Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

stützungskassen sind bestimmt, dem Fabrikanten und solchen Handwerkern, welche
eine größere Anzahl Arbeiter beschäftigen, baare Vorschüsse auf Waaren, auf
Effecten, auf Wechsel mit zwei Unterschriften und auf Hypotheken zu geben.
Durch die Vorschüsse von baarem Gelde setzen diese Kassen den Handwerker und
Fabrikanten in Stand, das Tage- und Wochenlohn seiner Arbeiter in einer Periode
ansziizahlen, wo nicht nur der Absatz der gefertigten Waaren zweifelhaft ist, son¬
dern auch die fälligen Zahlungen für bereits gelieferte Waaren nicht einlaufen.
Für diesen Zweck war auch die Annahme von Hypotheken als Pfandinstrumenten
nothwendig, weil bei vielen Handwerken die Verpfändung der gelieferten Waare
nuthulich gewesen wäre, und nach preußischem Recht und Brauch viele derselben
zur Ausstellung von Wechseln weder Befugniß noch Credit haben. Die Darlehns-
kassen dagegen geben Vorschüsse an Kaufleute und Fabrikanten gegen Waaren und
zinstragende Papiere, aber nicht gegen Hypotheken. Da diese Kassen den Zweck
haben, den größern kaufmännischen Verkehr zu beleben, war eine starke Ausstat¬
tung derselben nothwendig und bei dem augenblicklichen Mangel an baarem Geld
erschien für den Verkehr unter Geschäftsmännern die Emission eines Papiergelds
zweckmäßig, für welches die verpfändeten Waaren unter Garantie des Staates als
Sicherung dienten. Zur Uebernahme dieser Garantie hatte der letzte vereinigte
Landtag die Regierung bevollmächtigt, und da der Taxwerth der verpfändeten
Waaren in der Regel um die Hälfte größer sein muß, als die in Darlehnkassen-
scheinen vorgestreckte Summe, so ist nicht zu befürchten, daß die Garantie dem
Staat finanzielle Verluste herbeiführen wird. Die Zeit, auf welche dergleichen
Darlehen gegeben werden, ist der Regel nach nicht über drei Monate. Die Thä¬
tigkeit dieser Institute ist als eine vorübergehende auf höchstens drei Jahr fest¬
gesetzt. Beide Institute werden durch Comites verwaltet, welche aus Sachver¬
ständigen zusammengesetzt sind. Ein königlicher Commissarius präsidire.

Was endlich Hansemann bis jetzt gethan, um der Staatskasse selbst Geld zu
"erschaffe war eine vortreffliche Maßregel, und wenn er dabei eine gewisse diplo¬
matische Schlauheit gezeigt, so mag man sich auch darüber freuen, da sie Niemandem
Wu Unheil gereichen wird. Unter den vielen Kunstgriffen, die der menschliche
Scharfsinn erfunden hat, einem bedrängten Staat Geldmittel zu verschaffen, gab
^ drei, auf welche Preußen hätte eingehen können. Erstens die Ausgabe neuer
Kassenanweisungen, zweitens die Emission einer neuen Serie von Schuldscheinen,
welche an den Börsen in Geld umgesetzt wurden und drittens eine Anleihe, wo
gegen dix eingezahlten Summen zinsentragende Schuldscheine ausgegeben wurden.
Von diesen drei Finanzoperationen war die Ausgabe neuer Kassenanweisungen die
leichteste, aber gefährlichste und, wie wir unten sehen werden, die unsolideste.
Der Verkauf neuer Staatsschuldscheine an den Börsen war ganz unausführbar;
denu obgleich das Kapitalvermögen und die Finanzlage des Staates an sich für die
Ausfertigung von dieser Art indirecter Hypothekeniustrumente genügende Sicherheit


29'

stützungskassen sind bestimmt, dem Fabrikanten und solchen Handwerkern, welche
eine größere Anzahl Arbeiter beschäftigen, baare Vorschüsse auf Waaren, auf
Effecten, auf Wechsel mit zwei Unterschriften und auf Hypotheken zu geben.
Durch die Vorschüsse von baarem Gelde setzen diese Kassen den Handwerker und
Fabrikanten in Stand, das Tage- und Wochenlohn seiner Arbeiter in einer Periode
ansziizahlen, wo nicht nur der Absatz der gefertigten Waaren zweifelhaft ist, son¬
dern auch die fälligen Zahlungen für bereits gelieferte Waaren nicht einlaufen.
Für diesen Zweck war auch die Annahme von Hypotheken als Pfandinstrumenten
nothwendig, weil bei vielen Handwerken die Verpfändung der gelieferten Waare
nuthulich gewesen wäre, und nach preußischem Recht und Brauch viele derselben
zur Ausstellung von Wechseln weder Befugniß noch Credit haben. Die Darlehns-
kassen dagegen geben Vorschüsse an Kaufleute und Fabrikanten gegen Waaren und
zinstragende Papiere, aber nicht gegen Hypotheken. Da diese Kassen den Zweck
haben, den größern kaufmännischen Verkehr zu beleben, war eine starke Ausstat¬
tung derselben nothwendig und bei dem augenblicklichen Mangel an baarem Geld
erschien für den Verkehr unter Geschäftsmännern die Emission eines Papiergelds
zweckmäßig, für welches die verpfändeten Waaren unter Garantie des Staates als
Sicherung dienten. Zur Uebernahme dieser Garantie hatte der letzte vereinigte
Landtag die Regierung bevollmächtigt, und da der Taxwerth der verpfändeten
Waaren in der Regel um die Hälfte größer sein muß, als die in Darlehnkassen-
scheinen vorgestreckte Summe, so ist nicht zu befürchten, daß die Garantie dem
Staat finanzielle Verluste herbeiführen wird. Die Zeit, auf welche dergleichen
Darlehen gegeben werden, ist der Regel nach nicht über drei Monate. Die Thä¬
tigkeit dieser Institute ist als eine vorübergehende auf höchstens drei Jahr fest¬
gesetzt. Beide Institute werden durch Comites verwaltet, welche aus Sachver¬
ständigen zusammengesetzt sind. Ein königlicher Commissarius präsidire.

Was endlich Hansemann bis jetzt gethan, um der Staatskasse selbst Geld zu
"erschaffe war eine vortreffliche Maßregel, und wenn er dabei eine gewisse diplo¬
matische Schlauheit gezeigt, so mag man sich auch darüber freuen, da sie Niemandem
Wu Unheil gereichen wird. Unter den vielen Kunstgriffen, die der menschliche
Scharfsinn erfunden hat, einem bedrängten Staat Geldmittel zu verschaffen, gab
^ drei, auf welche Preußen hätte eingehen können. Erstens die Ausgabe neuer
Kassenanweisungen, zweitens die Emission einer neuen Serie von Schuldscheinen,
welche an den Börsen in Geld umgesetzt wurden und drittens eine Anleihe, wo
gegen dix eingezahlten Summen zinsentragende Schuldscheine ausgegeben wurden.
Von diesen drei Finanzoperationen war die Ausgabe neuer Kassenanweisungen die
leichteste, aber gefährlichste und, wie wir unten sehen werden, die unsolideste.
Der Verkauf neuer Staatsschuldscheine an den Börsen war ganz unausführbar;
denu obgleich das Kapitalvermögen und die Finanzlage des Staates an sich für die
Ausfertigung von dieser Art indirecter Hypothekeniustrumente genügende Sicherheit


29'
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0231" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277661"/>
          <p xml:id="ID_735" prev="#ID_734"> stützungskassen sind bestimmt, dem Fabrikanten und solchen Handwerkern, welche<lb/>
eine größere Anzahl Arbeiter beschäftigen, baare Vorschüsse auf Waaren, auf<lb/>
Effecten, auf Wechsel mit zwei Unterschriften und auf Hypotheken zu geben.<lb/>
Durch die Vorschüsse von baarem Gelde setzen diese Kassen den Handwerker und<lb/>
Fabrikanten in Stand, das Tage- und Wochenlohn seiner Arbeiter in einer Periode<lb/>
ansziizahlen, wo nicht nur der Absatz der gefertigten Waaren zweifelhaft ist, son¬<lb/>
dern auch die fälligen Zahlungen für bereits gelieferte Waaren nicht einlaufen.<lb/>
Für diesen Zweck war auch die Annahme von Hypotheken als Pfandinstrumenten<lb/>
nothwendig, weil bei vielen Handwerken die Verpfändung der gelieferten Waare<lb/>
nuthulich gewesen wäre, und nach preußischem Recht und Brauch viele derselben<lb/>
zur Ausstellung von Wechseln weder Befugniß noch Credit haben. Die Darlehns-<lb/>
kassen dagegen geben Vorschüsse an Kaufleute und Fabrikanten gegen Waaren und<lb/>
zinstragende Papiere, aber nicht gegen Hypotheken. Da diese Kassen den Zweck<lb/>
haben, den größern kaufmännischen Verkehr zu beleben, war eine starke Ausstat¬<lb/>
tung derselben nothwendig und bei dem augenblicklichen Mangel an baarem Geld<lb/>
erschien für den Verkehr unter Geschäftsmännern die Emission eines Papiergelds<lb/>
zweckmäßig, für welches die verpfändeten Waaren unter Garantie des Staates als<lb/>
Sicherung dienten. Zur Uebernahme dieser Garantie hatte der letzte vereinigte<lb/>
Landtag die Regierung bevollmächtigt, und da der Taxwerth der verpfändeten<lb/>
Waaren in der Regel um die Hälfte größer sein muß, als die in Darlehnkassen-<lb/>
scheinen vorgestreckte Summe, so ist nicht zu befürchten, daß die Garantie dem<lb/>
Staat finanzielle Verluste herbeiführen wird. Die Zeit, auf welche dergleichen<lb/>
Darlehen gegeben werden, ist der Regel nach nicht über drei Monate. Die Thä¬<lb/>
tigkeit dieser Institute ist als eine vorübergehende auf höchstens drei Jahr fest¬<lb/>
gesetzt. Beide Institute werden durch Comites verwaltet, welche aus Sachver¬<lb/>
ständigen zusammengesetzt sind. Ein königlicher Commissarius präsidire.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_736" next="#ID_737"> Was endlich Hansemann bis jetzt gethan, um der Staatskasse selbst Geld zu<lb/>
"erschaffe war eine vortreffliche Maßregel, und wenn er dabei eine gewisse diplo¬<lb/>
matische Schlauheit gezeigt, so mag man sich auch darüber freuen, da sie Niemandem<lb/>
Wu Unheil gereichen wird. Unter den vielen Kunstgriffen, die der menschliche<lb/>
Scharfsinn erfunden hat, einem bedrängten Staat Geldmittel zu verschaffen, gab<lb/>
^ drei, auf welche Preußen hätte eingehen können. Erstens die Ausgabe neuer<lb/>
Kassenanweisungen, zweitens die Emission einer neuen Serie von Schuldscheinen,<lb/>
welche an den Börsen in Geld umgesetzt wurden und drittens eine Anleihe, wo<lb/>
gegen dix eingezahlten Summen zinsentragende Schuldscheine ausgegeben wurden.<lb/>
Von diesen drei Finanzoperationen war die Ausgabe neuer Kassenanweisungen die<lb/>
leichteste, aber gefährlichste und, wie wir unten sehen werden, die unsolideste.<lb/>
Der Verkauf neuer Staatsschuldscheine an den Börsen war ganz unausführbar;<lb/>
denu obgleich das Kapitalvermögen und die Finanzlage des Staates an sich für die<lb/>
Ausfertigung von dieser Art indirecter Hypothekeniustrumente genügende Sicherheit </p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 29'</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0231] stützungskassen sind bestimmt, dem Fabrikanten und solchen Handwerkern, welche eine größere Anzahl Arbeiter beschäftigen, baare Vorschüsse auf Waaren, auf Effecten, auf Wechsel mit zwei Unterschriften und auf Hypotheken zu geben. Durch die Vorschüsse von baarem Gelde setzen diese Kassen den Handwerker und Fabrikanten in Stand, das Tage- und Wochenlohn seiner Arbeiter in einer Periode ansziizahlen, wo nicht nur der Absatz der gefertigten Waaren zweifelhaft ist, son¬ dern auch die fälligen Zahlungen für bereits gelieferte Waaren nicht einlaufen. Für diesen Zweck war auch die Annahme von Hypotheken als Pfandinstrumenten nothwendig, weil bei vielen Handwerken die Verpfändung der gelieferten Waare nuthulich gewesen wäre, und nach preußischem Recht und Brauch viele derselben zur Ausstellung von Wechseln weder Befugniß noch Credit haben. Die Darlehns- kassen dagegen geben Vorschüsse an Kaufleute und Fabrikanten gegen Waaren und zinstragende Papiere, aber nicht gegen Hypotheken. Da diese Kassen den Zweck haben, den größern kaufmännischen Verkehr zu beleben, war eine starke Ausstat¬ tung derselben nothwendig und bei dem augenblicklichen Mangel an baarem Geld erschien für den Verkehr unter Geschäftsmännern die Emission eines Papiergelds zweckmäßig, für welches die verpfändeten Waaren unter Garantie des Staates als Sicherung dienten. Zur Uebernahme dieser Garantie hatte der letzte vereinigte Landtag die Regierung bevollmächtigt, und da der Taxwerth der verpfändeten Waaren in der Regel um die Hälfte größer sein muß, als die in Darlehnkassen- scheinen vorgestreckte Summe, so ist nicht zu befürchten, daß die Garantie dem Staat finanzielle Verluste herbeiführen wird. Die Zeit, auf welche dergleichen Darlehen gegeben werden, ist der Regel nach nicht über drei Monate. Die Thä¬ tigkeit dieser Institute ist als eine vorübergehende auf höchstens drei Jahr fest¬ gesetzt. Beide Institute werden durch Comites verwaltet, welche aus Sachver¬ ständigen zusammengesetzt sind. Ein königlicher Commissarius präsidire. Was endlich Hansemann bis jetzt gethan, um der Staatskasse selbst Geld zu "erschaffe war eine vortreffliche Maßregel, und wenn er dabei eine gewisse diplo¬ matische Schlauheit gezeigt, so mag man sich auch darüber freuen, da sie Niemandem Wu Unheil gereichen wird. Unter den vielen Kunstgriffen, die der menschliche Scharfsinn erfunden hat, einem bedrängten Staat Geldmittel zu verschaffen, gab ^ drei, auf welche Preußen hätte eingehen können. Erstens die Ausgabe neuer Kassenanweisungen, zweitens die Emission einer neuen Serie von Schuldscheinen, welche an den Börsen in Geld umgesetzt wurden und drittens eine Anleihe, wo gegen dix eingezahlten Summen zinsentragende Schuldscheine ausgegeben wurden. Von diesen drei Finanzoperationen war die Ausgabe neuer Kassenanweisungen die leichteste, aber gefährlichste und, wie wir unten sehen werden, die unsolideste. Der Verkauf neuer Staatsschuldscheine an den Börsen war ganz unausführbar; denu obgleich das Kapitalvermögen und die Finanzlage des Staates an sich für die Ausfertigung von dieser Art indirecter Hypothekeniustrumente genügende Sicherheit 29'

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/231
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/231>, abgerufen am 28.09.2024.