Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

lagerungSzustandgcsinnung beim Minister des Innern um Entlassung Fischhofs petitio-
nirt! Greis Stadion antwortete: Man würde ihm (dem Minister) einen solchen Schritt
als Verleugnung des März auslegen. Die Militärgewalt jedoch kümmerte sich
nicht um die öffentliche Stimme und brachte Fischhof gleich nach Auflösung des
Kremsier Reichstags in den Kerker. Dort sitzt nun der Mann, welcher Oestreich im
Jahre 1848 aus vielen innern Drangsalen gerettet und harrt des Urtheils, das
ihm auf Grundlage gemeiner Denunciationen und des östreichischen Kriminalgesetz-
bnches, das die Märzbewegung nie anerkennen kann, gesprochen werden soll.
Die Bevölkerung Wiens bezeigt dem edlen Liebling ihre stille Theilnahme, indem
ihm von unbekannten Händen zahlreiche Geschenke und Aufmerksamkeiten in seine
einsame Klause zugesandt werden.

Adolf Fischhof ist 1817 in Pesth geboren, hat daselbst und in Wien seine
medicinischen Studien vollendet und wurde im Jahre 1846 Secundararzt am k. k.
allg. Krankenhause zu Wien. Als practischer Arzt genießt er das volle Vertrauen
seiner College" und zeigt in seiner medicinischen Praxis dieselbe Ueberlegenheit deö
Geistes und Festigkeit der Grundsätze, welche er im politischen Leben bewie¬
sen hat.

Viele Freunde Fischhofs fürchten, daß sein Charakter unter der Wucht seines
unglücklichen Schicksals erliegen würde. Wer aber die echt republikanischen Tu¬
genden*), die tiefe patriotische Begeisterung und Seelenstärke Fischhofs kennt,
welche ihm jedes Opfer, das sich mit der freien Manneswürde verträgt, für das
Gemeinwohl möglich macht, der wird keine solche Befürchtungen hegen.

Der Adel einer menschlichen Seele drückt sich gewöhnlich auch in der äußern
Persönlichkeit aus. Dies ist bei Fischhof der Fall. Eine kräftige Gestalt, Würde
"ut Ausdruck in jeder Bewegung, ein Gesicht, wie wir es an den antiken Büsten
des Jupiter sehen, fest und kernig in den äußern Formen, aber milde und fein
in den Zügen, breite, den Ausdruck der Gedanken bezeichnende Stirn/ein klares
braunes Auge, voller Bart, -- dies gibt beiläufig ein Bild jenes Mannes, den
jeder Oestreicher, welcher Nationalität und welcher Partei er auch angehöre, mit
Stolz und Liebe seinen besten Landsmann nennt. Fischhof ist der Patriot des
neuen Oestreich. Altöstrcich hält ihn gefesselt, als wollte es in ihm den Geist des
vergangenen Jahres gefesselt halten.





*) Zur Kenntniß der k. k. Militärbehörden sei's gesagt, daß auch in der Monarchie re¬
publikanische Tugenden am Platze sind. Joseph it. und Radetzky z. B. haben solche auszu¬
weisen.

lagerungSzustandgcsinnung beim Minister des Innern um Entlassung Fischhofs petitio-
nirt! Greis Stadion antwortete: Man würde ihm (dem Minister) einen solchen Schritt
als Verleugnung des März auslegen. Die Militärgewalt jedoch kümmerte sich
nicht um die öffentliche Stimme und brachte Fischhof gleich nach Auflösung des
Kremsier Reichstags in den Kerker. Dort sitzt nun der Mann, welcher Oestreich im
Jahre 1848 aus vielen innern Drangsalen gerettet und harrt des Urtheils, das
ihm auf Grundlage gemeiner Denunciationen und des östreichischen Kriminalgesetz-
bnches, das die Märzbewegung nie anerkennen kann, gesprochen werden soll.
Die Bevölkerung Wiens bezeigt dem edlen Liebling ihre stille Theilnahme, indem
ihm von unbekannten Händen zahlreiche Geschenke und Aufmerksamkeiten in seine
einsame Klause zugesandt werden.

Adolf Fischhof ist 1817 in Pesth geboren, hat daselbst und in Wien seine
medicinischen Studien vollendet und wurde im Jahre 1846 Secundararzt am k. k.
allg. Krankenhause zu Wien. Als practischer Arzt genießt er das volle Vertrauen
seiner College« und zeigt in seiner medicinischen Praxis dieselbe Ueberlegenheit deö
Geistes und Festigkeit der Grundsätze, welche er im politischen Leben bewie¬
sen hat.

Viele Freunde Fischhofs fürchten, daß sein Charakter unter der Wucht seines
unglücklichen Schicksals erliegen würde. Wer aber die echt republikanischen Tu¬
genden*), die tiefe patriotische Begeisterung und Seelenstärke Fischhofs kennt,
welche ihm jedes Opfer, das sich mit der freien Manneswürde verträgt, für das
Gemeinwohl möglich macht, der wird keine solche Befürchtungen hegen.

Der Adel einer menschlichen Seele drückt sich gewöhnlich auch in der äußern
Persönlichkeit aus. Dies ist bei Fischhof der Fall. Eine kräftige Gestalt, Würde
»ut Ausdruck in jeder Bewegung, ein Gesicht, wie wir es an den antiken Büsten
des Jupiter sehen, fest und kernig in den äußern Formen, aber milde und fein
in den Zügen, breite, den Ausdruck der Gedanken bezeichnende Stirn/ein klares
braunes Auge, voller Bart, — dies gibt beiläufig ein Bild jenes Mannes, den
jeder Oestreicher, welcher Nationalität und welcher Partei er auch angehöre, mit
Stolz und Liebe seinen besten Landsmann nennt. Fischhof ist der Patriot des
neuen Oestreich. Altöstrcich hält ihn gefesselt, als wollte es in ihm den Geist des
vergangenen Jahres gefesselt halten.





*) Zur Kenntniß der k. k. Militärbehörden sei's gesagt, daß auch in der Monarchie re¬
publikanische Tugenden am Platze sind. Joseph it. und Radetzky z. B. haben solche auszu¬
weisen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278653"/>
          <p xml:id="ID_414" prev="#ID_413"> lagerungSzustandgcsinnung beim Minister des Innern um Entlassung Fischhofs petitio-<lb/>
nirt! Greis Stadion antwortete: Man würde ihm (dem Minister) einen solchen Schritt<lb/>
als Verleugnung des März auslegen. Die Militärgewalt jedoch kümmerte sich<lb/>
nicht um die öffentliche Stimme und brachte Fischhof gleich nach Auflösung des<lb/>
Kremsier Reichstags in den Kerker. Dort sitzt nun der Mann, welcher Oestreich im<lb/>
Jahre 1848 aus vielen innern Drangsalen gerettet und harrt des Urtheils, das<lb/>
ihm auf Grundlage gemeiner Denunciationen und des östreichischen Kriminalgesetz-<lb/>
bnches, das die Märzbewegung nie anerkennen kann, gesprochen werden soll.<lb/>
Die Bevölkerung Wiens bezeigt dem edlen Liebling ihre stille Theilnahme, indem<lb/>
ihm von unbekannten Händen zahlreiche Geschenke und Aufmerksamkeiten in seine<lb/>
einsame Klause zugesandt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_415"> Adolf Fischhof ist 1817 in Pesth geboren, hat daselbst und in Wien seine<lb/>
medicinischen Studien vollendet und wurde im Jahre 1846 Secundararzt am k. k.<lb/>
allg. Krankenhause zu Wien. Als practischer Arzt genießt er das volle Vertrauen<lb/>
seiner College« und zeigt in seiner medicinischen Praxis dieselbe Ueberlegenheit deö<lb/>
Geistes und Festigkeit der Grundsätze, welche er im politischen Leben bewie¬<lb/>
sen hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_416"> Viele Freunde Fischhofs fürchten, daß sein Charakter unter der Wucht seines<lb/>
unglücklichen Schicksals erliegen würde. Wer aber die echt republikanischen Tu¬<lb/>
genden*), die tiefe patriotische Begeisterung und Seelenstärke Fischhofs kennt,<lb/>
welche ihm jedes Opfer, das sich mit der freien Manneswürde verträgt, für das<lb/>
Gemeinwohl möglich macht, der wird keine solche Befürchtungen hegen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_417"> Der Adel einer menschlichen Seele drückt sich gewöhnlich auch in der äußern<lb/>
Persönlichkeit aus. Dies ist bei Fischhof der Fall. Eine kräftige Gestalt, Würde<lb/>
»ut Ausdruck in jeder Bewegung, ein Gesicht, wie wir es an den antiken Büsten<lb/>
des Jupiter sehen, fest und kernig in den äußern Formen, aber milde und fein<lb/>
in den Zügen, breite, den Ausdruck der Gedanken bezeichnende Stirn/ein klares<lb/>
braunes Auge, voller Bart, &#x2014; dies gibt beiläufig ein Bild jenes Mannes, den<lb/>
jeder Oestreicher, welcher Nationalität und welcher Partei er auch angehöre, mit<lb/>
Stolz und Liebe seinen besten Landsmann nennt. Fischhof ist der Patriot des<lb/>
neuen Oestreich. Altöstrcich hält ihn gefesselt, als wollte es in ihm den Geist des<lb/>
vergangenen Jahres gefesselt halten.</p><lb/>
          <note xml:id="FID_7" place="foot"> *) Zur Kenntniß der k. k. Militärbehörden sei's gesagt, daß auch in der Monarchie re¬<lb/>
publikanische Tugenden am Platze sind. Joseph it. und Radetzky z. B. haben solche auszu¬<lb/>
weisen.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0143] lagerungSzustandgcsinnung beim Minister des Innern um Entlassung Fischhofs petitio- nirt! Greis Stadion antwortete: Man würde ihm (dem Minister) einen solchen Schritt als Verleugnung des März auslegen. Die Militärgewalt jedoch kümmerte sich nicht um die öffentliche Stimme und brachte Fischhof gleich nach Auflösung des Kremsier Reichstags in den Kerker. Dort sitzt nun der Mann, welcher Oestreich im Jahre 1848 aus vielen innern Drangsalen gerettet und harrt des Urtheils, das ihm auf Grundlage gemeiner Denunciationen und des östreichischen Kriminalgesetz- bnches, das die Märzbewegung nie anerkennen kann, gesprochen werden soll. Die Bevölkerung Wiens bezeigt dem edlen Liebling ihre stille Theilnahme, indem ihm von unbekannten Händen zahlreiche Geschenke und Aufmerksamkeiten in seine einsame Klause zugesandt werden. Adolf Fischhof ist 1817 in Pesth geboren, hat daselbst und in Wien seine medicinischen Studien vollendet und wurde im Jahre 1846 Secundararzt am k. k. allg. Krankenhause zu Wien. Als practischer Arzt genießt er das volle Vertrauen seiner College« und zeigt in seiner medicinischen Praxis dieselbe Ueberlegenheit deö Geistes und Festigkeit der Grundsätze, welche er im politischen Leben bewie¬ sen hat. Viele Freunde Fischhofs fürchten, daß sein Charakter unter der Wucht seines unglücklichen Schicksals erliegen würde. Wer aber die echt republikanischen Tu¬ genden*), die tiefe patriotische Begeisterung und Seelenstärke Fischhofs kennt, welche ihm jedes Opfer, das sich mit der freien Manneswürde verträgt, für das Gemeinwohl möglich macht, der wird keine solche Befürchtungen hegen. Der Adel einer menschlichen Seele drückt sich gewöhnlich auch in der äußern Persönlichkeit aus. Dies ist bei Fischhof der Fall. Eine kräftige Gestalt, Würde »ut Ausdruck in jeder Bewegung, ein Gesicht, wie wir es an den antiken Büsten des Jupiter sehen, fest und kernig in den äußern Formen, aber milde und fein in den Zügen, breite, den Ausdruck der Gedanken bezeichnende Stirn/ein klares braunes Auge, voller Bart, — dies gibt beiläufig ein Bild jenes Mannes, den jeder Oestreicher, welcher Nationalität und welcher Partei er auch angehöre, mit Stolz und Liebe seinen besten Landsmann nennt. Fischhof ist der Patriot des neuen Oestreich. Altöstrcich hält ihn gefesselt, als wollte es in ihm den Geist des vergangenen Jahres gefesselt halten. *) Zur Kenntniß der k. k. Militärbehörden sei's gesagt, daß auch in der Monarchie re¬ publikanische Tugenden am Platze sind. Joseph it. und Radetzky z. B. haben solche auszu¬ weisen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/143
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/143>, abgerufen am 15.01.2025.