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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Wald.

Was thut's? Ich habe dann wenigstens mehr gelebt, als Ihr An¬

dern. Uebrigens ist es recht gutmüthig von Dir, daß Du mich so ehrbar con-
serviren willst. Denke daran, daß Du mein einziger Verwandter und künftiger
Majoratsherr bist. Sieh, Hugo, noch fünf Jahre so fort gelebt, und ich bin
fertig, dann noch ein fünf Jahr in die Bäder gereist, und die Posse hat ein Ende.
Dann trittst Dn an meine Stelle, (mit feiner Ironie) Du wirst Deine Rolle bes¬
ser spielen. -- Grüße Deine Frau und gleiche meine Rechnung mit der ihren,
sie ist eine kluge Dame.


Hugo
(aufstehend).

Jetzt zwingst Du mich zu schweigen, denn Du thust mir

und meiner Frau Unrecht.


Wald.

Du bist, was mau einen Mann von Charakter nennt, und Deine

Gemahlin ist eine Dame mit vielem Pflichtgefühl. Sie würde ihren halben Schmuck
opfern, um mein Leben auf vierzehn Tage zu verlängern, aber dabei träumt sie
doch alle Nächte von der Zeit, wo ihr Gemahl in mein Erbe tritt. Ich kenne
das. Und im Vertrauen gesagt, Hugo, ich selbst habe Stunden, wo mir's ganz
gelegen wäre, wenn es zu Ende ginge.


Hugo.

Das Gespräch ist ernster geworden, als ich wollte, laß uns hier

abbrechen. Nur noch eins. Man verdenke Dir sehr Deinen Umgang mit den
Udaschkins.

Mit den Udaschkins? Ist der Fürst nicht bei Hofe präsentirt? Hat


Wald.

er nicht alle Feuerprobe" der Gesellschaft bestanden?

Bei alle dem gilt er für einen rohen, wüsten Burschen, und seine


Hugo.

Verwandte, die Fürstin Georgine, ist bei Hose nicht präsentirt. Der Gesandte
ihrer Heimath zuckt schweigend die Achseln, wenn man nach ihr fragt.


Wald.

Ich habe so etwas gehört. Die Ehe der Fürstin mit ihrem ver¬

storbenen Gemahl wurde zu Paris vollzogen und ist durch ihren Monarchen noch
nicht legitimirt, ich glaube, es wird darum verhandelt. Was aber kümmert das
mich? Die Fürstin ist eine reizende Cokette, ein feiner, intriguauter Kopf und
durchaus von gutem Ton. Sie ist eine von den Frauen, die einem beim ersten
Begegnen vorkommen, wie alte Bekannte, man hat sie schon irgendwo gesehen, im
Traume, im Monde, was weiß ich. -- Ich gestehe Dir, daß ich eine Passion für sie
habe, und wäre es nicht gar zu abgeschmackt, so könntest Du sie am Ende noch als
Schwägerin begrüßen müssen. Der Fürst aber ist ein sehr ergötzliches Exemplar
schlecht überfirnißter Barbarei; er ist sehr ruchlos, und ich habe ihn im Verdacht,
daß er beim Spiel sein Glück sich selbst zu machen sucht. Kurz, er ist lächerlich
und abgeschmackt bis zum Uebermaß.


Hugo.

Und solchen Menschen duldest Du in Deiner Nähe?

Warum nicht? Seine Bestialität ist mir ein ewiger Ableiter


Wald.

schlechter Laune, bei unsern kleinen Soupers ist er das Stichblatt für die
besten Witze.


Wald.

Was thut's? Ich habe dann wenigstens mehr gelebt, als Ihr An¬

dern. Uebrigens ist es recht gutmüthig von Dir, daß Du mich so ehrbar con-
serviren willst. Denke daran, daß Du mein einziger Verwandter und künftiger
Majoratsherr bist. Sieh, Hugo, noch fünf Jahre so fort gelebt, und ich bin
fertig, dann noch ein fünf Jahr in die Bäder gereist, und die Posse hat ein Ende.
Dann trittst Dn an meine Stelle, (mit feiner Ironie) Du wirst Deine Rolle bes¬
ser spielen. — Grüße Deine Frau und gleiche meine Rechnung mit der ihren,
sie ist eine kluge Dame.


Hugo
(aufstehend).

Jetzt zwingst Du mich zu schweigen, denn Du thust mir

und meiner Frau Unrecht.


Wald.

Du bist, was mau einen Mann von Charakter nennt, und Deine

Gemahlin ist eine Dame mit vielem Pflichtgefühl. Sie würde ihren halben Schmuck
opfern, um mein Leben auf vierzehn Tage zu verlängern, aber dabei träumt sie
doch alle Nächte von der Zeit, wo ihr Gemahl in mein Erbe tritt. Ich kenne
das. Und im Vertrauen gesagt, Hugo, ich selbst habe Stunden, wo mir's ganz
gelegen wäre, wenn es zu Ende ginge.


Hugo.

Das Gespräch ist ernster geworden, als ich wollte, laß uns hier

abbrechen. Nur noch eins. Man verdenke Dir sehr Deinen Umgang mit den
Udaschkins.

Mit den Udaschkins? Ist der Fürst nicht bei Hofe präsentirt? Hat


Wald.

er nicht alle Feuerprobe» der Gesellschaft bestanden?

Bei alle dem gilt er für einen rohen, wüsten Burschen, und seine


Hugo.

Verwandte, die Fürstin Georgine, ist bei Hose nicht präsentirt. Der Gesandte
ihrer Heimath zuckt schweigend die Achseln, wenn man nach ihr fragt.


Wald.

Ich habe so etwas gehört. Die Ehe der Fürstin mit ihrem ver¬

storbenen Gemahl wurde zu Paris vollzogen und ist durch ihren Monarchen noch
nicht legitimirt, ich glaube, es wird darum verhandelt. Was aber kümmert das
mich? Die Fürstin ist eine reizende Cokette, ein feiner, intriguauter Kopf und
durchaus von gutem Ton. Sie ist eine von den Frauen, die einem beim ersten
Begegnen vorkommen, wie alte Bekannte, man hat sie schon irgendwo gesehen, im
Traume, im Monde, was weiß ich. — Ich gestehe Dir, daß ich eine Passion für sie
habe, und wäre es nicht gar zu abgeschmackt, so könntest Du sie am Ende noch als
Schwägerin begrüßen müssen. Der Fürst aber ist ein sehr ergötzliches Exemplar
schlecht überfirnißter Barbarei; er ist sehr ruchlos, und ich habe ihn im Verdacht,
daß er beim Spiel sein Glück sich selbst zu machen sucht. Kurz, er ist lächerlich
und abgeschmackt bis zum Uebermaß.


Hugo.

Und solchen Menschen duldest Du in Deiner Nähe?

Warum nicht? Seine Bestialität ist mir ein ewiger Ableiter


Wald.

schlechter Laune, bei unsern kleinen Soupers ist er das Stichblatt für die
besten Witze.


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[0253] Wald. Was thut's? Ich habe dann wenigstens mehr gelebt, als Ihr An¬ dern. Uebrigens ist es recht gutmüthig von Dir, daß Du mich so ehrbar con- serviren willst. Denke daran, daß Du mein einziger Verwandter und künftiger Majoratsherr bist. Sieh, Hugo, noch fünf Jahre so fort gelebt, und ich bin fertig, dann noch ein fünf Jahr in die Bäder gereist, und die Posse hat ein Ende. Dann trittst Dn an meine Stelle, (mit feiner Ironie) Du wirst Deine Rolle bes¬ ser spielen. — Grüße Deine Frau und gleiche meine Rechnung mit der ihren, sie ist eine kluge Dame. Hugo (aufstehend). Jetzt zwingst Du mich zu schweigen, denn Du thust mir und meiner Frau Unrecht. Wald. Du bist, was mau einen Mann von Charakter nennt, und Deine Gemahlin ist eine Dame mit vielem Pflichtgefühl. Sie würde ihren halben Schmuck opfern, um mein Leben auf vierzehn Tage zu verlängern, aber dabei träumt sie doch alle Nächte von der Zeit, wo ihr Gemahl in mein Erbe tritt. Ich kenne das. Und im Vertrauen gesagt, Hugo, ich selbst habe Stunden, wo mir's ganz gelegen wäre, wenn es zu Ende ginge. Hugo. Das Gespräch ist ernster geworden, als ich wollte, laß uns hier abbrechen. Nur noch eins. Man verdenke Dir sehr Deinen Umgang mit den Udaschkins. Mit den Udaschkins? Ist der Fürst nicht bei Hofe präsentirt? Hat Wald. er nicht alle Feuerprobe» der Gesellschaft bestanden? Bei alle dem gilt er für einen rohen, wüsten Burschen, und seine Hugo. Verwandte, die Fürstin Georgine, ist bei Hose nicht präsentirt. Der Gesandte ihrer Heimath zuckt schweigend die Achseln, wenn man nach ihr fragt. Wald. Ich habe so etwas gehört. Die Ehe der Fürstin mit ihrem ver¬ storbenen Gemahl wurde zu Paris vollzogen und ist durch ihren Monarchen noch nicht legitimirt, ich glaube, es wird darum verhandelt. Was aber kümmert das mich? Die Fürstin ist eine reizende Cokette, ein feiner, intriguauter Kopf und durchaus von gutem Ton. Sie ist eine von den Frauen, die einem beim ersten Begegnen vorkommen, wie alte Bekannte, man hat sie schon irgendwo gesehen, im Traume, im Monde, was weiß ich. — Ich gestehe Dir, daß ich eine Passion für sie habe, und wäre es nicht gar zu abgeschmackt, so könntest Du sie am Ende noch als Schwägerin begrüßen müssen. Der Fürst aber ist ein sehr ergötzliches Exemplar schlecht überfirnißter Barbarei; er ist sehr ruchlos, und ich habe ihn im Verdacht, daß er beim Spiel sein Glück sich selbst zu machen sucht. Kurz, er ist lächerlich und abgeschmackt bis zum Uebermaß. Hugo. Und solchen Menschen duldest Du in Deiner Nähe? Warum nicht? Seine Bestialität ist mir ein ewiger Ableiter Wald. schlechter Laune, bei unsern kleinen Soupers ist er das Stichblatt für die besten Witze.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/253>, abgerufen am 23.12.2024.