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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Club und den Verein der Volksfreunde haben wir seit ihrem Entstehen mit Antheil
beobachtet und nur bedauert, daß ihre Ausdehnung nicht größer war. Dürfen wir uns
aus der Ferne noch eine Bemerkung erlauben, so ist es die, daß die neue Combination,
um die Herrschaft über die politische Bewegung Breslaus zu erhalten, sich uach beiden
Flügeln weiter ausdehnen müßte. Der Präsident der Handelskammer Theodor Mö¬
lln ari auf der rechten, Breinersdvrsf auf der linken Seite. Vorchart und
An erd ach im Centrum, das scheint uns eine kräftige und vielversprechende Vereinigung
der politischen Intelligenzen Breslaus und mit herzlicher Freude werden die Grenzboten
einem solchen Verein ihre Anhänglichkeit ausdrücken.




Die Bereinigung Siebenbürgens mit Ungarn-



il.

Der 30. Mai war herangekommen. Kurz vor der Landtagssitzung prüf¬
ten die sächsischen Abgeordneten noch den Vortraz des kronstädter Abgeordneten,
womit derselbe die Annahme der Union von den Sachsen erklären sollte und be¬
gab sich dann in die Landtagssitzung. Eine ungeheure Volksmenge füllte die
Gassen, selbst in dem Ständesaal war sie fast bis zur Mitte vorgedrungen und
zog sich erst ans den gebieterischen Ruf der Gallerten und der Gardensührer zu¬
rück. Zuerst ergriff der blinde, gefeierte, unter der frühern Regierung hart ver¬
folgte Freiheitskämpfer, Wesseleuyi, das Wort und sprach mit hoher Begeisterung
seine Uebereinstimmung mit der Union aus und schloß: "Es lebe die Union?"
Ein donnerähnliches Unionsrufen ertönte im Saale, ertönte auf der Straße.
Von ihren Sitzen erhoben sich die Stände und schwenkten die Hüte -- die Her¬
mannstädter blieben sitzen. Nachdem nun von einem andern Redner noch erwähnt
worden war, man solle alle Besorgnisse, die bisher obgewaltet, zerstreuen und ohne
deu Keim der Zwietracht mitzubringen, sich all Ungarn anschließen, wurde von
allen Seite"" die Beitrittserklärnng der Sachsen verlangt und Elias Roth that
dies, indem er den Ständen nochmals die Emporhaltung der sächsischen Rechte,
Volksthümlichkeit, Muttersprache und Municipaleinrichtungen an's Herz legte.
Darauf sprach der Gouverneur die einstimmige Aunahme der Vereinigung Sie¬
benbürgens mit Ungarn aus.

Kaum war dies geschehen, als Diony's Kemcny angab, was jetzt zur Be¬
ruhigung der aufgeregten Gemüther nothwendig sei. Zugleich meinte er auch, in¬
dem er den siebenbürger Boten aus der Tasche zog, er könne über der Freude


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Club und den Verein der Volksfreunde haben wir seit ihrem Entstehen mit Antheil
beobachtet und nur bedauert, daß ihre Ausdehnung nicht größer war. Dürfen wir uns
aus der Ferne noch eine Bemerkung erlauben, so ist es die, daß die neue Combination,
um die Herrschaft über die politische Bewegung Breslaus zu erhalten, sich uach beiden
Flügeln weiter ausdehnen müßte. Der Präsident der Handelskammer Theodor Mö¬
lln ari auf der rechten, Breinersdvrsf auf der linken Seite. Vorchart und
An erd ach im Centrum, das scheint uns eine kräftige und vielversprechende Vereinigung
der politischen Intelligenzen Breslaus und mit herzlicher Freude werden die Grenzboten
einem solchen Verein ihre Anhänglichkeit ausdrücken.




Die Bereinigung Siebenbürgens mit Ungarn-



il.

Der 30. Mai war herangekommen. Kurz vor der Landtagssitzung prüf¬
ten die sächsischen Abgeordneten noch den Vortraz des kronstädter Abgeordneten,
womit derselbe die Annahme der Union von den Sachsen erklären sollte und be¬
gab sich dann in die Landtagssitzung. Eine ungeheure Volksmenge füllte die
Gassen, selbst in dem Ständesaal war sie fast bis zur Mitte vorgedrungen und
zog sich erst ans den gebieterischen Ruf der Gallerten und der Gardensührer zu¬
rück. Zuerst ergriff der blinde, gefeierte, unter der frühern Regierung hart ver¬
folgte Freiheitskämpfer, Wesseleuyi, das Wort und sprach mit hoher Begeisterung
seine Uebereinstimmung mit der Union aus und schloß: „Es lebe die Union?"
Ein donnerähnliches Unionsrufen ertönte im Saale, ertönte auf der Straße.
Von ihren Sitzen erhoben sich die Stände und schwenkten die Hüte — die Her¬
mannstädter blieben sitzen. Nachdem nun von einem andern Redner noch erwähnt
worden war, man solle alle Besorgnisse, die bisher obgewaltet, zerstreuen und ohne
deu Keim der Zwietracht mitzubringen, sich all Ungarn anschließen, wurde von
allen Seite»» die Beitrittserklärnng der Sachsen verlangt und Elias Roth that
dies, indem er den Ständen nochmals die Emporhaltung der sächsischen Rechte,
Volksthümlichkeit, Muttersprache und Municipaleinrichtungen an's Herz legte.
Darauf sprach der Gouverneur die einstimmige Aunahme der Vereinigung Sie¬
benbürgens mit Ungarn aus.

Kaum war dies geschehen, als Diony's Kemcny angab, was jetzt zur Be¬
ruhigung der aufgeregten Gemüther nothwendig sei. Zugleich meinte er auch, in¬
dem er den siebenbürger Boten aus der Tasche zog, er könne über der Freude


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[0359] Club und den Verein der Volksfreunde haben wir seit ihrem Entstehen mit Antheil beobachtet und nur bedauert, daß ihre Ausdehnung nicht größer war. Dürfen wir uns aus der Ferne noch eine Bemerkung erlauben, so ist es die, daß die neue Combination, um die Herrschaft über die politische Bewegung Breslaus zu erhalten, sich uach beiden Flügeln weiter ausdehnen müßte. Der Präsident der Handelskammer Theodor Mö¬ lln ari auf der rechten, Breinersdvrsf auf der linken Seite. Vorchart und An erd ach im Centrum, das scheint uns eine kräftige und vielversprechende Vereinigung der politischen Intelligenzen Breslaus und mit herzlicher Freude werden die Grenzboten einem solchen Verein ihre Anhänglichkeit ausdrücken. Die Bereinigung Siebenbürgens mit Ungarn- il. Der 30. Mai war herangekommen. Kurz vor der Landtagssitzung prüf¬ ten die sächsischen Abgeordneten noch den Vortraz des kronstädter Abgeordneten, womit derselbe die Annahme der Union von den Sachsen erklären sollte und be¬ gab sich dann in die Landtagssitzung. Eine ungeheure Volksmenge füllte die Gassen, selbst in dem Ständesaal war sie fast bis zur Mitte vorgedrungen und zog sich erst ans den gebieterischen Ruf der Gallerten und der Gardensührer zu¬ rück. Zuerst ergriff der blinde, gefeierte, unter der frühern Regierung hart ver¬ folgte Freiheitskämpfer, Wesseleuyi, das Wort und sprach mit hoher Begeisterung seine Uebereinstimmung mit der Union aus und schloß: „Es lebe die Union?" Ein donnerähnliches Unionsrufen ertönte im Saale, ertönte auf der Straße. Von ihren Sitzen erhoben sich die Stände und schwenkten die Hüte — die Her¬ mannstädter blieben sitzen. Nachdem nun von einem andern Redner noch erwähnt worden war, man solle alle Besorgnisse, die bisher obgewaltet, zerstreuen und ohne deu Keim der Zwietracht mitzubringen, sich all Ungarn anschließen, wurde von allen Seite»» die Beitrittserklärnng der Sachsen verlangt und Elias Roth that dies, indem er den Ständen nochmals die Emporhaltung der sächsischen Rechte, Volksthümlichkeit, Muttersprache und Municipaleinrichtungen an's Herz legte. Darauf sprach der Gouverneur die einstimmige Aunahme der Vereinigung Sie¬ benbürgens mit Ungarn aus. Kaum war dies geschehen, als Diony's Kemcny angab, was jetzt zur Be¬ ruhigung der aufgeregten Gemüther nothwendig sei. Zugleich meinte er auch, in¬ dem er den siebenbürger Boten aus der Tasche zog, er könne über der Freude 45*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/359>, abgerufen am 29.06.2024.