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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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wenigstens Aussicht auf bessere Zeiten geben, das Vertrauen auf die Giltigkeit
der Reichstagsbeschlüsse befestigen und die unterminirende Furcht vor Reaction
verscheuchen, da unser gute Ferdinand gewiß bei jeder Gelegenheit zeigen wird,
daß er mit den Fortschritten der Demokratie von Herzen einverstanden ist und
selbst an der Spitze der Bewegung stehen will. Gebe es der Himmel! versetzte
ich. Aber ist es uicht merkwürdig, ist es nicht bezeichnend, daß alle Parteien
so viel auf die persönliche Anwesenheit eines Mannes bauen, an dem gewöhn¬
lich nur seine Herzlichkeit und Güte gepriesen wird? Worin liegt seine Macht,
wenn nicht darin, daß er das lebendige Symbol des Staatsverbandes ist. Was
sagen euere Republikaner dazu")? --





*) Es sind uns noch andere Mittheilungen aus Wien zugekommen, nach welchen die all¬
gemeine Stimmung bei der Rückkehr des Kaisers keine enthusiastische war. Der Monarch sah
leidend aus, seine Begleiter, Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Karl verriethen durch
ihre gedrückte Miene und der hohe Adel durch seine Abwesenheit, daß sie die Heimreise des
Kaisers in demselben Lichte betrachten, wie früher das Volk die Abreise- für einen erzwun¬
genen Schritt. Nach einem Hochamt in der Stephanskirche fuhr Ferdinand I. nach Schönbrunn,
wo er aus die Empfangsrede des Präsidenten der Reichsversammlung kurz und müde antwortete.
Aus den trüben Lichtern und matten Transparenten der Illumination am 12. August wollen
die politischen Auguren ebenfalls nichts Freudiges weissagen. ES scheint, daß die höhern Klassen
sich in die neue Lage der Dinge noch nicht finden können. -- Das Ministerium geht cincrKrisis
entgegen. Schwarzer ist leider die Seele des Cabinets, seine nicht unverdiente Jmpopularitat
soll auch Dobblhoss in der Meinung des Publikums schaden.

wenigstens Aussicht auf bessere Zeiten geben, das Vertrauen auf die Giltigkeit
der Reichstagsbeschlüsse befestigen und die unterminirende Furcht vor Reaction
verscheuchen, da unser gute Ferdinand gewiß bei jeder Gelegenheit zeigen wird,
daß er mit den Fortschritten der Demokratie von Herzen einverstanden ist und
selbst an der Spitze der Bewegung stehen will. Gebe es der Himmel! versetzte
ich. Aber ist es uicht merkwürdig, ist es nicht bezeichnend, daß alle Parteien
so viel auf die persönliche Anwesenheit eines Mannes bauen, an dem gewöhn¬
lich nur seine Herzlichkeit und Güte gepriesen wird? Worin liegt seine Macht,
wenn nicht darin, daß er das lebendige Symbol des Staatsverbandes ist. Was
sagen euere Republikaner dazu")? —





*) Es sind uns noch andere Mittheilungen aus Wien zugekommen, nach welchen die all¬
gemeine Stimmung bei der Rückkehr des Kaisers keine enthusiastische war. Der Monarch sah
leidend aus, seine Begleiter, Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Karl verriethen durch
ihre gedrückte Miene und der hohe Adel durch seine Abwesenheit, daß sie die Heimreise des
Kaisers in demselben Lichte betrachten, wie früher das Volk die Abreise- für einen erzwun¬
genen Schritt. Nach einem Hochamt in der Stephanskirche fuhr Ferdinand I. nach Schönbrunn,
wo er aus die Empfangsrede des Präsidenten der Reichsversammlung kurz und müde antwortete.
Aus den trüben Lichtern und matten Transparenten der Illumination am 12. August wollen
die politischen Auguren ebenfalls nichts Freudiges weissagen. ES scheint, daß die höhern Klassen
sich in die neue Lage der Dinge noch nicht finden können. — Das Ministerium geht cincrKrisis
entgegen. Schwarzer ist leider die Seele des Cabinets, seine nicht unverdiente Jmpopularitat
soll auch Dobblhoss in der Meinung des Publikums schaden.
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[0299] wenigstens Aussicht auf bessere Zeiten geben, das Vertrauen auf die Giltigkeit der Reichstagsbeschlüsse befestigen und die unterminirende Furcht vor Reaction verscheuchen, da unser gute Ferdinand gewiß bei jeder Gelegenheit zeigen wird, daß er mit den Fortschritten der Demokratie von Herzen einverstanden ist und selbst an der Spitze der Bewegung stehen will. Gebe es der Himmel! versetzte ich. Aber ist es uicht merkwürdig, ist es nicht bezeichnend, daß alle Parteien so viel auf die persönliche Anwesenheit eines Mannes bauen, an dem gewöhn¬ lich nur seine Herzlichkeit und Güte gepriesen wird? Worin liegt seine Macht, wenn nicht darin, daß er das lebendige Symbol des Staatsverbandes ist. Was sagen euere Republikaner dazu")? — *) Es sind uns noch andere Mittheilungen aus Wien zugekommen, nach welchen die all¬ gemeine Stimmung bei der Rückkehr des Kaisers keine enthusiastische war. Der Monarch sah leidend aus, seine Begleiter, Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Karl verriethen durch ihre gedrückte Miene und der hohe Adel durch seine Abwesenheit, daß sie die Heimreise des Kaisers in demselben Lichte betrachten, wie früher das Volk die Abreise- für einen erzwun¬ genen Schritt. Nach einem Hochamt in der Stephanskirche fuhr Ferdinand I. nach Schönbrunn, wo er aus die Empfangsrede des Präsidenten der Reichsversammlung kurz und müde antwortete. Aus den trüben Lichtern und matten Transparenten der Illumination am 12. August wollen die politischen Auguren ebenfalls nichts Freudiges weissagen. ES scheint, daß die höhern Klassen sich in die neue Lage der Dinge noch nicht finden können. — Das Ministerium geht cincrKrisis entgegen. Schwarzer ist leider die Seele des Cabinets, seine nicht unverdiente Jmpopularitat soll auch Dobblhoss in der Meinung des Publikums schaden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/299>, abgerufen am 26.06.2024.