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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Frage zur Abstimmung kam, ob man Bedingungen oder Wünsche stellen solle?
Schäßbnrg entschied sich, da die magyarischen Stände keine Bedingungen anneh¬
men wollten, um die Union nicht unnöthiger Weise noch zu verzögern, blos für
Wünsche, verstand jedoch darunter nicht eine Unterwerfung auf Gnade oder Un¬
gnade. Der Entschluß der magyarischen Stände, den Unionsbeschlnß schon in der
nächsten Sitzung durchzusetzen, war nicht mehr abzuändern, sie durch fernere Wi¬
dersprüche noch mehr zu reizen, gefährlich; und da es überhaupt wenig darauf
ankam, ob man Bedingungen oder Wünsche stellte, wenn nur die Rechte der Sach¬
sen gerettet wurden: so beschloß die Versammlung, in der Landtagssitzung des fol¬
genden Tages blos Wünsche vorzubringen. Den Auftrag, diese Wünsche auszu¬
sprechen und den Beitritt der Sachsen zur Union vor den Ständen auszusprechen,
erhielt der krvnstädter Abgeordnete Elias Roth.


Vom Reich.



IV.

Des Merzen Idus sind nun vorüber und Cäsar hat nicht geblutet. Welcher
vaterländisch gesinnte Reichsphilister hörte nicht im Geist am 6. August ein all¬
gemeines, theils offizielles, theils aber höchst aufsässiges Hurrah, mit einem lieb¬
lichen Accompagnement vou Katzenmusiken, Steinwürfen und ähnlicher gesinnungs¬
voller und wohlmeinender Opposition gegen die vermessenen Reactionärs, die ans
eine freche und unehrerbietige Weise dem tel est notre xl-üsir des souveränen
Rcichskriegsministcrs den Gehorsam vorzuenthalten wagten! Es ist nichts geschehen;
wo man Hurrah gerufen hat, war es gut, wo es nicht geschah, waren es nur
die Gänse des Capitols, die einen Lärm darüber erhoben und man erwartete ver¬
gebens den Schlachtruf der in der Dämmerung heranrückenden Gallier. Herr
v. Peucker nahm das eine "acompli hin, so gut es gehen wollte, und nur die Ra¬
dikalen, die selber gegen die Unverantwvrtlichkeit des neuen Herr" so lebhaften Pro¬
rest eingelegt hatten, waren außer sich darüber, daß Fürsten sich ihrer Ansicht an¬
schlössen. Man hatte früher nur Preußen im Auge gehabt, als würde der nord¬
deutsche Hochmuth allein es nicht zulassen, zu Ehren des östreichischen Prinzen
die Trommel zu rühren und uun hat sich gefunden, daß Oestreich selber Bedenken
erheben mußte, daß ein streng demokratisches Cabinet es nicht sür geeignet ansah,
seine aus verschiedenartigen Nationen zusammengesetzten Heere die Tricolore des
Reichs anstecken zu lassen, wofern sie nicht zu Neichszwecken verwendet würden.


Frage zur Abstimmung kam, ob man Bedingungen oder Wünsche stellen solle?
Schäßbnrg entschied sich, da die magyarischen Stände keine Bedingungen anneh¬
men wollten, um die Union nicht unnöthiger Weise noch zu verzögern, blos für
Wünsche, verstand jedoch darunter nicht eine Unterwerfung auf Gnade oder Un¬
gnade. Der Entschluß der magyarischen Stände, den Unionsbeschlnß schon in der
nächsten Sitzung durchzusetzen, war nicht mehr abzuändern, sie durch fernere Wi¬
dersprüche noch mehr zu reizen, gefährlich; und da es überhaupt wenig darauf
ankam, ob man Bedingungen oder Wünsche stellte, wenn nur die Rechte der Sach¬
sen gerettet wurden: so beschloß die Versammlung, in der Landtagssitzung des fol¬
genden Tages blos Wünsche vorzubringen. Den Auftrag, diese Wünsche auszu¬
sprechen und den Beitritt der Sachsen zur Union vor den Ständen auszusprechen,
erhielt der krvnstädter Abgeordnete Elias Roth.


Vom Reich.



IV.

Des Merzen Idus sind nun vorüber und Cäsar hat nicht geblutet. Welcher
vaterländisch gesinnte Reichsphilister hörte nicht im Geist am 6. August ein all¬
gemeines, theils offizielles, theils aber höchst aufsässiges Hurrah, mit einem lieb¬
lichen Accompagnement vou Katzenmusiken, Steinwürfen und ähnlicher gesinnungs¬
voller und wohlmeinender Opposition gegen die vermessenen Reactionärs, die ans
eine freche und unehrerbietige Weise dem tel est notre xl-üsir des souveränen
Rcichskriegsministcrs den Gehorsam vorzuenthalten wagten! Es ist nichts geschehen;
wo man Hurrah gerufen hat, war es gut, wo es nicht geschah, waren es nur
die Gänse des Capitols, die einen Lärm darüber erhoben und man erwartete ver¬
gebens den Schlachtruf der in der Dämmerung heranrückenden Gallier. Herr
v. Peucker nahm das eine »acompli hin, so gut es gehen wollte, und nur die Ra¬
dikalen, die selber gegen die Unverantwvrtlichkeit des neuen Herr« so lebhaften Pro¬
rest eingelegt hatten, waren außer sich darüber, daß Fürsten sich ihrer Ansicht an¬
schlössen. Man hatte früher nur Preußen im Auge gehabt, als würde der nord¬
deutsche Hochmuth allein es nicht zulassen, zu Ehren des östreichischen Prinzen
die Trommel zu rühren und uun hat sich gefunden, daß Oestreich selber Bedenken
erheben mußte, daß ein streng demokratisches Cabinet es nicht sür geeignet ansah,
seine aus verschiedenartigen Nationen zusammengesetzten Heere die Tricolore des
Reichs anstecken zu lassen, wofern sie nicht zu Neichszwecken verwendet würden.


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[0320] Frage zur Abstimmung kam, ob man Bedingungen oder Wünsche stellen solle? Schäßbnrg entschied sich, da die magyarischen Stände keine Bedingungen anneh¬ men wollten, um die Union nicht unnöthiger Weise noch zu verzögern, blos für Wünsche, verstand jedoch darunter nicht eine Unterwerfung auf Gnade oder Un¬ gnade. Der Entschluß der magyarischen Stände, den Unionsbeschlnß schon in der nächsten Sitzung durchzusetzen, war nicht mehr abzuändern, sie durch fernere Wi¬ dersprüche noch mehr zu reizen, gefährlich; und da es überhaupt wenig darauf ankam, ob man Bedingungen oder Wünsche stellte, wenn nur die Rechte der Sach¬ sen gerettet wurden: so beschloß die Versammlung, in der Landtagssitzung des fol¬ genden Tages blos Wünsche vorzubringen. Den Auftrag, diese Wünsche auszu¬ sprechen und den Beitritt der Sachsen zur Union vor den Ständen auszusprechen, erhielt der krvnstädter Abgeordnete Elias Roth. Vom Reich. IV. Des Merzen Idus sind nun vorüber und Cäsar hat nicht geblutet. Welcher vaterländisch gesinnte Reichsphilister hörte nicht im Geist am 6. August ein all¬ gemeines, theils offizielles, theils aber höchst aufsässiges Hurrah, mit einem lieb¬ lichen Accompagnement vou Katzenmusiken, Steinwürfen und ähnlicher gesinnungs¬ voller und wohlmeinender Opposition gegen die vermessenen Reactionärs, die ans eine freche und unehrerbietige Weise dem tel est notre xl-üsir des souveränen Rcichskriegsministcrs den Gehorsam vorzuenthalten wagten! Es ist nichts geschehen; wo man Hurrah gerufen hat, war es gut, wo es nicht geschah, waren es nur die Gänse des Capitols, die einen Lärm darüber erhoben und man erwartete ver¬ gebens den Schlachtruf der in der Dämmerung heranrückenden Gallier. Herr v. Peucker nahm das eine »acompli hin, so gut es gehen wollte, und nur die Ra¬ dikalen, die selber gegen die Unverantwvrtlichkeit des neuen Herr« so lebhaften Pro¬ rest eingelegt hatten, waren außer sich darüber, daß Fürsten sich ihrer Ansicht an¬ schlössen. Man hatte früher nur Preußen im Auge gehabt, als würde der nord¬ deutsche Hochmuth allein es nicht zulassen, zu Ehren des östreichischen Prinzen die Trommel zu rühren und uun hat sich gefunden, daß Oestreich selber Bedenken erheben mußte, daß ein streng demokratisches Cabinet es nicht sür geeignet ansah, seine aus verschiedenartigen Nationen zusammengesetzten Heere die Tricolore des Reichs anstecken zu lassen, wofern sie nicht zu Neichszwecken verwendet würden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/320>, abgerufen am 26.06.2024.