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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Ueber den Schutz der Deutschen im türkischen Reiche.

Von einem früheren Generalconsul im Orient,
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Die bedeutende Anzahl der in der Levante sich aufhaltenden Individuen und Fa¬
milien, welche bisher unter verschiedenen Titeln den Schutz der fremden Consulate als
deren Unterthanen genossen, und der Mangel an gesetzlichen Bestimmungen in Betreff
der Nationalität solcher Protegirtcn, dürste der Sorge des deutschen Parlaments ein
hinlänglich wichtiger Gegenstand erscheinen und bei Abfassung eines definitiven Regle¬
ments für die (Konsulate in der Levante in Betracht gezogen werden.

In früheren Zeiten, als noch fast sein einziges vaterländisches Etablissement in
der Türkei vorhanden war und beinahe keine nationale Schiffahrt nach der Levante
existirte, wo es sich blos darum handelte, die nöthigen Artikel ans diesen Ländern,
gleichviel durch wen zu beziehen, zu jeuer Zeit wurde dieser Verkehr größtenteils den
Eingebornen der Türkei und namentlich den Griechen überlassen, und damals mochte
es für unsere mit diesen Gegenden zu unterhaltenden Handelsverbindungen vortheilhaft
sein, solchen fremden Individuen sogenannte Schutzbriefe oder Protectionen zu ertheilen,
wodurch ihre Existenz und ihre Handelsoperationen vor den auf der türkischen Unter-
thcmenschast meistens lastenden Willkürlichkeiten sicher gestellt und gedachte Individuen
für den Handel gewonnen wurden.

Es war jedoch mehr die Sorglosigkeit oder der Mangel an Aufsicht von Seiten
der türkischen Regierung, als ihre Bereitwilligkeit, den fremden Verkehr zu begünstigen,
welche die Verleihung ähnlicher Protectionen durch geraume Zeit zuließ, ohne Einspruch
dagegen zu erheben.

Allein heut zu Tage, wo deutsche Schiffe die Gewässer der Levante mehr besuchen
und sich sast in allen Skalen der Levante fremde Etablissements gebildet haben, wo
andererseits die türkische Regierung größtentheils von fremden Rathgebern geleitet, in
allen Zweigen der Administration Reformen einzuführen nud die in den europäischen
Staaten bestehenden Einrichtungen nachzuahmen beflissen ist, wo sie namentlich den frem¬
den Nationen und ihren Agenten das Recht bestreitet, den türkischen Unterthanen ge¬
wissermaßen gegen ihre eigene Regierung gerichtete Schutzpatcnte zu verleihen; heut zu
Tage sind solche Protectionen unhaltbar geworden.

W unterliegt erstlich keinem Zweifel, daß ein fremdes Consulat gegen die nun¬
mehr aufgeklärten türkischen Regierungsbeamten sein Ansehn und seinen Credit compro-
mittiren würde, wenn es fernerhin darauf bestehen wollte, ottomanische Unterthanen


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Ueber den Schutz der Deutschen im türkischen Reiche.

Von einem früheren Generalconsul im Orient,
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Die bedeutende Anzahl der in der Levante sich aufhaltenden Individuen und Fa¬
milien, welche bisher unter verschiedenen Titeln den Schutz der fremden Consulate als
deren Unterthanen genossen, und der Mangel an gesetzlichen Bestimmungen in Betreff
der Nationalität solcher Protegirtcn, dürste der Sorge des deutschen Parlaments ein
hinlänglich wichtiger Gegenstand erscheinen und bei Abfassung eines definitiven Regle¬
ments für die (Konsulate in der Levante in Betracht gezogen werden.

In früheren Zeiten, als noch fast sein einziges vaterländisches Etablissement in
der Türkei vorhanden war und beinahe keine nationale Schiffahrt nach der Levante
existirte, wo es sich blos darum handelte, die nöthigen Artikel ans diesen Ländern,
gleichviel durch wen zu beziehen, zu jeuer Zeit wurde dieser Verkehr größtenteils den
Eingebornen der Türkei und namentlich den Griechen überlassen, und damals mochte
es für unsere mit diesen Gegenden zu unterhaltenden Handelsverbindungen vortheilhaft
sein, solchen fremden Individuen sogenannte Schutzbriefe oder Protectionen zu ertheilen,
wodurch ihre Existenz und ihre Handelsoperationen vor den auf der türkischen Unter-
thcmenschast meistens lastenden Willkürlichkeiten sicher gestellt und gedachte Individuen
für den Handel gewonnen wurden.

Es war jedoch mehr die Sorglosigkeit oder der Mangel an Aufsicht von Seiten
der türkischen Regierung, als ihre Bereitwilligkeit, den fremden Verkehr zu begünstigen,
welche die Verleihung ähnlicher Protectionen durch geraume Zeit zuließ, ohne Einspruch
dagegen zu erheben.

Allein heut zu Tage, wo deutsche Schiffe die Gewässer der Levante mehr besuchen
und sich sast in allen Skalen der Levante fremde Etablissements gebildet haben, wo
andererseits die türkische Regierung größtentheils von fremden Rathgebern geleitet, in
allen Zweigen der Administration Reformen einzuführen nud die in den europäischen
Staaten bestehenden Einrichtungen nachzuahmen beflissen ist, wo sie namentlich den frem¬
den Nationen und ihren Agenten das Recht bestreitet, den türkischen Unterthanen ge¬
wissermaßen gegen ihre eigene Regierung gerichtete Schutzpatcnte zu verleihen; heut zu
Tage sind solche Protectionen unhaltbar geworden.

W unterliegt erstlich keinem Zweifel, daß ein fremdes Consulat gegen die nun¬
mehr aufgeklärten türkischen Regierungsbeamten sein Ansehn und seinen Credit compro-
mittiren würde, wenn es fernerhin darauf bestehen wollte, ottomanische Unterthanen


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[0300] T l! g e b u es. i Ueber den Schutz der Deutschen im türkischen Reiche. Von einem früheren Generalconsul im Orient, ^(Ivcrsus ^»rioulum iiltturl»!!« i'atiu pvriuiltN «külen-Jors. Ka^i» i. !»I l. ^<i>it>. Die bedeutende Anzahl der in der Levante sich aufhaltenden Individuen und Fa¬ milien, welche bisher unter verschiedenen Titeln den Schutz der fremden Consulate als deren Unterthanen genossen, und der Mangel an gesetzlichen Bestimmungen in Betreff der Nationalität solcher Protegirtcn, dürste der Sorge des deutschen Parlaments ein hinlänglich wichtiger Gegenstand erscheinen und bei Abfassung eines definitiven Regle¬ ments für die (Konsulate in der Levante in Betracht gezogen werden. In früheren Zeiten, als noch fast sein einziges vaterländisches Etablissement in der Türkei vorhanden war und beinahe keine nationale Schiffahrt nach der Levante existirte, wo es sich blos darum handelte, die nöthigen Artikel ans diesen Ländern, gleichviel durch wen zu beziehen, zu jeuer Zeit wurde dieser Verkehr größtenteils den Eingebornen der Türkei und namentlich den Griechen überlassen, und damals mochte es für unsere mit diesen Gegenden zu unterhaltenden Handelsverbindungen vortheilhaft sein, solchen fremden Individuen sogenannte Schutzbriefe oder Protectionen zu ertheilen, wodurch ihre Existenz und ihre Handelsoperationen vor den auf der türkischen Unter- thcmenschast meistens lastenden Willkürlichkeiten sicher gestellt und gedachte Individuen für den Handel gewonnen wurden. Es war jedoch mehr die Sorglosigkeit oder der Mangel an Aufsicht von Seiten der türkischen Regierung, als ihre Bereitwilligkeit, den fremden Verkehr zu begünstigen, welche die Verleihung ähnlicher Protectionen durch geraume Zeit zuließ, ohne Einspruch dagegen zu erheben. Allein heut zu Tage, wo deutsche Schiffe die Gewässer der Levante mehr besuchen und sich sast in allen Skalen der Levante fremde Etablissements gebildet haben, wo andererseits die türkische Regierung größtentheils von fremden Rathgebern geleitet, in allen Zweigen der Administration Reformen einzuführen nud die in den europäischen Staaten bestehenden Einrichtungen nachzuahmen beflissen ist, wo sie namentlich den frem¬ den Nationen und ihren Agenten das Recht bestreitet, den türkischen Unterthanen ge¬ wissermaßen gegen ihre eigene Regierung gerichtete Schutzpatcnte zu verleihen; heut zu Tage sind solche Protectionen unhaltbar geworden. W unterliegt erstlich keinem Zweifel, daß ein fremdes Consulat gegen die nun¬ mehr aufgeklärten türkischen Regierungsbeamten sein Ansehn und seinen Credit compro- mittiren würde, wenn es fernerhin darauf bestehen wollte, ottomanische Unterthanen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/300>, abgerufen am 26.06.2024.