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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Sie es jetzt und antworten Sie mir so offen, als ob Sie nie eine Lüge
geredet hätten.


Wald.

Sprich, schöne Vestale, ich werde antworten.


Gerk r.

Weshalb weilten Sie drei Tage unter diesem Dach? Weshalb

verbargen Sie sich zwischen unsern Wänden? -- War es, wie Sie uns sagten,
war es Furcht vor Gefahr, eigener oder fremder, oder war es auch nur Sorge
um üble Nachrede und Kränkung, die Sie oder Ihre Freunde betroffen hätte,
war es nur das, so sagen Sie mir ein Ja, nichts als ein Ja, und scheiden Sie
friedlich über diese Schwelle, als ein Gast, dessen wir in Freude und Leid noch
lange gedenken werden. -- Sprechen Sie, Herr Graf. --


Wald,
(nachdenkend).

Ich könnte noch jetzt ein Ja sagen, aber ich will selbst

dieser unbegreiflichen Stimmung gegenüber nicht länger täuschen. Ich blieb hier,
weil es mich sehr fest hielt in diesen Räumen, und wenn ich mich ehrlich frage,
so blieb ich Ihretwegen hier, Gertrud, weil mich ein starkes Interesse zu
Ihnen zog.


Gertr.

Du hörst es, mein Vater, er hat uns belogen! Eigennützig, rück¬

sichtslos hat er unser Vertrauen getäuscht, für eine Laune, eine edle Laune hat
er uusern ehrlichen Namen der Verleumdung vorgeworfen, sein Anblick bringt
Unheil, sein Lachen wird ein Fluch! Komm, Vater, hinweg, hinweg von ihm.
(stützt sich auf Hiller, schwach) Gehen Sie, Herr Graf, gehen Sie, möge Ihr Leben
glücklicher sein, als Sie um uns verdient, (sinkt erschöpft zusammen)


Hiller.

Mein armes Kind!

Wald, (der unbeweglich gestanden). Lebt wohl! (wendet sich schnell zum
Abgang.)

(Fortsetzung folgt.)




Geheimnisse der Tuilerien in der Februarrevolution von 1848.



Es kommt der Jahrestag der verhängnißvollen Zeit, welche einen unpopulären
König landesflüchtig machte und Frankreich in die Gefahren einer ungeheuren poli¬
tischen Krisis warf, und das Volk durch phantastischen Idealismus zur nüchternen
Soldatenherrschaft, und wenn in der nächsten Zukunft günstige Sterne regieren,
aus dem Regiment glückliche Feldherrn zur Decentralisation und dadurch zur Frei¬
heit und sicherer Kraft führen. Schon jetzt sehen wir Deutsche in das Gewirr
jener Februartage mit prüfender Besonnenheit, wir haben keine Sympathie für
Louis Philipp gewonnen, aber wir haben auch schmerzlich erfahren, daß durch


Sie es jetzt und antworten Sie mir so offen, als ob Sie nie eine Lüge
geredet hätten.


Wald.

Sprich, schöne Vestale, ich werde antworten.


Gerk r.

Weshalb weilten Sie drei Tage unter diesem Dach? Weshalb

verbargen Sie sich zwischen unsern Wänden? — War es, wie Sie uns sagten,
war es Furcht vor Gefahr, eigener oder fremder, oder war es auch nur Sorge
um üble Nachrede und Kränkung, die Sie oder Ihre Freunde betroffen hätte,
war es nur das, so sagen Sie mir ein Ja, nichts als ein Ja, und scheiden Sie
friedlich über diese Schwelle, als ein Gast, dessen wir in Freude und Leid noch
lange gedenken werden. — Sprechen Sie, Herr Graf. —


Wald,
(nachdenkend).

Ich könnte noch jetzt ein Ja sagen, aber ich will selbst

dieser unbegreiflichen Stimmung gegenüber nicht länger täuschen. Ich blieb hier,
weil es mich sehr fest hielt in diesen Räumen, und wenn ich mich ehrlich frage,
so blieb ich Ihretwegen hier, Gertrud, weil mich ein starkes Interesse zu
Ihnen zog.


Gertr.

Du hörst es, mein Vater, er hat uns belogen! Eigennützig, rück¬

sichtslos hat er unser Vertrauen getäuscht, für eine Laune, eine edle Laune hat
er uusern ehrlichen Namen der Verleumdung vorgeworfen, sein Anblick bringt
Unheil, sein Lachen wird ein Fluch! Komm, Vater, hinweg, hinweg von ihm.
(stützt sich auf Hiller, schwach) Gehen Sie, Herr Graf, gehen Sie, möge Ihr Leben
glücklicher sein, als Sie um uns verdient, (sinkt erschöpft zusammen)


Hiller.

Mein armes Kind!

Wald, (der unbeweglich gestanden). Lebt wohl! (wendet sich schnell zum
Abgang.)

(Fortsetzung folgt.)




Geheimnisse der Tuilerien in der Februarrevolution von 1848.



Es kommt der Jahrestag der verhängnißvollen Zeit, welche einen unpopulären
König landesflüchtig machte und Frankreich in die Gefahren einer ungeheuren poli¬
tischen Krisis warf, und das Volk durch phantastischen Idealismus zur nüchternen
Soldatenherrschaft, und wenn in der nächsten Zukunft günstige Sterne regieren,
aus dem Regiment glückliche Feldherrn zur Decentralisation und dadurch zur Frei¬
heit und sicherer Kraft führen. Schon jetzt sehen wir Deutsche in das Gewirr
jener Februartage mit prüfender Besonnenheit, wir haben keine Sympathie für
Louis Philipp gewonnen, aber wir haben auch schmerzlich erfahren, daß durch


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[0340] Sie es jetzt und antworten Sie mir so offen, als ob Sie nie eine Lüge geredet hätten. Wald. Sprich, schöne Vestale, ich werde antworten. Gerk r. Weshalb weilten Sie drei Tage unter diesem Dach? Weshalb verbargen Sie sich zwischen unsern Wänden? — War es, wie Sie uns sagten, war es Furcht vor Gefahr, eigener oder fremder, oder war es auch nur Sorge um üble Nachrede und Kränkung, die Sie oder Ihre Freunde betroffen hätte, war es nur das, so sagen Sie mir ein Ja, nichts als ein Ja, und scheiden Sie friedlich über diese Schwelle, als ein Gast, dessen wir in Freude und Leid noch lange gedenken werden. — Sprechen Sie, Herr Graf. — Wald, (nachdenkend). Ich könnte noch jetzt ein Ja sagen, aber ich will selbst dieser unbegreiflichen Stimmung gegenüber nicht länger täuschen. Ich blieb hier, weil es mich sehr fest hielt in diesen Räumen, und wenn ich mich ehrlich frage, so blieb ich Ihretwegen hier, Gertrud, weil mich ein starkes Interesse zu Ihnen zog. Gertr. Du hörst es, mein Vater, er hat uns belogen! Eigennützig, rück¬ sichtslos hat er unser Vertrauen getäuscht, für eine Laune, eine edle Laune hat er uusern ehrlichen Namen der Verleumdung vorgeworfen, sein Anblick bringt Unheil, sein Lachen wird ein Fluch! Komm, Vater, hinweg, hinweg von ihm. (stützt sich auf Hiller, schwach) Gehen Sie, Herr Graf, gehen Sie, möge Ihr Leben glücklicher sein, als Sie um uns verdient, (sinkt erschöpft zusammen) Hiller. Mein armes Kind! Wald, (der unbeweglich gestanden). Lebt wohl! (wendet sich schnell zum Abgang.) (Fortsetzung folgt.) Geheimnisse der Tuilerien in der Februarrevolution von 1848. Es kommt der Jahrestag der verhängnißvollen Zeit, welche einen unpopulären König landesflüchtig machte und Frankreich in die Gefahren einer ungeheuren poli¬ tischen Krisis warf, und das Volk durch phantastischen Idealismus zur nüchternen Soldatenherrschaft, und wenn in der nächsten Zukunft günstige Sterne regieren, aus dem Regiment glückliche Feldherrn zur Decentralisation und dadurch zur Frei¬ heit und sicherer Kraft führen. Schon jetzt sehen wir Deutsche in das Gewirr jener Februartage mit prüfender Besonnenheit, wir haben keine Sympathie für Louis Philipp gewonnen, aber wir haben auch schmerzlich erfahren, daß durch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/340>, abgerufen am 22.12.2024.