Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.Möge Sachsen und Baiern dann sich an Oestreich anschließen, oder ein eig¬ In diesen heilgen Hallen Kennt man die Rache nicht, Und ist ein Mensch gefallen, Ruft Liebe ihn zur Pflicht. Dann wandelt er an Freundes Hand, I. 5. Portraits preußischer Wahlcandidaten und Deputirten. ?) Walter. Nicht ohne Scheu nahe ich mich den heiligen Hallen deutschen Das Aeußere eines deutschen Professors ist bekannt: das verwitterte Möge Sachsen und Baiern dann sich an Oestreich anschließen, oder ein eig¬ In diesen heilgen Hallen Kennt man die Rache nicht, Und ist ein Mensch gefallen, Ruft Liebe ihn zur Pflicht. Dann wandelt er an Freundes Hand, I. 5. Portraits preußischer Wahlcandidaten und Deputirten. ?) Walter. Nicht ohne Scheu nahe ich mich den heiligen Hallen deutschen Das Aeußere eines deutschen Professors ist bekannt: das verwitterte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278345"/> <p xml:id="ID_1956"> Möge Sachsen und Baiern dann sich an Oestreich anschließen, oder ein eig¬<lb/> nes idyllisches Leben in den Bergen führen; die Nothwendigkeit wird sie in's rich¬<lb/> tige Gleise treiben, und dann wird Sarastro zu ihnen sprechen:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_4" type="poem"> <l> In diesen heilgen Hallen<lb/><lb/> Kennt man die Rache nicht,<lb/><lb/> Und ist ein Mensch gefallen,<lb/><lb/> Ruft Liebe ihn zur Pflicht.<lb/><lb/> Dann wandelt er an Freundes Hand,<lb/></l> </lg><lb/> <note type="byline"> I. 5.</note><lb/> <p xml:id="ID_1957"> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Portraits preußischer Wahlcandidaten und Deputirten.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1958"> ?) Walter. Nicht ohne Scheu nahe ich mich den heiligen Hallen deutschen<lb/> Professorenthums, doch geht's nicht anders. Wo ein Dutzend Deutsche beisammen<lb/> sind, und seien es auch nur Portraits, da muß wenigstens Ein Professor darunter<lb/> sein. Indeß will ich, eingedenk der Würdigkeit des Gegenstandes, einen so gra¬<lb/> vitätischen Ton anschlagen, wie nur irgend möglich, und den leichten Sokkus mit<lb/> dem schwerfälligen Cothurn vertauschen. Wir haben hier in Einer Person die er¬<lb/> bauliche Trias eines Deputirten, Professors und Ultramontanen vor uns; leider<lb/> kann ich den politischen Katholicismus weniger hervorheben, da mir der ruhm¬<lb/> reiche Holsteiner dazwischen gefahren ist. Das Eine vergeh' ich ihm nimmer, daß er<lb/> die Vereinbarer nicht noch die Schul- und Kirchenfrage berathen ließ; im Uebrigen<lb/> war es kein Unglück, nach den ewigen Wiederholungen des politischen Kannegießers<lb/> anch einmal eine classische Oper, wie das unterbrochene Opferfest, ini Schauspiel¬<lb/> hause zur Aufführung zu bringen - der Geschmack des Publikums war schon<lb/> verderbt genug.</p><lb/> <p xml:id="ID_1959" next="#ID_1960"> Das Aeußere eines deutschen Professors ist bekannt: das verwitterte<lb/> Antlitz, die knöcherne, gebückte Gestalt, das eigenthümliche Gelchrtengrau des<lb/> wirren Haares — das Alles ist stereotyp, wie Harlekins Schellenkappe. Doch<lb/> Prägt sich in Walter's Gesicht neben jeuer bekannten Verbissenheit und Zerstreut¬<lb/> heit noch ein gewisser Zug kindlicher Naivetät aus. Dies Exterieur täuscht uns<lb/> nicht, wir finden dieselbe ungezwungene Natürlichkeit in seinem Wesen wieder.<lb/> Unter den würdigen Commilitonen der I^ii<lor!ein Luilolm-t kUieimmi, war er zu<lb/> Meiner Zeit mir unter dem Namen des Herzbrechenden bekannt. In jeder Vor¬<lb/> lesung nämlich besprach er wenigstens Eine Conjectur des „unsterblichen" Nie-<lb/> buhr ^- und fast jedesmal fügte er in kläglichem Tone hinzu: „Meine Herren!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0357]
Möge Sachsen und Baiern dann sich an Oestreich anschließen, oder ein eig¬
nes idyllisches Leben in den Bergen führen; die Nothwendigkeit wird sie in's rich¬
tige Gleise treiben, und dann wird Sarastro zu ihnen sprechen:
In diesen heilgen Hallen
Kennt man die Rache nicht,
Und ist ein Mensch gefallen,
Ruft Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundes Hand,
I. 5.
Portraits preußischer Wahlcandidaten und Deputirten.
?) Walter. Nicht ohne Scheu nahe ich mich den heiligen Hallen deutschen
Professorenthums, doch geht's nicht anders. Wo ein Dutzend Deutsche beisammen
sind, und seien es auch nur Portraits, da muß wenigstens Ein Professor darunter
sein. Indeß will ich, eingedenk der Würdigkeit des Gegenstandes, einen so gra¬
vitätischen Ton anschlagen, wie nur irgend möglich, und den leichten Sokkus mit
dem schwerfälligen Cothurn vertauschen. Wir haben hier in Einer Person die er¬
bauliche Trias eines Deputirten, Professors und Ultramontanen vor uns; leider
kann ich den politischen Katholicismus weniger hervorheben, da mir der ruhm¬
reiche Holsteiner dazwischen gefahren ist. Das Eine vergeh' ich ihm nimmer, daß er
die Vereinbarer nicht noch die Schul- und Kirchenfrage berathen ließ; im Uebrigen
war es kein Unglück, nach den ewigen Wiederholungen des politischen Kannegießers
anch einmal eine classische Oper, wie das unterbrochene Opferfest, ini Schauspiel¬
hause zur Aufführung zu bringen - der Geschmack des Publikums war schon
verderbt genug.
Das Aeußere eines deutschen Professors ist bekannt: das verwitterte
Antlitz, die knöcherne, gebückte Gestalt, das eigenthümliche Gelchrtengrau des
wirren Haares — das Alles ist stereotyp, wie Harlekins Schellenkappe. Doch
Prägt sich in Walter's Gesicht neben jeuer bekannten Verbissenheit und Zerstreut¬
heit noch ein gewisser Zug kindlicher Naivetät aus. Dies Exterieur täuscht uns
nicht, wir finden dieselbe ungezwungene Natürlichkeit in seinem Wesen wieder.
Unter den würdigen Commilitonen der I^ii<lor!ein Luilolm-t kUieimmi, war er zu
Meiner Zeit mir unter dem Namen des Herzbrechenden bekannt. In jeder Vor¬
lesung nämlich besprach er wenigstens Eine Conjectur des „unsterblichen" Nie-
buhr ^- und fast jedesmal fügte er in kläglichem Tone hinzu: „Meine Herren!
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