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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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(Box kommt langsam und nachdenklich zurück.)

Ist er bei ihr?


Box
(schwermüthig).

Er ist bei ihr. O mein Graf, Sie machen uns viel

Kummer. Die ganze Familie sitzt beisammen und er ganz fröhlich darunter, als
ob er dazu gehöre.

Ich

(an der Thür)
weiß genug: --Sobald Ihr Dienst es erlaubt,


Georg.

(ab).
erwarte ich Sie in meiner Wohnung.


Box
(sich tief verbeugend und ihr nachsehend).

Ist die eifersüchtig, wie ein

Bologneser! sie läuft fort und läßt mich allein mit meinem Schmerz. O, mein
Herr Graf, Sie handeln nicht schön an Ihren Freunden. -- Ich bin gern recht¬
schaffen, wenn ich irgend kann, und ich dachte immer, ich würde das noch ein¬
mal durchsetzen, und dazu hätte mir das Mädchen dort helfen können, lind mei¬
ner guten alten Mutter wäre ihr sehnlichster Wunsch erfüllt worden. Und jetzt
kommt der reiche Mann und stiehlt mir mein einziges Lamm. Pfui, Herr Graf,
das ist ein Schelmenstreich! -- Aber wie? er trug den Arm in einer Binde, ich
sah's durch die Scheiben; und die Familie ist auch honett und hält auf Ordnung,
-- es ist noch ein Geheimniß bei der Sache, vielleicht ist noch nicht Alles ver¬
loren. Ich gehe zu meiner Mutter, die soll Nachricht einziehen. Er muß hinweg
von hier, so diene ich am besten ihm, der Fürstin, und, was die Hauptsache ist,

(ab>)
mir selbst. -- Horch, Geräusch, schnell fort.

Bezirksvorsteher, hinter ihm Volk.

Zurück, liebe Leute, hier ist keine Landstraße, (versucht die Hausthür,


Bezv.

klopft.)

Hiller.

Seit wann verschließt Ihr die Thür vor Euren alten Freunden?

El, Herr Vorsteher, ich freue mich Ihres Besuchs. Was führt


Hiller.

Sie zu uus? -- Das mit der Thür thut mir leid, nehmen Sie an, es sei ein
Versehen.

Ein Versehen, Hiller? Seit drei Tagen ist Eure Thür für Jeder¬


Bezv.

mann verschlossen.


Hiller.

Vielleicht auch hat's seinen guten Grund.

Gertrud.

Was geht hier vor? Wie? die Nachbarn alle? Guten Tag, Herr


Gertr.

Vorsteher! -

Guten Tag, Gertrud, wie geht's?


Bezv.
Gertr.

Was haben Sie? sonst gaben Sie Ihrer Pathe die Hand.


Bezv.

Nachher, liebes Kind, jetzt führt mich mein Amt her. Meister Hil¬

ler, seit einigen Tagen geht das Gerücht, es sei ein Mann in unsrer Vorstadt
überfallen und beraubt worden. Man hat Blutspuren gesunden.


Gertr.

O weh!


(Box kommt langsam und nachdenklich zurück.)

Ist er bei ihr?


Box
(schwermüthig).

Er ist bei ihr. O mein Graf, Sie machen uns viel

Kummer. Die ganze Familie sitzt beisammen und er ganz fröhlich darunter, als
ob er dazu gehöre.

Ich

(an der Thür)
weiß genug: —Sobald Ihr Dienst es erlaubt,


Georg.

(ab).
erwarte ich Sie in meiner Wohnung.


Box
(sich tief verbeugend und ihr nachsehend).

Ist die eifersüchtig, wie ein

Bologneser! sie läuft fort und läßt mich allein mit meinem Schmerz. O, mein
Herr Graf, Sie handeln nicht schön an Ihren Freunden. — Ich bin gern recht¬
schaffen, wenn ich irgend kann, und ich dachte immer, ich würde das noch ein¬
mal durchsetzen, und dazu hätte mir das Mädchen dort helfen können, lind mei¬
ner guten alten Mutter wäre ihr sehnlichster Wunsch erfüllt worden. Und jetzt
kommt der reiche Mann und stiehlt mir mein einziges Lamm. Pfui, Herr Graf,
das ist ein Schelmenstreich! — Aber wie? er trug den Arm in einer Binde, ich
sah's durch die Scheiben; und die Familie ist auch honett und hält auf Ordnung,
— es ist noch ein Geheimniß bei der Sache, vielleicht ist noch nicht Alles ver¬
loren. Ich gehe zu meiner Mutter, die soll Nachricht einziehen. Er muß hinweg
von hier, so diene ich am besten ihm, der Fürstin, und, was die Hauptsache ist,

(ab>)
mir selbst. — Horch, Geräusch, schnell fort.

Bezirksvorsteher, hinter ihm Volk.

Zurück, liebe Leute, hier ist keine Landstraße, (versucht die Hausthür,


Bezv.

klopft.)

Hiller.

Seit wann verschließt Ihr die Thür vor Euren alten Freunden?

El, Herr Vorsteher, ich freue mich Ihres Besuchs. Was führt


Hiller.

Sie zu uus? — Das mit der Thür thut mir leid, nehmen Sie an, es sei ein
Versehen.

Ein Versehen, Hiller? Seit drei Tagen ist Eure Thür für Jeder¬


Bezv.

mann verschlossen.


Hiller.

Vielleicht auch hat's seinen guten Grund.

Gertrud.

Was geht hier vor? Wie? die Nachbarn alle? Guten Tag, Herr


Gertr.

Vorsteher! -

Guten Tag, Gertrud, wie geht's?


Bezv.
Gertr.

Was haben Sie? sonst gaben Sie Ihrer Pathe die Hand.


Bezv.

Nachher, liebes Kind, jetzt führt mich mein Amt her. Meister Hil¬

ler, seit einigen Tagen geht das Gerücht, es sei ein Mann in unsrer Vorstadt
überfallen und beraubt worden. Man hat Blutspuren gesunden.


Gertr.

O weh!


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[0335] (Box kommt langsam und nachdenklich zurück.) Ist er bei ihr? Box (schwermüthig). Er ist bei ihr. O mein Graf, Sie machen uns viel Kummer. Die ganze Familie sitzt beisammen und er ganz fröhlich darunter, als ob er dazu gehöre. Ich (an der Thür) weiß genug: —Sobald Ihr Dienst es erlaubt, Georg. (ab). erwarte ich Sie in meiner Wohnung. Box (sich tief verbeugend und ihr nachsehend). Ist die eifersüchtig, wie ein Bologneser! sie läuft fort und läßt mich allein mit meinem Schmerz. O, mein Herr Graf, Sie handeln nicht schön an Ihren Freunden. — Ich bin gern recht¬ schaffen, wenn ich irgend kann, und ich dachte immer, ich würde das noch ein¬ mal durchsetzen, und dazu hätte mir das Mädchen dort helfen können, lind mei¬ ner guten alten Mutter wäre ihr sehnlichster Wunsch erfüllt worden. Und jetzt kommt der reiche Mann und stiehlt mir mein einziges Lamm. Pfui, Herr Graf, das ist ein Schelmenstreich! — Aber wie? er trug den Arm in einer Binde, ich sah's durch die Scheiben; und die Familie ist auch honett und hält auf Ordnung, — es ist noch ein Geheimniß bei der Sache, vielleicht ist noch nicht Alles ver¬ loren. Ich gehe zu meiner Mutter, die soll Nachricht einziehen. Er muß hinweg von hier, so diene ich am besten ihm, der Fürstin, und, was die Hauptsache ist, (ab>) mir selbst. — Horch, Geräusch, schnell fort. Bezirksvorsteher, hinter ihm Volk. Zurück, liebe Leute, hier ist keine Landstraße, (versucht die Hausthür, Bezv. klopft.) Hiller. Seit wann verschließt Ihr die Thür vor Euren alten Freunden? El, Herr Vorsteher, ich freue mich Ihres Besuchs. Was führt Hiller. Sie zu uus? — Das mit der Thür thut mir leid, nehmen Sie an, es sei ein Versehen. Ein Versehen, Hiller? Seit drei Tagen ist Eure Thür für Jeder¬ Bezv. mann verschlossen. Hiller. Vielleicht auch hat's seinen guten Grund. Gertrud. Was geht hier vor? Wie? die Nachbarn alle? Guten Tag, Herr Gertr. Vorsteher! - Guten Tag, Gertrud, wie geht's? Bezv. Gertr. Was haben Sie? sonst gaben Sie Ihrer Pathe die Hand. Bezv. Nachher, liebes Kind, jetzt führt mich mein Amt her. Meister Hil¬ ler, seit einigen Tagen geht das Gerücht, es sei ein Mann in unsrer Vorstadt überfallen und beraubt worden. Man hat Blutspuren gesunden. Gertr. O weh!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/335>, abgerufen am 23.12.2024.