Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.Stunden wurde verhandelt, ohne daß der Streit hätte geschlichtet werden kön¬ Eben jener Vorfall bei Mhalezfalva hatte aber gezeigt, wie dringend noth¬ Stunden wurde verhandelt, ohne daß der Streit hätte geschlichtet werden kön¬ Eben jener Vorfall bei Mhalezfalva hatte aber gezeigt, wie dringend noth¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0363" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277793"/> <p xml:id="ID_1174" prev="#ID_1173"> Stunden wurde verhandelt, ohne daß der Streit hätte geschlichtet werden kön¬<lb/> nen. Unglücklicher Weise, fiel nun von Seite der Szekler die Frage: „Wollt<lb/> Ihr Euch mit Ungarn uniren?" worauf die Walachen entgegneten: sie würden<lb/> sich an die Beschlüsse der blasendorfer Versammlung und an ihren dem Kaiser ge-<lb/> leisteten Kid halten. Diese Antwort, so wie der Angriff eines Sensenmannes auf<lb/> den commandirenden Major und ein Schuß, der einen Szekler verwundete, brachte<lb/> die Wuth der Szekler zum Ausbruch. Wiederholt wurde geschossen ans die sehr<lb/> schlecht oder gar nicht bewaffnete Menge, bis dem Feuern mit großer Mühe von<lb/> den Offizieren Einhalt gethan wurde. Die Walachen hatten sich geflüchtet, aber<lb/> anch 30 Todte und 50 Schwerverwundete auf dem Platze gelassen. Aehnliche Er¬<lb/> hebungen der Walachen, zunächst nur gegen ihre Grundherren, fanden anch an¬<lb/> derwärts statt, wurden jedoch von den schnell herbeieilenden Szcklern immer<lb/> unterdrückt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1175" next="#ID_1176"> Eben jener Vorfall bei Mhalezfalva hatte aber gezeigt, wie dringend noth¬<lb/> wendig die schleunige Aufhebung der grundherrlichen Rechte sei. Man begriff dies<lb/> und handelte rasch. Schon am ki. Juni beschloß der Landtag die Auslösung der<lb/> Frohndienste und grundherrlichen Zehnten. Der I«. Juni sollte ans Wesselenyi's<lb/> Antrag für die Unterthanen der erste Tag der Freiheit sein. Allein dies Alles<lb/> war den Walachen nicht genug; selbst das Wahlgesetz zu dem bevorstehenden Reichs¬<lb/> tag in Pesth, wornach anch einige walachische Abgeordnete gewählt werden mußten,<lb/> entsprach - ihren Wünschen nicht ganz. Mit Erstaunen sahen sie dnrch den plötz¬<lb/> lichen Unionsbeschluß ihre Pläne durchkreuzt und zu nichte gemacht. Die wala¬<lb/> chische Deputation, die von der blascudorfer Volksversammlung an den Kaiser<lb/> geschickt worden, suchte am 7. Juni in Insbruck die Bestätigung der Union zu<lb/> hintertreiben; aber sie sowohl, wie auch eine spätere walachische, Deputation am<lb/> 23. Juni, an deren Spitze Schagnna stand, bekam vom Kaiser die Versicherung,<lb/> daß die Walachen den übrigen Völkern ganz gleiche Rechte erlangen sollten, da<lb/> der letzte ungarische Reichstag allen Einwohnern Siebenbürgens ohne Rücksicht<lb/> auf Volksthum, Sprache und Religion dieselben Freiheiten und Berechtigungen<lb/> ertheile. Während indeß die Hermannftädtcr den Walachen noch immer allzusehr<lb/> trauten und das walachische Volkscomil«? sogar in Hermannstadt Sitzungen hielt,<lb/> reichte ein anderer Theil der Walachen, uneingedenk jener Rechte, die sie auf dem<lb/> Sachsenboden bereits erhalten hatten, wahrscheinlich aus Erbitterung darüber, daß<lb/> die Sachsen wider ihr Erwarten die Union angenommen hatten, den Ständen eine<lb/> Bittschrift ein, worin sie sich die gröbsten Angriffe auf die Rechte der Sachsen zu<lb/> Schulden kommen ließen, indem sie einen Theil der sächsischen Nativnalcasse, der<lb/> sächsischen Kirchengüter und der Weichbilder jener Ortschaften, wo neben der säch¬<lb/> sischen auch eine walachische Gemeinde bestehe, forderten. Ueberhaupt führten jetzt<lb/> die Walachen eine sehr kühne Sprache und ihre Zeitung verkündigte mit großer</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0363]
Stunden wurde verhandelt, ohne daß der Streit hätte geschlichtet werden kön¬
nen. Unglücklicher Weise, fiel nun von Seite der Szekler die Frage: „Wollt
Ihr Euch mit Ungarn uniren?" worauf die Walachen entgegneten: sie würden
sich an die Beschlüsse der blasendorfer Versammlung und an ihren dem Kaiser ge-
leisteten Kid halten. Diese Antwort, so wie der Angriff eines Sensenmannes auf
den commandirenden Major und ein Schuß, der einen Szekler verwundete, brachte
die Wuth der Szekler zum Ausbruch. Wiederholt wurde geschossen ans die sehr
schlecht oder gar nicht bewaffnete Menge, bis dem Feuern mit großer Mühe von
den Offizieren Einhalt gethan wurde. Die Walachen hatten sich geflüchtet, aber
anch 30 Todte und 50 Schwerverwundete auf dem Platze gelassen. Aehnliche Er¬
hebungen der Walachen, zunächst nur gegen ihre Grundherren, fanden anch an¬
derwärts statt, wurden jedoch von den schnell herbeieilenden Szcklern immer
unterdrückt.
Eben jener Vorfall bei Mhalezfalva hatte aber gezeigt, wie dringend noth¬
wendig die schleunige Aufhebung der grundherrlichen Rechte sei. Man begriff dies
und handelte rasch. Schon am ki. Juni beschloß der Landtag die Auslösung der
Frohndienste und grundherrlichen Zehnten. Der I«. Juni sollte ans Wesselenyi's
Antrag für die Unterthanen der erste Tag der Freiheit sein. Allein dies Alles
war den Walachen nicht genug; selbst das Wahlgesetz zu dem bevorstehenden Reichs¬
tag in Pesth, wornach anch einige walachische Abgeordnete gewählt werden mußten,
entsprach - ihren Wünschen nicht ganz. Mit Erstaunen sahen sie dnrch den plötz¬
lichen Unionsbeschluß ihre Pläne durchkreuzt und zu nichte gemacht. Die wala¬
chische Deputation, die von der blascudorfer Volksversammlung an den Kaiser
geschickt worden, suchte am 7. Juni in Insbruck die Bestätigung der Union zu
hintertreiben; aber sie sowohl, wie auch eine spätere walachische, Deputation am
23. Juni, an deren Spitze Schagnna stand, bekam vom Kaiser die Versicherung,
daß die Walachen den übrigen Völkern ganz gleiche Rechte erlangen sollten, da
der letzte ungarische Reichstag allen Einwohnern Siebenbürgens ohne Rücksicht
auf Volksthum, Sprache und Religion dieselben Freiheiten und Berechtigungen
ertheile. Während indeß die Hermannftädtcr den Walachen noch immer allzusehr
trauten und das walachische Volkscomil«? sogar in Hermannstadt Sitzungen hielt,
reichte ein anderer Theil der Walachen, uneingedenk jener Rechte, die sie auf dem
Sachsenboden bereits erhalten hatten, wahrscheinlich aus Erbitterung darüber, daß
die Sachsen wider ihr Erwarten die Union angenommen hatten, den Ständen eine
Bittschrift ein, worin sie sich die gröbsten Angriffe auf die Rechte der Sachsen zu
Schulden kommen ließen, indem sie einen Theil der sächsischen Nativnalcasse, der
sächsischen Kirchengüter und der Weichbilder jener Ortschaften, wo neben der säch¬
sischen auch eine walachische Gemeinde bestehe, forderten. Ueberhaupt führten jetzt
die Walachen eine sehr kühne Sprache und ihre Zeitung verkündigte mit großer
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