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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Zum zweiten Male machte die Besonnenheit sich geltend bei dem Protest
gegen die UnVerantwortlichkeit des Reichsverwesers. Zugleich mit
der Nachricht von diesem Beschlusse der Nationalversammlung kam von Frankfurt
das seltsame, von Ronge, Metternich und Bayerhofer unterzeichnete Manifest, in
welchem diese Herren im Namen aller deutschen Demokraten die Ordre gaben,
die Nationalversammlung, da sie theilweise aus indirecten Wahlen hervorgegangen
sei, für incompetent zu erklären und die Linke derselben zur Bildung einer neuen
aufzufordern. Als das Manifest vorgelesen war, wünschte uns ein Redner Glück,
denn wir würden schon unser" Robespierre finden, Und ein anderer schloß mit ei¬
nem Hoch auf Hecker, das ziemlich dünn ausfiel, aber der Antrag des Manifestes
wurde nicht einmal von einem der Mitglieder zu dem seinen gemacht und kam so
gar nicht zur Debatte. Darüber schien Alles einig zu sein, daß man als Mann
nicht handeln dürfe wie ein Kind, das sich zuerst in'S Wetten einläßt und, nach-
dem es verloren hat, zurücktritt und sagt: so gilt's nicht, wenn ich nicht gewinne;
ich spiel' nicht mit! Es wurde beantragt, daß man einen Protest der National¬
versammlung einreiche dagegen, daß die deutsche Centralgewalt eine unverantwort¬
liche sei, wozu Berthold Auerbach den Zusatz machte, daß man aber der
Schöpfung der Centralgewalt an sich, als einem höchst wichtigen Schritte zur Ein¬
heit, seine Anerkennung zollen solle. Beides, auch dieses letztere Amendement, ging
trotz einige" Widerspruchs durch. So war auch dieser Schritt des Clubs ein
politisch gerechtfertigter. Sich der Majorität fügen, muß immer das Recht offen
lassen, seine disseutirende Meinung darzulegen und auf den legalen Wegen dafür
Propaganda zu macheu.

So war der demokratische Club allerdings klug geworden. In seinen letzten
Schritten hatte er sich ehrenhaft und gesetzlich bewiesen. Wenn aber dennoch ge¬
rade in dieser Zeit, wo er aufhörte seinen Einfluß auf die große Menge zu ge¬
brauchen -- ein Gebrauch, der allerdings leicht in Mißbrauch ausartet! -- und
dadurch an Macht zu verlieren schien, die Gegenpartei der "Konstitutionellen"
und "Vaterländischen" mit Angriffen und Verleumdungen gegen ihn hervortrat,
so fühlen wir, die wir mit dem demokratischen Club zerfallen sind und ans ihm
scheiden, die Verpflichtung auszuspreche", daß Eitelkeit der Professoren, Dünkel
der Beamten und Egoismus der Kapitalisten in jenen beiden Vereinen auf andere
Weise eben so viel Einseitigkeit, Schwäche und Taktlosigkeit an den Tag gelegt
haben, als sie mit Erbitterung ihrem Feinde vorwarfen.

Das Ausscheiden einer Fraktion des demokratische" Clubs wurde veranlaßt
bei der Berathung über den ersten Paragraphen der Beschlüsse des Frankfurter
Demokratencongresses. Breslau nämlich hatte wie alle Städte mit größeren de¬
mokratischen Vereinen zwei Deputirte zu jenem Kongreß geschickt"), wo unter dem



^) Litemt FrttdMsburg und Maler Hoyok.

Zum zweiten Male machte die Besonnenheit sich geltend bei dem Protest
gegen die UnVerantwortlichkeit des Reichsverwesers. Zugleich mit
der Nachricht von diesem Beschlusse der Nationalversammlung kam von Frankfurt
das seltsame, von Ronge, Metternich und Bayerhofer unterzeichnete Manifest, in
welchem diese Herren im Namen aller deutschen Demokraten die Ordre gaben,
die Nationalversammlung, da sie theilweise aus indirecten Wahlen hervorgegangen
sei, für incompetent zu erklären und die Linke derselben zur Bildung einer neuen
aufzufordern. Als das Manifest vorgelesen war, wünschte uns ein Redner Glück,
denn wir würden schon unser» Robespierre finden, Und ein anderer schloß mit ei¬
nem Hoch auf Hecker, das ziemlich dünn ausfiel, aber der Antrag des Manifestes
wurde nicht einmal von einem der Mitglieder zu dem seinen gemacht und kam so
gar nicht zur Debatte. Darüber schien Alles einig zu sein, daß man als Mann
nicht handeln dürfe wie ein Kind, das sich zuerst in'S Wetten einläßt und, nach-
dem es verloren hat, zurücktritt und sagt: so gilt's nicht, wenn ich nicht gewinne;
ich spiel' nicht mit! Es wurde beantragt, daß man einen Protest der National¬
versammlung einreiche dagegen, daß die deutsche Centralgewalt eine unverantwort¬
liche sei, wozu Berthold Auerbach den Zusatz machte, daß man aber der
Schöpfung der Centralgewalt an sich, als einem höchst wichtigen Schritte zur Ein¬
heit, seine Anerkennung zollen solle. Beides, auch dieses letztere Amendement, ging
trotz einige» Widerspruchs durch. So war auch dieser Schritt des Clubs ein
politisch gerechtfertigter. Sich der Majorität fügen, muß immer das Recht offen
lassen, seine disseutirende Meinung darzulegen und auf den legalen Wegen dafür
Propaganda zu macheu.

So war der demokratische Club allerdings klug geworden. In seinen letzten
Schritten hatte er sich ehrenhaft und gesetzlich bewiesen. Wenn aber dennoch ge¬
rade in dieser Zeit, wo er aufhörte seinen Einfluß auf die große Menge zu ge¬
brauchen — ein Gebrauch, der allerdings leicht in Mißbrauch ausartet! — und
dadurch an Macht zu verlieren schien, die Gegenpartei der „Konstitutionellen"
und „Vaterländischen" mit Angriffen und Verleumdungen gegen ihn hervortrat,
so fühlen wir, die wir mit dem demokratischen Club zerfallen sind und ans ihm
scheiden, die Verpflichtung auszuspreche», daß Eitelkeit der Professoren, Dünkel
der Beamten und Egoismus der Kapitalisten in jenen beiden Vereinen auf andere
Weise eben so viel Einseitigkeit, Schwäche und Taktlosigkeit an den Tag gelegt
haben, als sie mit Erbitterung ihrem Feinde vorwarfen.

Das Ausscheiden einer Fraktion des demokratische» Clubs wurde veranlaßt
bei der Berathung über den ersten Paragraphen der Beschlüsse des Frankfurter
Demokratencongresses. Breslau nämlich hatte wie alle Städte mit größeren de¬
mokratischen Vereinen zwei Deputirte zu jenem Kongreß geschickt"), wo unter dem



^) Litemt FrttdMsburg und Maler Hoyok.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/352>, abgerufen am 29.06.2024.