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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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angaben, was die beiden andern Nationen nachdrücklich unterstützen wollten. Ja
Wesselenyi hatte die Sachsen feierlich versichert, sie würden durch die Vereinigung
Siebenbürgens mit Ungarn keine SchMlerung, sondern eher eine Vermehrung ihrer
Rechte erhalten. Die sächsischen Abgeordneten schwiegen und nun erscholl un¬
ter Schwenken von tausend und aber tausend Hüten und Schnupftüchern und un¬
ter Säbelgeklirr aus vielen tausend Kehlen der Nuf: "Die Union ist ausgespro¬
chen! Union! Union!"

Landtäglich war dies noch nicht geschehen, denn in ihrer Gesammtheit hatten
die sächsischen Abgeordneten diesem Beschlusse noch nicht beigestimmt. Um sich
demnach zu einem Beschluß über die Unionsfrage zu einigen, hielten die sächsischen
Abgeordneten noch in der Nacht vom 29. bis 30. Mai, von 6 --2 Uhr eine, offne
Sitzung*). Von Seps und Großschenk waren die Abgeordneten noch immer nicht
erschienen. Auch Broos war nicht vertreten, denn einer der Gewählten hatte, we¬
gen Nichtübereinstimmung mit der Instruktion die Wahl abgelehnt, der andere,
der magyarische Leszai, war zu den Magyaren übergegangen. So waren denn
blos 16 Abgeordnete von den Sachsen zugegen, und unter diesen mehr als die
Hälfte, die, wenn auch recht muthige und wackere Kämpfer, doch jetzt zum ersten¬
mal aus dem Landtag, daher zum Theil ohne die ihren erfahrenen Gegnern gegen¬
über wünschenswerthe parlamentarische Gewandtheit waren. Denn einige früher
gewöhnlich auf die Landtage geschickte Männer waren theils bei der Nationsnni-
versität in Hermannstadt, theils hatten sie sich von den Wahlen zurückgezogen und
sich gescheut, in so ernster Zeit die Verantwortlichkeit einer so hochwichtigen Sen¬
dung ans sich zu nehmen. Auch der Nationögras, der sonst den Mittelpunkt der
sächsischen Abgeordneten gebildet hatte, fehlte, wenngleich sein Erscheinen in Klan-
senburg dringend nothwendig gewesen wäre, denn das sächsische Volk, das schon
seine übrigen Abgeordneten mit großer Besorgniß nach der aufgeregten Stadt
hatte reisen sehen, durfte jetzt die Sicherheit ihres Oberhauptes nicht leichtsinnig
in Gefahr bringen. Denn wollte man Gerüchten Glauben schenken, so wäre sein.
Leben bedroht worden. Deshalb blieb derselbe als Vorsitzender der Nqtionsuni-
versität in Hermannstadt zurück, während die Abgeordneten in Klauseuburg für sich
allein dastanden. Die sächsischen Abgeordneten pflegten bisher immer, um als ein¬
heitliches Ganzes in der Landtagssitzung auftreten zu können , in ihrer National¬
versammlung über die Frage", die den Ständen zur Entscheidung vorlagen, vor",
her abzustimmen und die Einzelmeinung dem Willen der Mehrheit unterzuordnen.
So lauteten auch jetzt alle Instruktionen, denn Hermannstadt, das der. Union ab¬
hold war, hatte in der Ueberzeugung gehandelt, die übrigen Kreise wünschten
dasselbe, da doch diese mit Ausnahme Medwisch's ihren Instruktionen zufolge, der.
Union unter gewissen Bedingungen nicht abgeneigt waren. --- Unter solchen Um-



5) Amtlich" Bericht der sächsischen Landtagsdeputirten zx.

angaben, was die beiden andern Nationen nachdrücklich unterstützen wollten. Ja
Wesselenyi hatte die Sachsen feierlich versichert, sie würden durch die Vereinigung
Siebenbürgens mit Ungarn keine SchMlerung, sondern eher eine Vermehrung ihrer
Rechte erhalten. Die sächsischen Abgeordneten schwiegen und nun erscholl un¬
ter Schwenken von tausend und aber tausend Hüten und Schnupftüchern und un¬
ter Säbelgeklirr aus vielen tausend Kehlen der Nuf: „Die Union ist ausgespro¬
chen! Union! Union!"

Landtäglich war dies noch nicht geschehen, denn in ihrer Gesammtheit hatten
die sächsischen Abgeordneten diesem Beschlusse noch nicht beigestimmt. Um sich
demnach zu einem Beschluß über die Unionsfrage zu einigen, hielten die sächsischen
Abgeordneten noch in der Nacht vom 29. bis 30. Mai, von 6 —2 Uhr eine, offne
Sitzung*). Von Seps und Großschenk waren die Abgeordneten noch immer nicht
erschienen. Auch Broos war nicht vertreten, denn einer der Gewählten hatte, we¬
gen Nichtübereinstimmung mit der Instruktion die Wahl abgelehnt, der andere,
der magyarische Leszai, war zu den Magyaren übergegangen. So waren denn
blos 16 Abgeordnete von den Sachsen zugegen, und unter diesen mehr als die
Hälfte, die, wenn auch recht muthige und wackere Kämpfer, doch jetzt zum ersten¬
mal aus dem Landtag, daher zum Theil ohne die ihren erfahrenen Gegnern gegen¬
über wünschenswerthe parlamentarische Gewandtheit waren. Denn einige früher
gewöhnlich auf die Landtage geschickte Männer waren theils bei der Nationsnni-
versität in Hermannstadt, theils hatten sie sich von den Wahlen zurückgezogen und
sich gescheut, in so ernster Zeit die Verantwortlichkeit einer so hochwichtigen Sen¬
dung ans sich zu nehmen. Auch der Nationögras, der sonst den Mittelpunkt der
sächsischen Abgeordneten gebildet hatte, fehlte, wenngleich sein Erscheinen in Klan-
senburg dringend nothwendig gewesen wäre, denn das sächsische Volk, das schon
seine übrigen Abgeordneten mit großer Besorgniß nach der aufgeregten Stadt
hatte reisen sehen, durfte jetzt die Sicherheit ihres Oberhauptes nicht leichtsinnig
in Gefahr bringen. Denn wollte man Gerüchten Glauben schenken, so wäre sein.
Leben bedroht worden. Deshalb blieb derselbe als Vorsitzender der Nqtionsuni-
versität in Hermannstadt zurück, während die Abgeordneten in Klauseuburg für sich
allein dastanden. Die sächsischen Abgeordneten pflegten bisher immer, um als ein¬
heitliches Ganzes in der Landtagssitzung auftreten zu können , in ihrer National¬
versammlung über die Frage«, die den Ständen zur Entscheidung vorlagen, vor«,
her abzustimmen und die Einzelmeinung dem Willen der Mehrheit unterzuordnen.
So lauteten auch jetzt alle Instruktionen, denn Hermannstadt, das der. Union ab¬
hold war, hatte in der Ueberzeugung gehandelt, die übrigen Kreise wünschten
dasselbe, da doch diese mit Ausnahme Medwisch's ihren Instruktionen zufolge, der.
Union unter gewissen Bedingungen nicht abgeneigt waren. --- Unter solchen Um-



5) Amtlich« Bericht der sächsischen Landtagsdeputirten zx.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/318>, abgerufen am 26.06.2024.