Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.daß im Zusammenhang der neuen Staatsverfassung eine, freilich allmälige Die Partei ist für den Augenblick unmöglich, so unmöglich wie eine Contre- Vor Allem darf diese Partei Eins nicht aus den Augen lassen: daß sie nur daß im Zusammenhang der neuen Staatsverfassung eine, freilich allmälige Die Partei ist für den Augenblick unmöglich, so unmöglich wie eine Contre- Vor Allem darf diese Partei Eins nicht aus den Augen lassen: daß sie nur <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0483" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277913"/> <p xml:id="ID_1636" prev="#ID_1635"> daß im Zusammenhang der neuen Staatsverfassung eine, freilich allmälige<lb/> Reorganisation des Militärs und eine gründliche Abschaffung des alten Junker-<lb/> thumS trotz alles Sträubens eine innere Nothwendigkeit ist. Was die übrigen<lb/> Hilfsmittel dieser Partei betrifft, so ist der Hof in der vollständigsten Ratlosig¬<lb/> keit, der Einfluß der Bureaukratie ist auf immer und zwar innerlich gebrochen —<lb/> aus der Reihe der höhern Beamten gehen ja die entschiedensten Gegner selbst des<lb/> jetzigen Constitutionalismus hervor; die Intriguen, die man mit einem Theil der<lb/> Radikalen anspinnt, sind geradezu lächerlich; den Provinzen, wo allerdings viel<lb/> conservativer Sinn herrscht, sehlt die Concentration und das eigentliche Schlacht¬<lb/> feld bleibt doch immer Berlin; die Speculanten der Börse, deren Geschäfte in<lb/> der Unruhe schlecht gehen und die daher gegen die Revolution declamiren, sind<lb/> sehr zweideutige Verbündete; die Ultramontanen endlich, zu denen man sich auch<lb/> allenfalls wenden möchte, haben das Ziel ihrer Interessen anderwärts: nicht im<lb/> preußischen Staat kann diese vorsündfluthliche Form der Romantik sich realisiren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1637"> Die Partei ist für den Augenblick unmöglich, so unmöglich wie eine Contre-<lb/> revolution. Nur indem sie dieses einsieht, kann sie sich erhalten. Geistvolle<lb/> Männer, wie Graf Arnim und Griesheim, haben immer eine Zukunft; es ist<lb/> ehrenwerth von ihnen, daß sie sich durch Veröffentlichung ihres politischen Glau¬<lb/> bensbekenntnisses für den Augenblick die politische Laufbahn verschlossen haben. Die<lb/> Währung, welche der neuen Verfassung nothwendigerweise vorausgeht, muß sich<lb/> endlich klären; sobald der Staat constituirt ist, wird sich auch sür eine Opposition<lb/> von der rechten Seite Spielraum finden. Die Führer sind da, selbst die Bildung<lb/> der Partei ist vorbereitet, nicht in Berlin, aber im Reich, denn der kräftige<lb/> Damm, welchen die rechte Seite in Frankfurt den ungestümen Wogen des Radi¬<lb/> kalismus entgegenstellt; die Kraft und der Geist, mit welchen Preußens Ehre und<lb/> Interessen in einem zuerst so ungünstigen Terrain vertreten worden, lassen für die<lb/> Zukunft einer Partei, die sich in den Schranken des Gesetzes bewegt, das Beste<lb/> hoffen. Das natürliche Bedürfniß führte die Anhänger des alten Systems, die<lb/> Radowitz, Lichnowsky u. s. w. zu einer nähern Vereinigung mit den Häup¬<lb/> tern der alten ständischen Opposition, den Vincke, Schwerin, Auerswald;<lb/> und mehr und mehr zieht sich alles wahrhafte Interesse an Preußen in den Reichs¬<lb/> tag zusammen. Die unabhängige Aristokratie würde in einem deutschen Kaiser¬<lb/> reich eine freiere Stellung finden, als in Preußen, aber die angestammte Hinnei¬<lb/> gung zu den Hohenzollern hält sie von einem Aufgeben ihres Staats zurück. Noch<lb/> ist — namentlich wenn die östreichische Angelegenheit sich rasch erledigt -...... die<lb/> Hoffnung keineswegs verloren, beide Interessen zu vereinigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1638" next="#ID_1639"> Vor Allem darf diese Partei Eins nicht aus den Augen lassen: daß sie nur<lb/> dadurch eine Möglichkeit behält, wenn sie für den Augenblick mit aufrichtiger Er¬<lb/> gebenheit die bestehende Regierung stützt. Jedes falsche Spiel ist ihr eigner Ruin.<lb/> Sie muß sich ferner an das Beispiel Peels erinnern: daß der echte Staatsmann</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0483]
daß im Zusammenhang der neuen Staatsverfassung eine, freilich allmälige
Reorganisation des Militärs und eine gründliche Abschaffung des alten Junker-
thumS trotz alles Sträubens eine innere Nothwendigkeit ist. Was die übrigen
Hilfsmittel dieser Partei betrifft, so ist der Hof in der vollständigsten Ratlosig¬
keit, der Einfluß der Bureaukratie ist auf immer und zwar innerlich gebrochen —
aus der Reihe der höhern Beamten gehen ja die entschiedensten Gegner selbst des
jetzigen Constitutionalismus hervor; die Intriguen, die man mit einem Theil der
Radikalen anspinnt, sind geradezu lächerlich; den Provinzen, wo allerdings viel
conservativer Sinn herrscht, sehlt die Concentration und das eigentliche Schlacht¬
feld bleibt doch immer Berlin; die Speculanten der Börse, deren Geschäfte in
der Unruhe schlecht gehen und die daher gegen die Revolution declamiren, sind
sehr zweideutige Verbündete; die Ultramontanen endlich, zu denen man sich auch
allenfalls wenden möchte, haben das Ziel ihrer Interessen anderwärts: nicht im
preußischen Staat kann diese vorsündfluthliche Form der Romantik sich realisiren.
Die Partei ist für den Augenblick unmöglich, so unmöglich wie eine Contre-
revolution. Nur indem sie dieses einsieht, kann sie sich erhalten. Geistvolle
Männer, wie Graf Arnim und Griesheim, haben immer eine Zukunft; es ist
ehrenwerth von ihnen, daß sie sich durch Veröffentlichung ihres politischen Glau¬
bensbekenntnisses für den Augenblick die politische Laufbahn verschlossen haben. Die
Währung, welche der neuen Verfassung nothwendigerweise vorausgeht, muß sich
endlich klären; sobald der Staat constituirt ist, wird sich auch sür eine Opposition
von der rechten Seite Spielraum finden. Die Führer sind da, selbst die Bildung
der Partei ist vorbereitet, nicht in Berlin, aber im Reich, denn der kräftige
Damm, welchen die rechte Seite in Frankfurt den ungestümen Wogen des Radi¬
kalismus entgegenstellt; die Kraft und der Geist, mit welchen Preußens Ehre und
Interessen in einem zuerst so ungünstigen Terrain vertreten worden, lassen für die
Zukunft einer Partei, die sich in den Schranken des Gesetzes bewegt, das Beste
hoffen. Das natürliche Bedürfniß führte die Anhänger des alten Systems, die
Radowitz, Lichnowsky u. s. w. zu einer nähern Vereinigung mit den Häup¬
tern der alten ständischen Opposition, den Vincke, Schwerin, Auerswald;
und mehr und mehr zieht sich alles wahrhafte Interesse an Preußen in den Reichs¬
tag zusammen. Die unabhängige Aristokratie würde in einem deutschen Kaiser¬
reich eine freiere Stellung finden, als in Preußen, aber die angestammte Hinnei¬
gung zu den Hohenzollern hält sie von einem Aufgeben ihres Staats zurück. Noch
ist — namentlich wenn die östreichische Angelegenheit sich rasch erledigt -...... die
Hoffnung keineswegs verloren, beide Interessen zu vereinigen.
Vor Allem darf diese Partei Eins nicht aus den Augen lassen: daß sie nur
dadurch eine Möglichkeit behält, wenn sie für den Augenblick mit aufrichtiger Er¬
gebenheit die bestehende Regierung stützt. Jedes falsche Spiel ist ihr eigner Ruin.
Sie muß sich ferner an das Beispiel Peels erinnern: daß der echte Staatsmann
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