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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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mung herstellen. Also dieser Deus ex in-rclmis, hält sich einstweilen zu einer
Schlußscene im französischen Drama bereit.

Nun, wenn's auch in Italien Nichts gibt, so ist ja Deutschland groß genug
für ein radicales Herz. Zum Beispiele ein neuer Freischaarenzug am Rhein hin¬
auf? Vielleicht. Der brave Hecker sitzt weit uber'n Ocean und jagt in den Ur¬
wäldern, Herwegh erholt sich im Arme seiner Hochverrätherin von der Ohn¬
macht seiner letzten Heldenthat, Struve studirt, was er bis jetzt versäumt, im
Gefängniß "ach und Heinzen hat keine Lust mehr, mit den "verthierten
Söldlingen" anzubinden. Also die frühern deutschen Catilinas fehlen. Und über¬
dies ist die Rinaldoromcmtik bei unsern Landsleuten sehr in Verruf gekommen.
Auch in den Einzelstaaten geht's nicht. In Preußen hat der grimmige Holsteiner die
beiden Kammern unter seinen ritterlichen Schutz genommen, und das ganze Volk hat
sich in die Verfassungsurkunde vom 5. Dcbr., wie in einen Panzer gehüllt, an welchem
alle Pfeile der Radicalen abprallen. Oder in Sachsen? Nun, seit jener einzigen
und untheilbaren Barrikade in Leipzig, haben wir allen Respect vor den sächsi¬
schen Revolutionärs verloren. Viel Geschrei und wenig Wolle, so lange keine
Messe ist und viel Wolle und wenig Geschrei, wenn die Messe herankommt. Aber
Baiern? Diese ehrenfester Biersassen stemmen sich ja gegen den deutschen Bundes-
staat, respective preußische Centralgewalt, daß es eine Freude ist! Und Oestreich
schürt im Geheimen das Feuer an, und drückt gerne ein Auge zu,^ wenn der
Separatismus seine Minen gegen Preußen und eine schnelle Organisation des
starken Bundesstaates anlegt. Auch da gibts ein probates Mittel. Wir kümmern
uns um Baiern gar nicht und lassen das kaiserl. Cabinet heisern und knurren,
soviel es will. Es hat ohnehin genug im eigenen Reich zu thun, wo die Bar¬
barei und Menschenfresserei eben in schönster Blüthe ist. Das kaiserliche Cabinet
mag zusehen, daß die armen Wiener nicht selbst Plötzlich die Zwangsjacke abwer¬
fen und höchstdemselben in'S Gesicht schlagen. Und die Russen sind auch keine
angenehmen Nachbarn, davon können die Moldauer und Wallachen furchtbare Ge¬
schichten erzählen. Also was innerhalb der schwarzgclven Schranke geschieht, das
bildet ein apartes Capitel.

Also im Ganzen fleht es eben nicht so ungeheuerlich ans in der civilisirten
Und revolutionären Welt. Ich denke, ihr Deutschen werdet ruhig die Märzveilchen
Pflücken und sie euren Schönen mit einer zarten Anspielung auf die gesegneten
Umstände, in welchen sich eben unser Vaterland befindet, überreichen können. Der
Frühling wird uns Alle mit frischer Kraft durchdringen und wenn die Bäume
und die Radicalen ausschlagen, so werden wir zeigen, daß wir in unserer Ent¬
wicklung nicht zurückgeblieben und daß wir eben so gesunde feste Gesellen sind, die
'hr politisches Handwerk verstehen, wie irgend ein bärhäutiger Demokrat im heili-
Len d D eutschen Reich!




Grenjbotkn. l. ISig.50

mung herstellen. Also dieser Deus ex in-rclmis, hält sich einstweilen zu einer
Schlußscene im französischen Drama bereit.

Nun, wenn's auch in Italien Nichts gibt, so ist ja Deutschland groß genug
für ein radicales Herz. Zum Beispiele ein neuer Freischaarenzug am Rhein hin¬
auf? Vielleicht. Der brave Hecker sitzt weit uber'n Ocean und jagt in den Ur¬
wäldern, Herwegh erholt sich im Arme seiner Hochverrätherin von der Ohn¬
macht seiner letzten Heldenthat, Struve studirt, was er bis jetzt versäumt, im
Gefängniß »ach und Heinzen hat keine Lust mehr, mit den „verthierten
Söldlingen" anzubinden. Also die frühern deutschen Catilinas fehlen. Und über¬
dies ist die Rinaldoromcmtik bei unsern Landsleuten sehr in Verruf gekommen.
Auch in den Einzelstaaten geht's nicht. In Preußen hat der grimmige Holsteiner die
beiden Kammern unter seinen ritterlichen Schutz genommen, und das ganze Volk hat
sich in die Verfassungsurkunde vom 5. Dcbr., wie in einen Panzer gehüllt, an welchem
alle Pfeile der Radicalen abprallen. Oder in Sachsen? Nun, seit jener einzigen
und untheilbaren Barrikade in Leipzig, haben wir allen Respect vor den sächsi¬
schen Revolutionärs verloren. Viel Geschrei und wenig Wolle, so lange keine
Messe ist und viel Wolle und wenig Geschrei, wenn die Messe herankommt. Aber
Baiern? Diese ehrenfester Biersassen stemmen sich ja gegen den deutschen Bundes-
staat, respective preußische Centralgewalt, daß es eine Freude ist! Und Oestreich
schürt im Geheimen das Feuer an, und drückt gerne ein Auge zu,^ wenn der
Separatismus seine Minen gegen Preußen und eine schnelle Organisation des
starken Bundesstaates anlegt. Auch da gibts ein probates Mittel. Wir kümmern
uns um Baiern gar nicht und lassen das kaiserl. Cabinet heisern und knurren,
soviel es will. Es hat ohnehin genug im eigenen Reich zu thun, wo die Bar¬
barei und Menschenfresserei eben in schönster Blüthe ist. Das kaiserliche Cabinet
mag zusehen, daß die armen Wiener nicht selbst Plötzlich die Zwangsjacke abwer¬
fen und höchstdemselben in'S Gesicht schlagen. Und die Russen sind auch keine
angenehmen Nachbarn, davon können die Moldauer und Wallachen furchtbare Ge¬
schichten erzählen. Also was innerhalb der schwarzgclven Schranke geschieht, das
bildet ein apartes Capitel.

Also im Ganzen fleht es eben nicht so ungeheuerlich ans in der civilisirten
Und revolutionären Welt. Ich denke, ihr Deutschen werdet ruhig die Märzveilchen
Pflücken und sie euren Schönen mit einer zarten Anspielung auf die gesegneten
Umstände, in welchen sich eben unser Vaterland befindet, überreichen können. Der
Frühling wird uns Alle mit frischer Kraft durchdringen und wenn die Bäume
und die Radicalen ausschlagen, so werden wir zeigen, daß wir in unserer Ent¬
wicklung nicht zurückgeblieben und daß wir eben so gesunde feste Gesellen sind, die
'hr politisches Handwerk verstehen, wie irgend ein bärhäutiger Demokrat im heili-
Len d D eutschen Reich!




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/401>, abgerufen am 22.12.2024.