Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.Die Ermordung LichnowsA/s und Auerswald's. Die Aufregung über den Abschluß des Waffenstillstandes mit Dänemark hat Die blutige Saat hat ihre Früchte getragen. Wenn der blinden, in ihrer Die Frucht des Mordes wird eine bittere sein für die, welche sie gesäet. GrwjhottN. III. 1"i8. "4
Die Ermordung LichnowsA/s und Auerswald's. Die Aufregung über den Abschluß des Waffenstillstandes mit Dänemark hat Die blutige Saat hat ihre Früchte getragen. Wenn der blinden, in ihrer Die Frucht des Mordes wird eine bittere sein für die, welche sie gesäet. GrwjhottN. III. 1»i8. «4
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0509" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277939"/> </div> </div> </div> <div n="1"> <head> Die Ermordung LichnowsA/s und Auerswald's.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1725"> Die Aufregung über den Abschluß des Waffenstillstandes mit Dänemark hat<lb/> plötzlich ihren Gegenstand gewechselt. Zum ersten Mal ist das Scheusal der Re¬<lb/> volution in seiner ekelhaften Nacktheit vor das Ange, vor das Herz des deutschen<lb/> Volkes getreten und mit Schauder beben Viele zurück, die bisher in aufgeregten<lb/> Morgentrünmeu sich von der Vision der lorbeerumkränzten, dunkeläugiger, geist¬<lb/> reich blassen Göttergestalt der Freiheit hatten entzücken lassen. Der Mord hat<lb/> an die Thüre des Hauses geklopft und die Schläfer fahren entsetzt von ihrem<lb/> Lager auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1726"> Die blutige Saat hat ihre Früchte getragen. Wenn der blinden, in ihrer<lb/> Begeisterung, wie in ihrem Haß verstandlosen Masse von allen Dächern täglich<lb/> gepredigt wird, sie sei die höchste Instanz des Rechts, ihr Wille sei souverän wie<lb/> ihr Geist allwissend; wenn ihr von eben so ehrgeizigen als gewissenlosen Aufwieg¬<lb/> lern der Zuruf: Volk! du wirst verrathen! verrathen von deinen Fürsten, wie<lb/> von deinem Vaterlande! es ist Zeit, daß dn, der eigentliche Souverän, das Schwert<lb/> des Gerichts von'Neuem ergreifst, das man dir betrügerisch entwunden! wenn<lb/> dieser Zuruf ihr aus allen Clubs, Zeitungen, Volksversammlungen, fast stündlich<lb/> entgegenhallt, wenn man PrvscriptionSlisten verbreitet und dem Mann mit dem<lb/> Schurzfell, der es heute zum ersten Mal erfährt, daß Er eigentlich der König dieser<lb/> Erde sei, von allen Seiten in's Ohr raunt: Siehe da, Majestät! diese sind<lb/> es, die dich verkaufen! schlag' zu und triff, sonst sind wir alle verloren! Wenn<lb/> man auf diese Weise den Thiergeist, der in der Masse schlummert, dnrch langsam<lb/> eingeträufeltes Gift zur Raserei erhitzt — ist es da wunderbar, wenn er plötzlich,<lb/> unheimlich, mit dem ganzen Grauen der Hundswuth, den Anstiftern selber zum<lb/> Entsetzen, losbricht und Greuel verrichtet, wo er sich hinwendet?</p><lb/> <p xml:id="ID_1727" next="#ID_1728"> Die Frucht des Mordes wird eine bittere sein für die, welche sie gesäet.<lb/> Noch ist das deutsche Volk nicht trunken von Blut, wie das französische im Jahr<lb/> 1793, noch tanzt es nicht in bacchantischem Jubel um die abgeschlagenen Köpft-<lb/> der Aristokraten. Noch ist, trotz aller frechen Sophistik, die Idee des Rechts<lb/> eingegraben in das Herz des Volkes, und wenn es in guten Stunden sich behag¬<lb/> lich fühlt in der Vorstellung, allmächtig in den Wolken über den Geschicken der</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> GrwjhottN. III. 1»i8. «4</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0509]
Die Ermordung LichnowsA/s und Auerswald's.
Die Aufregung über den Abschluß des Waffenstillstandes mit Dänemark hat
plötzlich ihren Gegenstand gewechselt. Zum ersten Mal ist das Scheusal der Re¬
volution in seiner ekelhaften Nacktheit vor das Ange, vor das Herz des deutschen
Volkes getreten und mit Schauder beben Viele zurück, die bisher in aufgeregten
Morgentrünmeu sich von der Vision der lorbeerumkränzten, dunkeläugiger, geist¬
reich blassen Göttergestalt der Freiheit hatten entzücken lassen. Der Mord hat
an die Thüre des Hauses geklopft und die Schläfer fahren entsetzt von ihrem
Lager auf.
Die blutige Saat hat ihre Früchte getragen. Wenn der blinden, in ihrer
Begeisterung, wie in ihrem Haß verstandlosen Masse von allen Dächern täglich
gepredigt wird, sie sei die höchste Instanz des Rechts, ihr Wille sei souverän wie
ihr Geist allwissend; wenn ihr von eben so ehrgeizigen als gewissenlosen Aufwieg¬
lern der Zuruf: Volk! du wirst verrathen! verrathen von deinen Fürsten, wie
von deinem Vaterlande! es ist Zeit, daß dn, der eigentliche Souverän, das Schwert
des Gerichts von'Neuem ergreifst, das man dir betrügerisch entwunden! wenn
dieser Zuruf ihr aus allen Clubs, Zeitungen, Volksversammlungen, fast stündlich
entgegenhallt, wenn man PrvscriptionSlisten verbreitet und dem Mann mit dem
Schurzfell, der es heute zum ersten Mal erfährt, daß Er eigentlich der König dieser
Erde sei, von allen Seiten in's Ohr raunt: Siehe da, Majestät! diese sind
es, die dich verkaufen! schlag' zu und triff, sonst sind wir alle verloren! Wenn
man auf diese Weise den Thiergeist, der in der Masse schlummert, dnrch langsam
eingeträufeltes Gift zur Raserei erhitzt — ist es da wunderbar, wenn er plötzlich,
unheimlich, mit dem ganzen Grauen der Hundswuth, den Anstiftern selber zum
Entsetzen, losbricht und Greuel verrichtet, wo er sich hinwendet?
Die Frucht des Mordes wird eine bittere sein für die, welche sie gesäet.
Noch ist das deutsche Volk nicht trunken von Blut, wie das französische im Jahr
1793, noch tanzt es nicht in bacchantischem Jubel um die abgeschlagenen Köpft-
der Aristokraten. Noch ist, trotz aller frechen Sophistik, die Idee des Rechts
eingegraben in das Herz des Volkes, und wenn es in guten Stunden sich behag¬
lich fühlt in der Vorstellung, allmächtig in den Wolken über den Geschicken der
GrwjhottN. III. 1»i8. «4
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |