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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Werthe des Staates bestehen hauptsächlich in Forsten und Domänen, ferner
in Gruben und Hüttenwerken und Salinen, und endlich in anderen Staats¬
immobilien, Gebäuden u. s. w. -- Die Domänen und Forsten gewährten nach
dem Hauptfinanzetat von 1848 einen Reinertrag von 7,135,865 Thalern. Bei
den bedeutenden Administrationskosten und den bisherigen Pachtsätzen der Do¬
mänen ist dieser Reinertrag auf höchstens 3 Procent vom Capitalswerth anzu¬
schlagen. Der Capitalswerth der Forsten und Domänen würde also circa 237
Millionen betragen. Die landesherrlichen Gruben und Hüttenwerke gaben eine
Einnahme von 816,519, die Salinen von 239,782 Thlr., also zusammen von
1,056,311 Thalern. Diese Einnahme, als aus industriellen Etablissements,
deren Capitalswerth veränderlicher Natur ist, hervorgegangen, ist nur mit dem
zehnfachen Betrage als Capital zu rechnen und gibt für diese Besitzungen ei¬
nen Werth von 10 Millionen. Eben so hoch schätzt man die übrigen Jm-
mobilbesitzungen des Staates. Das Gesammtvcrmögen des Staates beträgt
also in mäßiger Schätzung 257 Millionen Thaler, wobei man beachten soll, daß
mehr als neun Zehntheile in ländlichem Grundbesitz bestehen, dessen Verkauf trotz
aller Schwankungen der Güterpreise doch sicherer, leichter und schneller geschehen
kann, als der massenhafte Verkauf anderer Einnahmequellen. Die Staatsschuld
bestand Anfang 1848 aus 126 Millionen verzinslicher Schuld, welche fast ganz
durch die 3^ procentigen Staatsschuldscheine dargestellt wird und außerdem in den
erwähnten 25 Millionen Kassenanweisungen, zusammen im Betrage von 151 Mil¬
lionen Thalern. Zieht man dies von dem Gesammtvermögen der 257 Millionen
ab, so bleibt ein Vermögensüberschuß von 106 Millionen Thalern, ein Verhältniß,
welches in Rücksicht auf die räumliche Ausdehnung und die Geschichte Preußens
sehr vortheilhaft genannt werden muß.

Wenn der preußische Finanzminister bis jetzt Verständiges eingeleitet und aus¬
geführt hat, so darf doch die Bemerkung nicht unterdrückt werden, daß er über
die Gefahr nicht hinaus ist, durch redlichen kaufmännischen Eifer die objective Klar¬
heit eines Ministers zu beeinträchtigen. Zunächst scheint er Lust zu haben, Eisen¬
bahnen für den Staat zu erwerben, obgleich er bis jetzt den Zumuthungen und
Plänen, durch neues Papiergeld die Actionäre zu bezahlen und aus den Revenuen
der Bahnen einen Tilgungsfond für die neue Papierschuld zu begründen, standhaft
widerstanden hat. Die Vortheile einer endlichen Vereinigung der Eisenbahnen in der
Staatshand sollen hier nicht bestritten werden, aber das ist entgegenzuhalten, daß
jetzt und in der nächsten Zukunft daran noch nicht gedacht werden darf. Das neu
organisirte Preußen hat all sein Vermögen, seine Mittel bis zur Anspannung der
äußersten Kraft nöthig, um in anderen Richtungen gesundes Leben hervorzubrin¬
gen, es wird für seine socialen Reformen jeden Thaler bedürfen, den es aus
der bequemen alten Zeit gerettet hat. Unter diesen Reformen verstehe ich hier
Erziehung seiner kleinen und großen Kinder, deren Elend und abnorme Lage in


Werthe des Staates bestehen hauptsächlich in Forsten und Domänen, ferner
in Gruben und Hüttenwerken und Salinen, und endlich in anderen Staats¬
immobilien, Gebäuden u. s. w. — Die Domänen und Forsten gewährten nach
dem Hauptfinanzetat von 1848 einen Reinertrag von 7,135,865 Thalern. Bei
den bedeutenden Administrationskosten und den bisherigen Pachtsätzen der Do¬
mänen ist dieser Reinertrag auf höchstens 3 Procent vom Capitalswerth anzu¬
schlagen. Der Capitalswerth der Forsten und Domänen würde also circa 237
Millionen betragen. Die landesherrlichen Gruben und Hüttenwerke gaben eine
Einnahme von 816,519, die Salinen von 239,782 Thlr., also zusammen von
1,056,311 Thalern. Diese Einnahme, als aus industriellen Etablissements,
deren Capitalswerth veränderlicher Natur ist, hervorgegangen, ist nur mit dem
zehnfachen Betrage als Capital zu rechnen und gibt für diese Besitzungen ei¬
nen Werth von 10 Millionen. Eben so hoch schätzt man die übrigen Jm-
mobilbesitzungen des Staates. Das Gesammtvcrmögen des Staates beträgt
also in mäßiger Schätzung 257 Millionen Thaler, wobei man beachten soll, daß
mehr als neun Zehntheile in ländlichem Grundbesitz bestehen, dessen Verkauf trotz
aller Schwankungen der Güterpreise doch sicherer, leichter und schneller geschehen
kann, als der massenhafte Verkauf anderer Einnahmequellen. Die Staatsschuld
bestand Anfang 1848 aus 126 Millionen verzinslicher Schuld, welche fast ganz
durch die 3^ procentigen Staatsschuldscheine dargestellt wird und außerdem in den
erwähnten 25 Millionen Kassenanweisungen, zusammen im Betrage von 151 Mil¬
lionen Thalern. Zieht man dies von dem Gesammtvermögen der 257 Millionen
ab, so bleibt ein Vermögensüberschuß von 106 Millionen Thalern, ein Verhältniß,
welches in Rücksicht auf die räumliche Ausdehnung und die Geschichte Preußens
sehr vortheilhaft genannt werden muß.

Wenn der preußische Finanzminister bis jetzt Verständiges eingeleitet und aus¬
geführt hat, so darf doch die Bemerkung nicht unterdrückt werden, daß er über
die Gefahr nicht hinaus ist, durch redlichen kaufmännischen Eifer die objective Klar¬
heit eines Ministers zu beeinträchtigen. Zunächst scheint er Lust zu haben, Eisen¬
bahnen für den Staat zu erwerben, obgleich er bis jetzt den Zumuthungen und
Plänen, durch neues Papiergeld die Actionäre zu bezahlen und aus den Revenuen
der Bahnen einen Tilgungsfond für die neue Papierschuld zu begründen, standhaft
widerstanden hat. Die Vortheile einer endlichen Vereinigung der Eisenbahnen in der
Staatshand sollen hier nicht bestritten werden, aber das ist entgegenzuhalten, daß
jetzt und in der nächsten Zukunft daran noch nicht gedacht werden darf. Das neu
organisirte Preußen hat all sein Vermögen, seine Mittel bis zur Anspannung der
äußersten Kraft nöthig, um in anderen Richtungen gesundes Leben hervorzubrin¬
gen, es wird für seine socialen Reformen jeden Thaler bedürfen, den es aus
der bequemen alten Zeit gerettet hat. Unter diesen Reformen verstehe ich hier
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[0236] Werthe des Staates bestehen hauptsächlich in Forsten und Domänen, ferner in Gruben und Hüttenwerken und Salinen, und endlich in anderen Staats¬ immobilien, Gebäuden u. s. w. — Die Domänen und Forsten gewährten nach dem Hauptfinanzetat von 1848 einen Reinertrag von 7,135,865 Thalern. Bei den bedeutenden Administrationskosten und den bisherigen Pachtsätzen der Do¬ mänen ist dieser Reinertrag auf höchstens 3 Procent vom Capitalswerth anzu¬ schlagen. Der Capitalswerth der Forsten und Domänen würde also circa 237 Millionen betragen. Die landesherrlichen Gruben und Hüttenwerke gaben eine Einnahme von 816,519, die Salinen von 239,782 Thlr., also zusammen von 1,056,311 Thalern. Diese Einnahme, als aus industriellen Etablissements, deren Capitalswerth veränderlicher Natur ist, hervorgegangen, ist nur mit dem zehnfachen Betrage als Capital zu rechnen und gibt für diese Besitzungen ei¬ nen Werth von 10 Millionen. Eben so hoch schätzt man die übrigen Jm- mobilbesitzungen des Staates. Das Gesammtvcrmögen des Staates beträgt also in mäßiger Schätzung 257 Millionen Thaler, wobei man beachten soll, daß mehr als neun Zehntheile in ländlichem Grundbesitz bestehen, dessen Verkauf trotz aller Schwankungen der Güterpreise doch sicherer, leichter und schneller geschehen kann, als der massenhafte Verkauf anderer Einnahmequellen. Die Staatsschuld bestand Anfang 1848 aus 126 Millionen verzinslicher Schuld, welche fast ganz durch die 3^ procentigen Staatsschuldscheine dargestellt wird und außerdem in den erwähnten 25 Millionen Kassenanweisungen, zusammen im Betrage von 151 Mil¬ lionen Thalern. Zieht man dies von dem Gesammtvermögen der 257 Millionen ab, so bleibt ein Vermögensüberschuß von 106 Millionen Thalern, ein Verhältniß, welches in Rücksicht auf die räumliche Ausdehnung und die Geschichte Preußens sehr vortheilhaft genannt werden muß. Wenn der preußische Finanzminister bis jetzt Verständiges eingeleitet und aus¬ geführt hat, so darf doch die Bemerkung nicht unterdrückt werden, daß er über die Gefahr nicht hinaus ist, durch redlichen kaufmännischen Eifer die objective Klar¬ heit eines Ministers zu beeinträchtigen. Zunächst scheint er Lust zu haben, Eisen¬ bahnen für den Staat zu erwerben, obgleich er bis jetzt den Zumuthungen und Plänen, durch neues Papiergeld die Actionäre zu bezahlen und aus den Revenuen der Bahnen einen Tilgungsfond für die neue Papierschuld zu begründen, standhaft widerstanden hat. Die Vortheile einer endlichen Vereinigung der Eisenbahnen in der Staatshand sollen hier nicht bestritten werden, aber das ist entgegenzuhalten, daß jetzt und in der nächsten Zukunft daran noch nicht gedacht werden darf. Das neu organisirte Preußen hat all sein Vermögen, seine Mittel bis zur Anspannung der äußersten Kraft nöthig, um in anderen Richtungen gesundes Leben hervorzubrin¬ gen, es wird für seine socialen Reformen jeden Thaler bedürfen, den es aus der bequemen alten Zeit gerettet hat. Unter diesen Reformen verstehe ich hier Erziehung seiner kleinen und großen Kinder, deren Elend und abnorme Lage in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/236>, abgerufen am 29.06.2024.