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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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wendig war, daß er sich verbarg, weshalb wäre er dann hier geblieben, drei Tage
ohne seinen Arzt, seine Diener; ohne sein Lager und sein schönes Haus.


Fr. Box.

Das ist ja seine Verruchtheit. Du fragst, was er hier wollte?

Dich wollte er, Du arme Taube, Dich wollte er bethören und zerreißen, wie
ein Geier.


Gertr.

Mich?


F. Box.

Dn warst bei ihm. Was Du bei ihm gewollt hast, weiß Gott

allein. Als Du weggingst, sagte er meinem Sohn: Die merke Dir, die will
ich haben, zu der sollst Du mir helfen.

Gertr. (schauert zusammen).

Fr. Box.

Und jetzt frage Dich selbst, wie war er zu Dir, hat er nicht süße

Worte gebraucht, und artig gethan und Dich an sich ziehn wollen?


Gertr.

Mir graut vor Dir, mir graut vor mir selbst.


Fr. Box.

O nein, vor ihm entsetze Dich, denn er ist gezeichnet.


Gertr.

Wer bist Dn, Weib, daß Dn mich marterst und mir das Herz

blutig drückst. -- Du lügst, Du lügst, es kann nicht sein, es ist nicht so.


Fr. Box.

So ist es, darauf will ich den Tod erleiden.


Gertr.

Es wäre entsetzlich! -- Er kam her wankend, erschrocken, ein wun¬

der Mann, er dachte an nichts, als an Rettung und Tod.

Er kam her, weil es ihm nahe und bequem war; er blieb hier,


Fr. Box.

weil er Dich gewinnen wollte, und deshalb hat er Dich belogen. --


Gertr.

Ich trinke Gift. -- Er war gütig und freundlich gegen mich, aber

er war wie ein Bruder.


Fr. Box.

Ja, wie ein Bruder! -- Den ersten Kuß wie ein Bruder und

den letzten wie ein Teufel!

Ha!--Es ist genug, ich danke Ihnen für Alles Gute -- ich


Gertr.

bitte, lassen Sie mich allein.


Fr. Box.

Armes, armes Kind! Der Himmel helfe Dir und schenke Dir

Frieden.


Gertr.

Amen! -- (Pause, Gertrud steht lange unbeweglich)

Waldein ar. Hiller.
(aus der Schwelle zu Hiller).

Wald,

Ich kam als Flüchtling und flüchtig

scheide ich wieder; die Erinnerung aber an diese Tage wird fest in mir wurzeln.

(tonlos).

Treten Sie näher, Herr Graf. Vier Tage sind eS, daß


Gertr.

wir Sie kennen. In dieser Zeit haben wir Ihnen keine Veranlassung gegeben,
niedrig von uns zu denken.


Wald.

Welche Sprache und welche Frage!

Wir haben Sie ärmlich aufgenommen, aber Sie haben drei Tage


Gertr.

so gelebt, wie wir selbst. --- Sagen Sie mir nichts Artiges, wir wissen, daß
wir freundlich gegen Sie gewesen sind. Wollen Sie dafür dankbar sein, so sein


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wendig war, daß er sich verbarg, weshalb wäre er dann hier geblieben, drei Tage
ohne seinen Arzt, seine Diener; ohne sein Lager und sein schönes Haus.


Fr. Box.

Das ist ja seine Verruchtheit. Du fragst, was er hier wollte?

Dich wollte er, Du arme Taube, Dich wollte er bethören und zerreißen, wie
ein Geier.


Gertr.

Mich?


F. Box.

Dn warst bei ihm. Was Du bei ihm gewollt hast, weiß Gott

allein. Als Du weggingst, sagte er meinem Sohn: Die merke Dir, die will
ich haben, zu der sollst Du mir helfen.

Gertr. (schauert zusammen).

Fr. Box.

Und jetzt frage Dich selbst, wie war er zu Dir, hat er nicht süße

Worte gebraucht, und artig gethan und Dich an sich ziehn wollen?


Gertr.

Mir graut vor Dir, mir graut vor mir selbst.


Fr. Box.

O nein, vor ihm entsetze Dich, denn er ist gezeichnet.


Gertr.

Wer bist Dn, Weib, daß Dn mich marterst und mir das Herz

blutig drückst. — Du lügst, Du lügst, es kann nicht sein, es ist nicht so.


Fr. Box.

So ist es, darauf will ich den Tod erleiden.


Gertr.

Es wäre entsetzlich! — Er kam her wankend, erschrocken, ein wun¬

der Mann, er dachte an nichts, als an Rettung und Tod.

Er kam her, weil es ihm nahe und bequem war; er blieb hier,


Fr. Box.

weil er Dich gewinnen wollte, und deshalb hat er Dich belogen. —


Gertr.

Ich trinke Gift. — Er war gütig und freundlich gegen mich, aber

er war wie ein Bruder.


Fr. Box.

Ja, wie ein Bruder! — Den ersten Kuß wie ein Bruder und

den letzten wie ein Teufel!

Ha!--Es ist genug, ich danke Ihnen für Alles Gute — ich


Gertr.

bitte, lassen Sie mich allein.


Fr. Box.

Armes, armes Kind! Der Himmel helfe Dir und schenke Dir

Frieden.


Gertr.

Amen! — (Pause, Gertrud steht lange unbeweglich)

Waldein ar. Hiller.
(aus der Schwelle zu Hiller).

Wald,

Ich kam als Flüchtling und flüchtig

scheide ich wieder; die Erinnerung aber an diese Tage wird fest in mir wurzeln.

(tonlos).

Treten Sie näher, Herr Graf. Vier Tage sind eS, daß


Gertr.

wir Sie kennen. In dieser Zeit haben wir Ihnen keine Veranlassung gegeben,
niedrig von uns zu denken.


Wald.

Welche Sprache und welche Frage!

Wir haben Sie ärmlich aufgenommen, aber Sie haben drei Tage


Gertr.

so gelebt, wie wir selbst. -— Sagen Sie mir nichts Artiges, wir wissen, daß
wir freundlich gegen Sie gewesen sind. Wollen Sie dafür dankbar sein, so sein


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[0339] wendig war, daß er sich verbarg, weshalb wäre er dann hier geblieben, drei Tage ohne seinen Arzt, seine Diener; ohne sein Lager und sein schönes Haus. Fr. Box. Das ist ja seine Verruchtheit. Du fragst, was er hier wollte? Dich wollte er, Du arme Taube, Dich wollte er bethören und zerreißen, wie ein Geier. Gertr. Mich? F. Box. Dn warst bei ihm. Was Du bei ihm gewollt hast, weiß Gott allein. Als Du weggingst, sagte er meinem Sohn: Die merke Dir, die will ich haben, zu der sollst Du mir helfen. Gertr. (schauert zusammen). Fr. Box. Und jetzt frage Dich selbst, wie war er zu Dir, hat er nicht süße Worte gebraucht, und artig gethan und Dich an sich ziehn wollen? Gertr. Mir graut vor Dir, mir graut vor mir selbst. Fr. Box. O nein, vor ihm entsetze Dich, denn er ist gezeichnet. Gertr. Wer bist Dn, Weib, daß Dn mich marterst und mir das Herz blutig drückst. — Du lügst, Du lügst, es kann nicht sein, es ist nicht so. Fr. Box. So ist es, darauf will ich den Tod erleiden. Gertr. Es wäre entsetzlich! — Er kam her wankend, erschrocken, ein wun¬ der Mann, er dachte an nichts, als an Rettung und Tod. Er kam her, weil es ihm nahe und bequem war; er blieb hier, Fr. Box. weil er Dich gewinnen wollte, und deshalb hat er Dich belogen. — Gertr. Ich trinke Gift. — Er war gütig und freundlich gegen mich, aber er war wie ein Bruder. Fr. Box. Ja, wie ein Bruder! — Den ersten Kuß wie ein Bruder und den letzten wie ein Teufel! Ha!--Es ist genug, ich danke Ihnen für Alles Gute — ich Gertr. bitte, lassen Sie mich allein. Fr. Box. Armes, armes Kind! Der Himmel helfe Dir und schenke Dir Frieden. Gertr. Amen! — (Pause, Gertrud steht lange unbeweglich) Waldein ar. Hiller. (aus der Schwelle zu Hiller). Wald, Ich kam als Flüchtling und flüchtig scheide ich wieder; die Erinnerung aber an diese Tage wird fest in mir wurzeln. (tonlos). Treten Sie näher, Herr Graf. Vier Tage sind eS, daß Gertr. wir Sie kennen. In dieser Zeit haben wir Ihnen keine Veranlassung gegeben, niedrig von uns zu denken. Wald. Welche Sprache und welche Frage! Wir haben Sie ärmlich aufgenommen, aber Sie haben drei Tage Gertr. so gelebt, wie wir selbst. -— Sagen Sie mir nichts Artiges, wir wissen, daß wir freundlich gegen Sie gewesen sind. Wollen Sie dafür dankbar sein, so sein 42*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/339>, abgerufen am 22.12.2024.