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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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seiner schwierigen verantwortlichen Stellung als Präsident einer Behörde, deren
Wirksamkeit damals über den schwachen Ministerrath hinaus in alle Zweige der
Verwaltung eingriff und von deren Verhalten die Ruhe und Sicherheit der Haupt¬
stadt durch mehr als zwei Monate abhing. Durch seine ruhige und möglichst
gerechte Leitung der politischen Debatten in dieser Versammlung wußte Fischhof
die Sympathien der separatistischen Provinzen der Hauptstadt zu erhalten und wie
sehr er selbst die Achtung des gegen jede revolutionäre Erscheinung erzürnten Mi¬
litärs genoß, geht aus den bekannten Worten General Wallmodenö in Prag her¬
vor: "Pillersdorf -- den kennen wir hier nicht. Fischhof -- ist ein guter Name."
Daß seine Einsicht in die politischen Verhältnisse Oestreichs anch diese Klasse der
Nation berücksichtigte, zeigte eine glänzende Rede, in welcher er die Versammlung,
deren radikale Elemente sich gegen den Krieg in Italien ausgesprochen hatten, zur
Begeisterung und zu reichlichen Beiträgen sür die östreichische Armee hinriß. Eben
so muthig stellte er sich allen revolutionären Gelüsten der Arbeiter so wie der
Demokraten j>"r korce entgegen. Als eines Tages die Aufregung unter den Ar¬
beitern bedenklich gestiegen war, ließ Fischhof die Nationalgarde uuter dem Ober¬
kommandanten Pcmasch ausrücken. Die Arbeiter nahmen von Stunde zu Stunde eine
drohlichere Stellung ein und der Sicherheitsausschuß selbst fürchtete von ihnen gestürmt
zu werden. Anträge auf Zurückziehung der bewaffneten Macht und Gewährung der
unbilligen Forderungen der Arbeiter wurden gestellt. Aber Fischhof donnerte die
Antragsteller mit fester Entschlossenheit nieder und erklärte einen Jeden für einen
Verräther am Wohle der Hauptstadt, der noch einen ähnlichen Antrag vorbringen
oder den Saal vor Beseitigung der Gefahr verlassen würde. Indessen hatte sich
Oberkommandant Panasch persönlich in Unterhandlungen mit den Arbeitern ein¬
gelassen. Als dies im Ausschusse bekannt wurde, ließ der Präsident dem
Obersten Panasch vor die Versammlung entbieten. Keiner der Zuhörer, welche
in jener Stunde im Saale anwesend waren, wird je den Eindruck vergessen,
welchen die Worte Fischhofs auf den alten Solduten sowie auf die ganze Ver¬
sammlung machte. Mit einer Hoheit des Ausdrucks, welche nur der innere See¬
lenadel und der echte Patriotismus verleihen kann, führte der Präsident des
Sicherheitsauöschusses die Gefahren der Stadt und die Unvorsichtigkeit seiner Hand¬
lungsweise dem Obersten vor Augen und zu Gemüth. LautloseStille herrschte im ganzen
Saale, auf der Straße hörte mau das Gesumme und Murren der aufgeregten
Masse, der greise Panasch bot unter Thränen seine Demission an -- ein Augen¬
blick der Spannung und tragischen Erhebung bemächtigte sich der Zuhörer. --
Da nahm Fischhvf wieder das Wort. Sein Gesicht ward wieder ruhig und milde,
die Aufregung des edlen Zorns lag nur noch wie eine Verklärung über seinen
Zügen. Mit einer geistreichen Wendung und mit gerührter Stimme reicht er dem
erschütterten alten Manne die Hand und stellte so die Versöhnung und Einheit
zwischen den obersten Behörden der Stadt und in der ganzen Versammlung, welche


seiner schwierigen verantwortlichen Stellung als Präsident einer Behörde, deren
Wirksamkeit damals über den schwachen Ministerrath hinaus in alle Zweige der
Verwaltung eingriff und von deren Verhalten die Ruhe und Sicherheit der Haupt¬
stadt durch mehr als zwei Monate abhing. Durch seine ruhige und möglichst
gerechte Leitung der politischen Debatten in dieser Versammlung wußte Fischhof
die Sympathien der separatistischen Provinzen der Hauptstadt zu erhalten und wie
sehr er selbst die Achtung des gegen jede revolutionäre Erscheinung erzürnten Mi¬
litärs genoß, geht aus den bekannten Worten General Wallmodenö in Prag her¬
vor: „Pillersdorf — den kennen wir hier nicht. Fischhof — ist ein guter Name."
Daß seine Einsicht in die politischen Verhältnisse Oestreichs anch diese Klasse der
Nation berücksichtigte, zeigte eine glänzende Rede, in welcher er die Versammlung,
deren radikale Elemente sich gegen den Krieg in Italien ausgesprochen hatten, zur
Begeisterung und zu reichlichen Beiträgen sür die östreichische Armee hinriß. Eben
so muthig stellte er sich allen revolutionären Gelüsten der Arbeiter so wie der
Demokraten j>»r korce entgegen. Als eines Tages die Aufregung unter den Ar¬
beitern bedenklich gestiegen war, ließ Fischhof die Nationalgarde uuter dem Ober¬
kommandanten Pcmasch ausrücken. Die Arbeiter nahmen von Stunde zu Stunde eine
drohlichere Stellung ein und der Sicherheitsausschuß selbst fürchtete von ihnen gestürmt
zu werden. Anträge auf Zurückziehung der bewaffneten Macht und Gewährung der
unbilligen Forderungen der Arbeiter wurden gestellt. Aber Fischhof donnerte die
Antragsteller mit fester Entschlossenheit nieder und erklärte einen Jeden für einen
Verräther am Wohle der Hauptstadt, der noch einen ähnlichen Antrag vorbringen
oder den Saal vor Beseitigung der Gefahr verlassen würde. Indessen hatte sich
Oberkommandant Panasch persönlich in Unterhandlungen mit den Arbeitern ein¬
gelassen. Als dies im Ausschusse bekannt wurde, ließ der Präsident dem
Obersten Panasch vor die Versammlung entbieten. Keiner der Zuhörer, welche
in jener Stunde im Saale anwesend waren, wird je den Eindruck vergessen,
welchen die Worte Fischhofs auf den alten Solduten sowie auf die ganze Ver¬
sammlung machte. Mit einer Hoheit des Ausdrucks, welche nur der innere See¬
lenadel und der echte Patriotismus verleihen kann, führte der Präsident des
Sicherheitsauöschusses die Gefahren der Stadt und die Unvorsichtigkeit seiner Hand¬
lungsweise dem Obersten vor Augen und zu Gemüth. LautloseStille herrschte im ganzen
Saale, auf der Straße hörte mau das Gesumme und Murren der aufgeregten
Masse, der greise Panasch bot unter Thränen seine Demission an — ein Augen¬
blick der Spannung und tragischen Erhebung bemächtigte sich der Zuhörer. —
Da nahm Fischhvf wieder das Wort. Sein Gesicht ward wieder ruhig und milde,
die Aufregung des edlen Zorns lag nur noch wie eine Verklärung über seinen
Zügen. Mit einer geistreichen Wendung und mit gerührter Stimme reicht er dem
erschütterten alten Manne die Hand und stellte so die Versöhnung und Einheit
zwischen den obersten Behörden der Stadt und in der ganzen Versammlung, welche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/140>, abgerufen am 15.01.2025.