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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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dennoch de"r nicht vergessen, die selbst Aufwiegelungen versucht hätten, um die
Verwirklichung der Union zu hintertreiben, wie z. B. ein gewisser Advokat aus
HermamistM, der mit den Stimmführern der Walachen Berathungen gepflogen
habe. Gegen diesen Angriff erhob sich Konrad Schmidt von Hermannstadt und
forderte Beweise oder Genugthuung, wenn Kemeny ihn -- und er war es, wenn
Kemeny ihn auch nicht namentlich angeführt hatte -- gemeint habe. Die gegen¬
seitige Erbitterung schrieb er dem Mißbrauch der Presse, besonders der klausen-
bnrger und der Nachricht zu, die sächsischen Abgeordneten, welche gegen die Union
stimmen würden, wären öffentlichen Beschimpfungen ausgesetzt (furchtbares Gebrause
und Geschrei der Entrüstung). Er habe nicht an diese Gerüchte geglaubt und sei
in ihre Mitte gekommen (Lebehvchrufe). Indem er noch anführte, Hermannstadt
sei der Union nicht geneigt, weil es für sein.Volksthum besorgt wäre; indem er
ferner die Stände bat, sich des gedrückten Zustandes der Walachen anzunehmen,
schloß er mit dein Wunsche, die Union möge dein Vaterlande segensreiche
Früchte bringen (Lautes Lebehoch).

Die Szekler Abgeordneten Pathe und Bersenezei baten noch, für die Szekler
Rücksicht zu nehmen, und nnn mußten Schmidt und Pathe ans das ungestüme
Verlangen des draußen stehende" Volks vor dasselbe treten (die frühern Redner
hatten es ebenso machen müssen!), wo Schmidt mit einem lauten: "Es lebe Her¬
mannstadt!" empfangen wurde. Pathe rief zum Volk: Seht, die sächsischen Abgeord¬
neten haben für die Union gesprochen, einer hat auch für die Szekler, auch für
die Walachen das Wort genommen; -- das ist der hcrmannstädtcr Abgeordnete.
Während der Lebehvchrufe, die nnn Schmidt gebracht wurden, hob ihn das Volk
in die Höhe und preßte ihm eine Fahne in die Hand mit der Inschrift: "Union
oder Tod!" Er brachte der Union der drei Nationen (Ungarn, Szekler und Sach-
se") zu gegenseitiger Vertheidigung ihrer Rechte und dann auch den Walachen ein
Lebehoch. -..... In der NachmittagSsil;"ng wurde der Gcschartit'el über die Union
Iiesiegelt und durch eine eigue Deputation, an den Kaiser geschickt. Zugleich wurde
auch eine andre Deputation gewählt, die das Ministerium, in Pesth über die De-
tails der vollständigen Vereinigung aufklären und bis zum nächsten allgemeine"
Reichstage den Stoff zu den dnrch das Ministerium vorzulegenden Gesetzen lie¬
fern sollte. ,

Die Bestürzung, welche die Nachricht von der Annahme der Union seitens
der sächsischen Abgeordneten in Hermannstadt hervorrief, war eine ungeheure.
Hermannstadt hatte sich ja wochenlang auf das Entschiedenste selbst gegen eine
Union mit Bedingungen gesträubt, es hatte die Stimmung der übrigen sächsischen
Kreise gleich der seinigen gewußt: und nun siel auf einmal der unerwartete, ihm
doppelt furchtbare Schlag: Union ohne Bedingungen, blos mit Wünschen! Kon¬
rad Schmidt war vo" den sächsischen Landtagsabgeordneten dahin gesandt worden,
um die dnrch irrige Berichte vielleicht geschreckten Gemüther aufzuklären und zu


dennoch de«r nicht vergessen, die selbst Aufwiegelungen versucht hätten, um die
Verwirklichung der Union zu hintertreiben, wie z. B. ein gewisser Advokat aus
HermamistM, der mit den Stimmführern der Walachen Berathungen gepflogen
habe. Gegen diesen Angriff erhob sich Konrad Schmidt von Hermannstadt und
forderte Beweise oder Genugthuung, wenn Kemeny ihn — und er war es, wenn
Kemeny ihn auch nicht namentlich angeführt hatte — gemeint habe. Die gegen¬
seitige Erbitterung schrieb er dem Mißbrauch der Presse, besonders der klausen-
bnrger und der Nachricht zu, die sächsischen Abgeordneten, welche gegen die Union
stimmen würden, wären öffentlichen Beschimpfungen ausgesetzt (furchtbares Gebrause
und Geschrei der Entrüstung). Er habe nicht an diese Gerüchte geglaubt und sei
in ihre Mitte gekommen (Lebehvchrufe). Indem er noch anführte, Hermannstadt
sei der Union nicht geneigt, weil es für sein.Volksthum besorgt wäre; indem er
ferner die Stände bat, sich des gedrückten Zustandes der Walachen anzunehmen,
schloß er mit dein Wunsche, die Union möge dein Vaterlande segensreiche
Früchte bringen (Lautes Lebehoch).

Die Szekler Abgeordneten Pathe und Bersenezei baten noch, für die Szekler
Rücksicht zu nehmen, und nnn mußten Schmidt und Pathe ans das ungestüme
Verlangen des draußen stehende» Volks vor dasselbe treten (die frühern Redner
hatten es ebenso machen müssen!), wo Schmidt mit einem lauten: „Es lebe Her¬
mannstadt!" empfangen wurde. Pathe rief zum Volk: Seht, die sächsischen Abgeord¬
neten haben für die Union gesprochen, einer hat auch für die Szekler, auch für
die Walachen das Wort genommen; — das ist der hcrmannstädtcr Abgeordnete.
Während der Lebehvchrufe, die nnn Schmidt gebracht wurden, hob ihn das Volk
in die Höhe und preßte ihm eine Fahne in die Hand mit der Inschrift: „Union
oder Tod!" Er brachte der Union der drei Nationen (Ungarn, Szekler und Sach-
se») zu gegenseitiger Vertheidigung ihrer Rechte und dann auch den Walachen ein
Lebehoch. -..... In der NachmittagSsil;»ng wurde der Gcschartit'el über die Union
Iiesiegelt und durch eine eigue Deputation, an den Kaiser geschickt. Zugleich wurde
auch eine andre Deputation gewählt, die das Ministerium, in Pesth über die De-
tails der vollständigen Vereinigung aufklären und bis zum nächsten allgemeine»
Reichstage den Stoff zu den dnrch das Ministerium vorzulegenden Gesetzen lie¬
fern sollte. ,

Die Bestürzung, welche die Nachricht von der Annahme der Union seitens
der sächsischen Abgeordneten in Hermannstadt hervorrief, war eine ungeheure.
Hermannstadt hatte sich ja wochenlang auf das Entschiedenste selbst gegen eine
Union mit Bedingungen gesträubt, es hatte die Stimmung der übrigen sächsischen
Kreise gleich der seinigen gewußt: und nun siel auf einmal der unerwartete, ihm
doppelt furchtbare Schlag: Union ohne Bedingungen, blos mit Wünschen! Kon¬
rad Schmidt war vo» den sächsischen Landtagsabgeordneten dahin gesandt worden,
um die dnrch irrige Berichte vielleicht geschreckten Gemüther aufzuklären und zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/360>, abgerufen am 28.09.2024.