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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Kandidaten durch; nach Berlin sind überhaupt sechs seiner Mitglieder, drei in der
Provinz gewählt, dcputirt worden: Reichenbach, Brill, Nees v. Esenbeck,
Stein, Elsner, Bchnsch; nach Frankfurt setzte er Rüge und Gruberl
durch. Seit dieser Zeit aber ging es mit ihm bergab. Seine Thätigkeit verlor
allerdings nichts an Unermüdlichkeit, wohl aber an Umsicht. Denn von Umsicht
zeugte wahrlich nicht, daß er sich stets zu thun machte, auch wo es Nichts zu
thun gab, daß er einen Heroismus zeigte, der nur protestiren kann und prote-
stiren muß, als käme es ihm mehr auf das Protestiren an, als ans den Zweck
desselben. Kaum schien die "Hyder der Reaktion" irgendwo ihr Haupt zu erhe¬
ben, so hatte man sie auch schon bei den Ohren gefaßt und schlug sie an allen
Straßenecken an den Pranger. So protestirte man damals gegen die Rückkehr
des Prinzen von Preußen bei dem Ministerium!, und das Ministerium ließ sich
in seinen Maßregeln nicht stören; man protestirte eben dagegen bei der bewaff¬
neten Mannschaft Breslaus und die Polizei riß die Plakate ab; man protestirte
eben dagegen bei den Soldaten, und auch dieses Plakat belegte die Polizei mit
Beschlag; mau protestirte gegen die Polizei und ließ die Plakate dreimal wieder
anschlagen, aber die Polizei hat das letzte Wort behalten und sie auch zum drit¬
tenmal abgerissen. Und was war die Folge davon? Jeden Tag stand die Zeitung
voll von Gegenprotesten der verschiedenen Militärabtheilungen, die "mit Gott für
König und Vaterland" und für den Prinzen von Preußen sterben wollten und sich
gegen die Bevormundung des demokratischen Klubs mit so korpornlmäßigen Ans-'
drücken, verwahrten, daß sämmtliche Demokraten sich geradezu Schimpfreden aus
den Hals geladen halten. Und alle diese Proteste hatten Nichts genützt, sie
hatten nnr geschadet. Das Jgnoriren des Ministeriums und die Antworten des
Militärs wurden eine gewaltige Schlappe für die Partei. In Folge dessen trat
damals eine Anzahl von Mitgliedern und zwar von den geachtetsten nud gebildet¬
sten aus und stiftete den Club der "Volksfreunde" ^). Wenngleich ihr Aus¬
tritt nicht gerade brillant war, da sie auftraten, ohne offene Opposition versucht
und ihre Gesinnung gegen die Majorität geltend gemacht zu haben, so hatten doch
diejenigen Unrecht, welche sie "Halbe, Gesinnungslose" nannten, deren Entfernung
nur nützlich sein werde. Schon damals fühlten wir es und sprachen es in der^
"Reform" (Ur. 59) ans, daß grade durch ihr Ausscheiden der Club einer ge¬
fährlichen Einseitigkeit nnr noch mehr anheimfallen, mußte Die Thätigkeit des
Clubs wurde von da ab vollends eine rein negative, Protestiren, Ueberwachen,
Lärmschlagen. Daß der demokratische Club höhere Anforderungen erfüllen konnte,
wurde sowohl durch die Majorität seiner Mitglieder, als durch seine Stellung zu




Es warm namentlich der Professor Prediger Rhode, Vr. TMner, Apotheker Lock-
Mt, Assessor Delbrück u. s. w. . ^
D" sie meist in irgend einer Bezichun-, MM StaÄslebm stanzn mdWfluß,in° Ein¬
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Kandidaten durch; nach Berlin sind überhaupt sechs seiner Mitglieder, drei in der
Provinz gewählt, dcputirt worden: Reichenbach, Brill, Nees v. Esenbeck,
Stein, Elsner, Bchnsch; nach Frankfurt setzte er Rüge und Gruberl
durch. Seit dieser Zeit aber ging es mit ihm bergab. Seine Thätigkeit verlor
allerdings nichts an Unermüdlichkeit, wohl aber an Umsicht. Denn von Umsicht
zeugte wahrlich nicht, daß er sich stets zu thun machte, auch wo es Nichts zu
thun gab, daß er einen Heroismus zeigte, der nur protestiren kann und prote-
stiren muß, als käme es ihm mehr auf das Protestiren an, als ans den Zweck
desselben. Kaum schien die „Hyder der Reaktion" irgendwo ihr Haupt zu erhe¬
ben, so hatte man sie auch schon bei den Ohren gefaßt und schlug sie an allen
Straßenecken an den Pranger. So protestirte man damals gegen die Rückkehr
des Prinzen von Preußen bei dem Ministerium!, und das Ministerium ließ sich
in seinen Maßregeln nicht stören; man protestirte eben dagegen bei der bewaff¬
neten Mannschaft Breslaus und die Polizei riß die Plakate ab; man protestirte
eben dagegen bei den Soldaten, und auch dieses Plakat belegte die Polizei mit
Beschlag; mau protestirte gegen die Polizei und ließ die Plakate dreimal wieder
anschlagen, aber die Polizei hat das letzte Wort behalten und sie auch zum drit¬
tenmal abgerissen. Und was war die Folge davon? Jeden Tag stand die Zeitung
voll von Gegenprotesten der verschiedenen Militärabtheilungen, die „mit Gott für
König und Vaterland" und für den Prinzen von Preußen sterben wollten und sich
gegen die Bevormundung des demokratischen Klubs mit so korpornlmäßigen Ans-'
drücken, verwahrten, daß sämmtliche Demokraten sich geradezu Schimpfreden aus
den Hals geladen halten. Und alle diese Proteste hatten Nichts genützt, sie
hatten nnr geschadet. Das Jgnoriren des Ministeriums und die Antworten des
Militärs wurden eine gewaltige Schlappe für die Partei. In Folge dessen trat
damals eine Anzahl von Mitgliedern und zwar von den geachtetsten nud gebildet¬
sten aus und stiftete den Club der „Volksfreunde" ^). Wenngleich ihr Aus¬
tritt nicht gerade brillant war, da sie auftraten, ohne offene Opposition versucht
und ihre Gesinnung gegen die Majorität geltend gemacht zu haben, so hatten doch
diejenigen Unrecht, welche sie „Halbe, Gesinnungslose" nannten, deren Entfernung
nur nützlich sein werde. Schon damals fühlten wir es und sprachen es in der^
„Reform" (Ur. 59) ans, daß grade durch ihr Ausscheiden der Club einer ge¬
fährlichen Einseitigkeit nnr noch mehr anheimfallen, mußte Die Thätigkeit des
Clubs wurde von da ab vollends eine rein negative, Protestiren, Ueberwachen,
Lärmschlagen. Daß der demokratische Club höhere Anforderungen erfüllen konnte,
wurde sowohl durch die Majorität seiner Mitglieder, als durch seine Stellung zu




Es warm namentlich der Professor Prediger Rhode, Vr. TMner, Apotheker Lock-
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[0350] Kandidaten durch; nach Berlin sind überhaupt sechs seiner Mitglieder, drei in der Provinz gewählt, dcputirt worden: Reichenbach, Brill, Nees v. Esenbeck, Stein, Elsner, Bchnsch; nach Frankfurt setzte er Rüge und Gruberl durch. Seit dieser Zeit aber ging es mit ihm bergab. Seine Thätigkeit verlor allerdings nichts an Unermüdlichkeit, wohl aber an Umsicht. Denn von Umsicht zeugte wahrlich nicht, daß er sich stets zu thun machte, auch wo es Nichts zu thun gab, daß er einen Heroismus zeigte, der nur protestiren kann und prote- stiren muß, als käme es ihm mehr auf das Protestiren an, als ans den Zweck desselben. Kaum schien die „Hyder der Reaktion" irgendwo ihr Haupt zu erhe¬ ben, so hatte man sie auch schon bei den Ohren gefaßt und schlug sie an allen Straßenecken an den Pranger. So protestirte man damals gegen die Rückkehr des Prinzen von Preußen bei dem Ministerium!, und das Ministerium ließ sich in seinen Maßregeln nicht stören; man protestirte eben dagegen bei der bewaff¬ neten Mannschaft Breslaus und die Polizei riß die Plakate ab; man protestirte eben dagegen bei den Soldaten, und auch dieses Plakat belegte die Polizei mit Beschlag; mau protestirte gegen die Polizei und ließ die Plakate dreimal wieder anschlagen, aber die Polizei hat das letzte Wort behalten und sie auch zum drit¬ tenmal abgerissen. Und was war die Folge davon? Jeden Tag stand die Zeitung voll von Gegenprotesten der verschiedenen Militärabtheilungen, die „mit Gott für König und Vaterland" und für den Prinzen von Preußen sterben wollten und sich gegen die Bevormundung des demokratischen Klubs mit so korpornlmäßigen Ans-' drücken, verwahrten, daß sämmtliche Demokraten sich geradezu Schimpfreden aus den Hals geladen halten. Und alle diese Proteste hatten Nichts genützt, sie hatten nnr geschadet. Das Jgnoriren des Ministeriums und die Antworten des Militärs wurden eine gewaltige Schlappe für die Partei. In Folge dessen trat damals eine Anzahl von Mitgliedern und zwar von den geachtetsten nud gebildet¬ sten aus und stiftete den Club der „Volksfreunde" ^). Wenngleich ihr Aus¬ tritt nicht gerade brillant war, da sie auftraten, ohne offene Opposition versucht und ihre Gesinnung gegen die Majorität geltend gemacht zu haben, so hatten doch diejenigen Unrecht, welche sie „Halbe, Gesinnungslose" nannten, deren Entfernung nur nützlich sein werde. Schon damals fühlten wir es und sprachen es in der^ „Reform" (Ur. 59) ans, daß grade durch ihr Ausscheiden der Club einer ge¬ fährlichen Einseitigkeit nnr noch mehr anheimfallen, mußte Die Thätigkeit des Clubs wurde von da ab vollends eine rein negative, Protestiren, Ueberwachen, Lärmschlagen. Daß der demokratische Club höhere Anforderungen erfüllen konnte, wurde sowohl durch die Majorität seiner Mitglieder, als durch seine Stellung zu Es warm namentlich der Professor Prediger Rhode, Vr. TMner, Apotheker Lock- Mt, Assessor Delbrück u. s. w. . ^ D« sie meist in irgend einer Bezichun-, MM StaÄslebm stanzn mdWfluß,in° Ein¬ sicht, in paM? gmShrtm.. , ., '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/350>, abgerufen am 26.06.2024.