im Munde,<lb/> deren Enden Stadion in seiner Hand hielt. Diese Deputirten — die ihrer Kopf¬<lb/> zahl nach beim Abstimmen immer ein großes Gewicht in die Wagschale legten —<lb/> bildeten mit ihrem Führer die sogenannte „Partei der Stummen" im Reichstage,<lb/> etwa den Wasserpolaken im frühern Parlamente zu Berlin vergleichbar.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Georg von Stratimirovic.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_509" next="#ID_510"> Georg von Stratimirovic ist der Sprößling einer berühmten slavischen Dy¬<lb/> nastenfamilie, welche in den ältesten Zeiten über Ragusa und Cataro geherrscht<lb/> hat, später aber, bald von den Venetianern, bald von den Türken gedrängt, ein<lb/> Asyl in den schwarzen Bergen des freien Montenegro fand. Bon da wanderten<lb/> die Stratimirovice theils nach Nußland aus, theils auf östreichischen Boden,<lb/> wo im Süden von Ungarn eben damals laufende Serben unter ihrem Patriarchen<lb/> Arsenius Cernvjevic sich eine Heimath gründeten, von Kaiser Leopold I. unter<lb/> Gewährleistung der wichtigsten Vorrechte gerufen, das ungarische Reich vor den<lb/> Türken zu schütze» ^IKttt). Der russischen Linie der Stratimirovice entsprossen<lb/> vier rühmlich genannte Generale. Die östreichische Linie, welche zumeist in der<lb/> Banka begütert ist, gebar jenen berühmten Erzbischof von Karlovic. Georg von<lb/> Stratimirovic ist desselben würdigen Kirchenfürsten Neffe und zu Kulpin, dem<lb/> Hauptorte des gleichnamigen Stratimirovic'schen Familienguts, im Februar des<lb/> Jahres l822 geboren. Er besuchte sehr frühzeitig das Karlvvicer serbische Gym¬<lb/> nasium, absolvirte und wurde dann, kaum 14 Jahre alt, Zögling des anerkannt<lb/> besten der östreichischen Militärinstitute, der k. k. Jngenienrakademie zu Wien.<lb/> Nach Vollendung des letzten Kursus erhielt er die Charge eines Premierlieutnants<lb/> beim Husarenregimente Fürst Reuß-Kostritz, welches damals in Italien garnisonirte.<lb/> Wer die Plackereien des östreichischen Kriegsdienstes in Friedenszeit ans eigener<lb/> Anschauung kennt, wird sich nicht darüber wundern, daß Stratimirovic nach ein¬<lb/> jähriger Dienstzeit auf unbestimmte Zeit Urlaub nahm und in seine Heimatt)<lb/> Zurückging. Hier lernte er die reizvolle und liebenswürdige Tochter des reichen<lb/> Gutsbesitzers Z. keimen. Sie sehen und lieben war eins, aber die Einwilligung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0167]
Parlamentarische Thätigkeit lediglich auf den Einfluß, den er über die galizischen
Abgeordneten ausübte. Diese guten Leute, größtentheils aus Bauern bestehend,
die weder lesen noch schreiben konnten und bei ihrer Unkenntniß des Deutschen
kein Wort von dem verstanden, was um sie her vorging, waren so trefflich von
Stadion eingeschult, daß sie auf ein Zeichen von ihm bei jeder Abstimmung regel¬
mäßig wie Ein Mann aufstanden oder sitzen blieben. Eins der gelungensten Bil¬
der im Wiener Charivari stellte die galizischen Deputirten vor mit Zügeln im Munde,
deren Enden Stadion in seiner Hand hielt. Diese Deputirten — die ihrer Kopf¬
zahl nach beim Abstimmen immer ein großes Gewicht in die Wagschale legten —
bildeten mit ihrem Führer die sogenannte „Partei der Stummen" im Reichstage,
etwa den Wasserpolaken im frühern Parlamente zu Berlin vergleichbar.
Georg von Stratimirovic.
Georg von Stratimirovic ist der Sprößling einer berühmten slavischen Dy¬
nastenfamilie, welche in den ältesten Zeiten über Ragusa und Cataro geherrscht
hat, später aber, bald von den Venetianern, bald von den Türken gedrängt, ein
Asyl in den schwarzen Bergen des freien Montenegro fand. Bon da wanderten
die Stratimirovice theils nach Nußland aus, theils auf östreichischen Boden,
wo im Süden von Ungarn eben damals laufende Serben unter ihrem Patriarchen
Arsenius Cernvjevic sich eine Heimath gründeten, von Kaiser Leopold I. unter
Gewährleistung der wichtigsten Vorrechte gerufen, das ungarische Reich vor den
Türken zu schütze» ^IKttt). Der russischen Linie der Stratimirovice entsprossen
vier rühmlich genannte Generale. Die östreichische Linie, welche zumeist in der
Banka begütert ist, gebar jenen berühmten Erzbischof von Karlovic. Georg von
Stratimirovic ist desselben würdigen Kirchenfürsten Neffe und zu Kulpin, dem
Hauptorte des gleichnamigen Stratimirovic'schen Familienguts, im Februar des
Jahres l822 geboren. Er besuchte sehr frühzeitig das Karlvvicer serbische Gym¬
nasium, absolvirte und wurde dann, kaum 14 Jahre alt, Zögling des anerkannt
besten der östreichischen Militärinstitute, der k. k. Jngenienrakademie zu Wien.
Nach Vollendung des letzten Kursus erhielt er die Charge eines Premierlieutnants
beim Husarenregimente Fürst Reuß-Kostritz, welches damals in Italien garnisonirte.
Wer die Plackereien des östreichischen Kriegsdienstes in Friedenszeit ans eigener
Anschauung kennt, wird sich nicht darüber wundern, daß Stratimirovic nach ein¬
jähriger Dienstzeit auf unbestimmte Zeit Urlaub nahm und in seine Heimatt)
Zurückging. Hier lernte er die reizvolle und liebenswürdige Tochter des reichen
Gutsbesitzers Z. keimen. Sie sehen und lieben war eins, aber die Einwilligung
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