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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Kraft auf größerem Grundbesitz, der bei der langjährigen Pachtperiode zum sicheren
Besitz wird, in That umzusetzen, er steht fast immer zu den Eigenthümern großer
Güter in dem uralten innern Gegensatz, welcher zwischen Strebenden und Ge¬
nießenden ist. Er ist thätig, umsichtig, intelligent, durch und durch Geschäfts¬
mann und in der Regel geneigt, die Resultate seines erfahrungsreicher Lebens auf
Schüler und Beamte zu verpflanzen. Und diese nützliche Klasse von Bürgern ver¬
dankt der Staat seinen Domänen fast ausschließlich; denn abgesehen davon, daß
große Pachtgüter, welche Privateigenthum sind, in Preußen zu den Ausnahmen
gehören, sind bei solchen anch die Pachtbedingungen in der Regel drückender und
für Entwicklung eines kräftigen Selbstgefühls wenig geeignet. Und wer sich ent¬
schließen kann, die preußischen Domänen im Allgemeinen als Mittelpunkte land-
wirthschaftlicher Bildung zu betrachten, soll auch den Umstand nicht außer Acht
lassen, daß sie für strebsame Talente ein Asyl gegen die Tyrannei 5es Capital¬
vermögens sind. Wenn man aber einwendet, daß bei dem gegenwärtigen Stand¬
punkt landwtrthschastlicher Cultur ein solches Begünstiger Einzelner zum Gedeihen
der Wissenschaft und des Ackerbaus nicht mehr nöthig sei, so mag man auch er¬
wägen , daß eine Veränderung der Zollgesetze z. B. gegen Böhmen, Gallizien und
Ungarn möglich ist, welche dem preußischen Landwirth die dringende Nothwendig¬
keit auferlegen wird, durch gesteigerte Cultur und höhere Bodenertrage die Ent-
werthung seiner bisherigen Producte auszugleichen, und daß in dieser Zeit die
eigenthümliche Entwickelung der Domänencnltur sich als höchst lehrreich und maß"
gebend auch für kleinere Grundbesitzer erweisen wird. Uebrigens versteht sich von
selbst, daß durch diese Vertheidigung kein Einspruch geschehen soll gegen den Ver¬
kauf aller solcher Güter, welche sich dem Staat irgendwie als nutzlos erweisen
oder deren Dismembration ans Rücksicht auf starkbevölkerte Gegenden wünschens¬
wert!) erscheint.

Das preußische Volk mag vertrauen, daß sein Finanznnnister mit allen Eigen¬
schaften eines tüchtigen Geschäftsmanns ausgerüstet ist, ob er die Weisheit eines
Staatsmanns besitzt, wird die nächste Zukunft lehren.


William Ilogers.


Die Märztage in Posen.

Bon einem Augenzeugen.


Wer wollte die glühende Vaterlandsliebe, den kriegerischen Muth und die '
geistige Lebendigkeit der Polen nicht achten; es ist kein Zufall, daß Polen sich in
seinen Sympathien immer Frankreich anschließt, sondern die Folge einer unläng-


Kraft auf größerem Grundbesitz, der bei der langjährigen Pachtperiode zum sicheren
Besitz wird, in That umzusetzen, er steht fast immer zu den Eigenthümern großer
Güter in dem uralten innern Gegensatz, welcher zwischen Strebenden und Ge¬
nießenden ist. Er ist thätig, umsichtig, intelligent, durch und durch Geschäfts¬
mann und in der Regel geneigt, die Resultate seines erfahrungsreicher Lebens auf
Schüler und Beamte zu verpflanzen. Und diese nützliche Klasse von Bürgern ver¬
dankt der Staat seinen Domänen fast ausschließlich; denn abgesehen davon, daß
große Pachtgüter, welche Privateigenthum sind, in Preußen zu den Ausnahmen
gehören, sind bei solchen anch die Pachtbedingungen in der Regel drückender und
für Entwicklung eines kräftigen Selbstgefühls wenig geeignet. Und wer sich ent¬
schließen kann, die preußischen Domänen im Allgemeinen als Mittelpunkte land-
wirthschaftlicher Bildung zu betrachten, soll auch den Umstand nicht außer Acht
lassen, daß sie für strebsame Talente ein Asyl gegen die Tyrannei 5es Capital¬
vermögens sind. Wenn man aber einwendet, daß bei dem gegenwärtigen Stand¬
punkt landwtrthschastlicher Cultur ein solches Begünstiger Einzelner zum Gedeihen
der Wissenschaft und des Ackerbaus nicht mehr nöthig sei, so mag man auch er¬
wägen , daß eine Veränderung der Zollgesetze z. B. gegen Böhmen, Gallizien und
Ungarn möglich ist, welche dem preußischen Landwirth die dringende Nothwendig¬
keit auferlegen wird, durch gesteigerte Cultur und höhere Bodenertrage die Ent-
werthung seiner bisherigen Producte auszugleichen, und daß in dieser Zeit die
eigenthümliche Entwickelung der Domänencnltur sich als höchst lehrreich und maß«
gebend auch für kleinere Grundbesitzer erweisen wird. Uebrigens versteht sich von
selbst, daß durch diese Vertheidigung kein Einspruch geschehen soll gegen den Ver¬
kauf aller solcher Güter, welche sich dem Staat irgendwie als nutzlos erweisen
oder deren Dismembration ans Rücksicht auf starkbevölkerte Gegenden wünschens¬
wert!) erscheint.

Das preußische Volk mag vertrauen, daß sein Finanznnnister mit allen Eigen¬
schaften eines tüchtigen Geschäftsmanns ausgerüstet ist, ob er die Weisheit eines
Staatsmanns besitzt, wird die nächste Zukunft lehren.


William Ilogers.


Die Märztage in Posen.

Bon einem Augenzeugen.


Wer wollte die glühende Vaterlandsliebe, den kriegerischen Muth und die '
geistige Lebendigkeit der Polen nicht achten; es ist kein Zufall, daß Polen sich in
seinen Sympathien immer Frankreich anschließt, sondern die Folge einer unläng-


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[0238] Kraft auf größerem Grundbesitz, der bei der langjährigen Pachtperiode zum sicheren Besitz wird, in That umzusetzen, er steht fast immer zu den Eigenthümern großer Güter in dem uralten innern Gegensatz, welcher zwischen Strebenden und Ge¬ nießenden ist. Er ist thätig, umsichtig, intelligent, durch und durch Geschäfts¬ mann und in der Regel geneigt, die Resultate seines erfahrungsreicher Lebens auf Schüler und Beamte zu verpflanzen. Und diese nützliche Klasse von Bürgern ver¬ dankt der Staat seinen Domänen fast ausschließlich; denn abgesehen davon, daß große Pachtgüter, welche Privateigenthum sind, in Preußen zu den Ausnahmen gehören, sind bei solchen anch die Pachtbedingungen in der Regel drückender und für Entwicklung eines kräftigen Selbstgefühls wenig geeignet. Und wer sich ent¬ schließen kann, die preußischen Domänen im Allgemeinen als Mittelpunkte land- wirthschaftlicher Bildung zu betrachten, soll auch den Umstand nicht außer Acht lassen, daß sie für strebsame Talente ein Asyl gegen die Tyrannei 5es Capital¬ vermögens sind. Wenn man aber einwendet, daß bei dem gegenwärtigen Stand¬ punkt landwtrthschastlicher Cultur ein solches Begünstiger Einzelner zum Gedeihen der Wissenschaft und des Ackerbaus nicht mehr nöthig sei, so mag man auch er¬ wägen , daß eine Veränderung der Zollgesetze z. B. gegen Böhmen, Gallizien und Ungarn möglich ist, welche dem preußischen Landwirth die dringende Nothwendig¬ keit auferlegen wird, durch gesteigerte Cultur und höhere Bodenertrage die Ent- werthung seiner bisherigen Producte auszugleichen, und daß in dieser Zeit die eigenthümliche Entwickelung der Domänencnltur sich als höchst lehrreich und maß« gebend auch für kleinere Grundbesitzer erweisen wird. Uebrigens versteht sich von selbst, daß durch diese Vertheidigung kein Einspruch geschehen soll gegen den Ver¬ kauf aller solcher Güter, welche sich dem Staat irgendwie als nutzlos erweisen oder deren Dismembration ans Rücksicht auf starkbevölkerte Gegenden wünschens¬ wert!) erscheint. Das preußische Volk mag vertrauen, daß sein Finanznnnister mit allen Eigen¬ schaften eines tüchtigen Geschäftsmanns ausgerüstet ist, ob er die Weisheit eines Staatsmanns besitzt, wird die nächste Zukunft lehren. William Ilogers. Die Märztage in Posen. Bon einem Augenzeugen. Wer wollte die glühende Vaterlandsliebe, den kriegerischen Muth und die ' geistige Lebendigkeit der Polen nicht achten; es ist kein Zufall, daß Polen sich in seinen Sympathien immer Frankreich anschließt, sondern die Folge einer unläng-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/238>, abgerufen am 29.06.2024.